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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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sinn, so vielleicht aus Egoismus. Die sind doch schließlich auch
daran interessiert, daß das Gut in Ihren Händen bleibt. Denn
können Sie sich nicht darauf halten, dann sind auch die
Hypotheken gefährdet. Auf überschuldetem Besitz arbeitet der
Eigentümer thatsächlich nur für die Gläubiger. Sie schinden
und plagen sich, damit Ihre Verwandten den Zinsgenuß un¬
gestört haben. So liegt die Sache doch in Wahrheit, mein
Bester! Habe ich Recht?"

"Recht han Se! Aber soin Se mal suwos zu an Glei¬
biger. Die gahn mer de Einwilligung ne, ich glob's ne!"

"Ich will Ihnen mal was sagen, Büttner!" rief der
Hauptmann, rückte dem Alten ganz nahe, und legte ihm eine
Hand aufs Knie. "Überlassen Sie die ganze Sache mir! Ich
will mit den Leuten verhandeln. Erfahrung habe ich mir ja
gekauft in dieser Art Sachen. Ich glaube, ich werde die Ge¬
sellschaft soweit bringen, daß sie Konsens erteilen. Es ist
ja thatsächlich nur eine Formensache. Nennen Sie mir mal
Namen und Adresse der sämtlichen Hypothekengläubiger."

Der Alte kraute sich den Kopf; er wollte sichtlich nicht
mit der Sprache heraus. Schließlich gab er aber doch dem
Drängen des Hauptmanns nach.

Als der Bauer den Namen "Schönberger" nannte,
stutzte der Hauptmann. "Mann! Wie kommen Sie zu so
einem?"

Der Büttnerbauer berichtete in umständlicher Weise die
ganze Angelegenheit. Die Kündigung der Hypothek von Seiten
des Bruders, wie er sich dann umsonst nach Geld umgethan,
bis er schließlich in der Stadt das notwendige erhalten habe.

Hauptmann Schroff nahm eine bedenkliche Miene an und
schüttelte unwillig den Kopf. "Die Sache will mir nicht ge¬
fallen, mein guter Büttner! -- Schönberger! -- Was mag
das für ein Menschenfreund sein?"

Der Büttnerbauer meinte, es habe ihm ja kein anderer
Mensch das Geld borgen wollen. Herr Schönberger sei gleich
bereit dazu gewesen, und allzu hohe Zinsen habe er auch nicht
gefordert. --

ſinn, ſo vielleicht aus Egoismus. Die ſind doch ſchließlich auch
daran intereſſiert, daß das Gut in Ihren Händen bleibt. Denn
können Sie ſich nicht darauf halten, dann ſind auch die
Hypotheken gefährdet. Auf überſchuldetem Beſitz arbeitet der
Eigentümer thatſächlich nur für die Gläubiger. Sie ſchinden
und plagen ſich, damit Ihre Verwandten den Zinsgenuß un¬
geſtört haben. So liegt die Sache doch in Wahrheit, mein
Beſter! Habe ich Recht?“

„Recht han Se! Aber ſoin Se mal ſuwos zu an Glei¬
biger. Die gahn mer de Einwilligung ne, ich glob's ne!“

„Ich will Ihnen mal was ſagen, Büttner!“ rief der
Hauptmann, rückte dem Alten ganz nahe, und legte ihm eine
Hand aufs Knie. „Überlaſſen Sie die ganze Sache mir! Ich
will mit den Leuten verhandeln. Erfahrung habe ich mir ja
gekauft in dieſer Art Sachen. Ich glaube, ich werde die Ge¬
ſellſchaft ſoweit bringen, daß ſie Konſens erteilen. Es iſt
ja thatſächlich nur eine Formenſache. Nennen Sie mir mal
Namen und Adreſſe der ſämtlichen Hypothekengläubiger.“

Der Alte kraute ſich den Kopf; er wollte ſichtlich nicht
mit der Sprache heraus. Schließlich gab er aber doch dem
Drängen des Hauptmanns nach.

Als der Bauer den Namen „Schönberger“ nannte,
ſtutzte der Hauptmann. „Mann! Wie kommen Sie zu ſo
einem?“

Der Büttnerbauer berichtete in umſtändlicher Weiſe die
ganze Angelegenheit. Die Kündigung der Hypothek von Seiten
des Bruders, wie er ſich dann umſonſt nach Geld umgethan,
bis er ſchließlich in der Stadt das notwendige erhalten habe.

Hauptmann Schroff nahm eine bedenkliche Miene an und
ſchüttelte unwillig den Kopf. „Die Sache will mir nicht ge¬
fallen, mein guter Büttner! — Schönberger! — Was mag
das für ein Menſchenfreund ſein?“

Der Büttnerbauer meinte, es habe ihm ja kein anderer
Menſch das Geld borgen wollen. Herr Schönberger ſei gleich
bereit dazu geweſen, und allzu hohe Zinſen habe er auch nicht
gefordert. —

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[68/0082] ſinn, ſo vielleicht aus Egoismus. Die ſind doch ſchließlich auch daran intereſſiert, daß das Gut in Ihren Händen bleibt. Denn können Sie ſich nicht darauf halten, dann ſind auch die Hypotheken gefährdet. Auf überſchuldetem Beſitz arbeitet der Eigentümer thatſächlich nur für die Gläubiger. Sie ſchinden und plagen ſich, damit Ihre Verwandten den Zinsgenuß un¬ geſtört haben. So liegt die Sache doch in Wahrheit, mein Beſter! Habe ich Recht?“ „Recht han Se! Aber ſoin Se mal ſuwos zu an Glei¬ biger. Die gahn mer de Einwilligung ne, ich glob's ne!“ „Ich will Ihnen mal was ſagen, Büttner!“ rief der Hauptmann, rückte dem Alten ganz nahe, und legte ihm eine Hand aufs Knie. „Überlaſſen Sie die ganze Sache mir! Ich will mit den Leuten verhandeln. Erfahrung habe ich mir ja gekauft in dieſer Art Sachen. Ich glaube, ich werde die Ge¬ ſellſchaft ſoweit bringen, daß ſie Konſens erteilen. Es iſt ja thatſächlich nur eine Formenſache. Nennen Sie mir mal Namen und Adreſſe der ſämtlichen Hypothekengläubiger.“ Der Alte kraute ſich den Kopf; er wollte ſichtlich nicht mit der Sprache heraus. Schließlich gab er aber doch dem Drängen des Hauptmanns nach. Als der Bauer den Namen „Schönberger“ nannte, ſtutzte der Hauptmann. „Mann! Wie kommen Sie zu ſo einem?“ Der Büttnerbauer berichtete in umſtändlicher Weiſe die ganze Angelegenheit. Die Kündigung der Hypothek von Seiten des Bruders, wie er ſich dann umſonſt nach Geld umgethan, bis er ſchließlich in der Stadt das notwendige erhalten habe. Hauptmann Schroff nahm eine bedenkliche Miene an und ſchüttelte unwillig den Kopf. „Die Sache will mir nicht ge¬ fallen, mein guter Büttner! — Schönberger! — Was mag das für ein Menſchenfreund ſein?“ Der Büttnerbauer meinte, es habe ihm ja kein anderer Menſch das Geld borgen wollen. Herr Schönberger ſei gleich bereit dazu geweſen, und allzu hohe Zinſen habe er auch nicht gefordert. —

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/82>, abgerufen am 17.05.2024.