Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.Gegensatz zum lebhaften Wesen seines Geschäftsfreundes, eine "Darauf kommts hier gar nicht an!" rief Harrassowitz. "Weshalb ist sie gekündigt?" fragte Schönberger. "Der Bruder hatte sie," erklärte Harrassowitz. "Der hat Der fette Mann nahm ein Notizbuch zur Hand, befeuchtete Es bedurfte einiger Zeit, ehe der alte Mann die Zahlen Da war zuerst die Landschaft mit viertausend Mark, Der Mann im Lehnstuhle saß da mit der ihm eigenen "Sie sollen das Geld haben!" war alles, was die belegte Harrassowitz sprang von seinem Sitze auf. "Was habe "Wieviel hat Ihr Bruder Prozent gegeben?" fragte Schön¬ Gegenſatz zum lebhaften Weſen ſeines Geſchäftsfreundes, eine „Darauf kommts hier gar nicht an!“ rief Harraſſowitz. „Weshalb iſt ſie gekündigt?“ fragte Schönberger. „Der Bruder hatte ſie,“ erklärte Harraſſowitz. „Der hat Der fette Mann nahm ein Notizbuch zur Hand, befeuchtete Es bedurfte einiger Zeit, ehe der alte Mann die Zahlen Da war zuerſt die Landſchaft mit viertauſend Mark, Der Mann im Lehnſtuhle ſaß da mit der ihm eigenen „Sie ſollen das Geld haben!“ war alles, was die belegte Harraſſowitz ſprang von ſeinem Sitze auf. „Was habe „Wieviel hat Ihr Bruder Prozent gegeben?“ fragte Schön¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0067" n="53"/> Gegenſatz zum lebhaften Weſen ſeines Geſchäftsfreundes, eine<lb/> gleichgiltige apathiſche Ruhe zur Schau trug.</p><lb/> <p>„Darauf kommts hier gar nicht an!“ rief Harraſſowitz.<lb/> „Bei einem Gute von über zweihundert Morgen beſten Bodens!<lb/> Die Hypothek iſt todſicher.“</p><lb/> <p>„Weshalb iſt ſie gekündigt?“ fragte Schönberger.</p><lb/> <p>„Der Bruder hatte ſie,“ erklärte Harraſſowitz. „Der hat<lb/> gekündigt, weil er das Geld im Geſchäft braucht. Muß<lb/> auch verrückt ſein, der Herr, daß er ſo 'ne Hypothek weggiebt!<lb/> — Seien Sie vernünftig, Schönberger, geben Sie das Geld!“</p><lb/> <p>Der fette Mann nahm ein Notizbuch zur Hand, befeuchtete<lb/> die Beiſtiftſpitze, dann forderte er den Bauern auf, ihm die<lb/> einzelnen Poſten der Reihe nach zu nennen.</p><lb/> <p>Es bedurfte einiger Zeit, ehe der alte Mann die Zahlen<lb/> in ſeinem Gedächtnis gefunden hatte. Aber ſchließlich brachte<lb/> er doch alles richtig zuſammen.</p><lb/> <p>Da war zuerſt die Landſchaft mit viertauſend Mark,<lb/> dann kamen die Geſchwiſter: Karl Leberecht und Gottlieb, die<lb/> verſtorbene Schweſter Karoline, an deren Stelle jetzt ihre Erben:<lb/> Ernſt Kaſchel und ſeine Kinder, ferner die Schweſter Erneſtine.<lb/> Sämtliche zu gleichen Teilen und mit gleichem Vorrecht. Da¬<lb/> hinter kamen immer noch neue Schuldpoſten, unter dieſen Ernſt<lb/> Kaſchel mit ſiebzehnhundert Mark.</p><lb/> <p>Der Mann im Lehnſtuhle ſaß da mit der ihm eigenen<lb/> verdroſſenen Miene und notierte jede Ziffer, die ſich von den<lb/> zagenden Lippen des Alten losrang, mit kühler Ruhe. Weder<lb/> Staunen noch Erregung ſchien ſich in den Fleiſchmaſſen dieſes<lb/> gedunſenen Geſichtes ausdrücken zu können „Iſt das alles?“<lb/> fragte er, als der Bauer endlich ſchwieg. Der Büttnerbauer bejahte.</p><lb/> <p>„Sie ſollen das Geld haben!“ war alles, was die belegte<lb/> Stimme darauf ſagte.</p><lb/> <p>Harraſſowitz ſprang von ſeinem Sitze auf. „Was habe<lb/> ich Ihnen geſagt, Büttner! Mein Freund Schönberger iſt ein<lb/> edler Mann! Sehen Sie, er giebt das Geld!“</p><lb/> <p>„Wieviel hat Ihr Bruder Prozent gegeben?“ fragte Schön¬<lb/> berger.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0067]
Gegenſatz zum lebhaften Weſen ſeines Geſchäftsfreundes, eine
gleichgiltige apathiſche Ruhe zur Schau trug.
„Darauf kommts hier gar nicht an!“ rief Harraſſowitz.
„Bei einem Gute von über zweihundert Morgen beſten Bodens!
Die Hypothek iſt todſicher.“
„Weshalb iſt ſie gekündigt?“ fragte Schönberger.
„Der Bruder hatte ſie,“ erklärte Harraſſowitz. „Der hat
gekündigt, weil er das Geld im Geſchäft braucht. Muß
auch verrückt ſein, der Herr, daß er ſo 'ne Hypothek weggiebt!
— Seien Sie vernünftig, Schönberger, geben Sie das Geld!“
Der fette Mann nahm ein Notizbuch zur Hand, befeuchtete
die Beiſtiftſpitze, dann forderte er den Bauern auf, ihm die
einzelnen Poſten der Reihe nach zu nennen.
Es bedurfte einiger Zeit, ehe der alte Mann die Zahlen
in ſeinem Gedächtnis gefunden hatte. Aber ſchließlich brachte
er doch alles richtig zuſammen.
Da war zuerſt die Landſchaft mit viertauſend Mark,
dann kamen die Geſchwiſter: Karl Leberecht und Gottlieb, die
verſtorbene Schweſter Karoline, an deren Stelle jetzt ihre Erben:
Ernſt Kaſchel und ſeine Kinder, ferner die Schweſter Erneſtine.
Sämtliche zu gleichen Teilen und mit gleichem Vorrecht. Da¬
hinter kamen immer noch neue Schuldpoſten, unter dieſen Ernſt
Kaſchel mit ſiebzehnhundert Mark.
Der Mann im Lehnſtuhle ſaß da mit der ihm eigenen
verdroſſenen Miene und notierte jede Ziffer, die ſich von den
zagenden Lippen des Alten losrang, mit kühler Ruhe. Weder
Staunen noch Erregung ſchien ſich in den Fleiſchmaſſen dieſes
gedunſenen Geſichtes ausdrücken zu können „Iſt das alles?“
fragte er, als der Bauer endlich ſchwieg. Der Büttnerbauer bejahte.
„Sie ſollen das Geld haben!“ war alles, was die belegte
Stimme darauf ſagte.
Harraſſowitz ſprang von ſeinem Sitze auf. „Was habe
ich Ihnen geſagt, Büttner! Mein Freund Schönberger iſt ein
edler Mann! Sehen Sie, er giebt das Geld!“
„Wieviel hat Ihr Bruder Prozent gegeben?“ fragte Schön¬
berger.
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