Sam hatte Leute aus dem Dorfe angenommen, als Ernte¬ arbeiter. Darauf kamen Leiterwagen, in denen die Garben abgefahren wurden, nach Wörmsbach, hieß es, wo der Händler ja noch mehr Land besaß. Dort stand eine Dreschmaschine, die ihm das Korn ausdrasch. Das gedroschene Getreide wurde nach der Stadt gefahren in die Speicher des Händlers, das Stroh auf dem Felde in Feimen gesetzt.
Das Haferhauen gab Sam in Akkord. Aber den Hafer ließ er nicht wegschaffen, der wurde in die Scheune gebanst. Der alte Büttner sollte ihn mit dem Göpel ausdreschen; da war gleich für eine Winterarbeit gesorgt.
Mit den Hackfrüchten verfuhr der Händler noch einfacher. Das Hacken, Lesen und Einmieten machte ihm viel zu viel Umstände. Er verkaufte die einzelnen Furchen meistbietend an die Dorfleute. Nur soviel Kraut. Rüben und Kartoffeln be¬ hielt er, wie für das Vieh während des Winters unentbehr¬ lich war.
Diesem Manne schien jedes Unternehmen zu glücken. So¬ etwas hätte nur ein Bauer versuchen sollen, der wäre sicher zu Schaden und darüber noch zu Spott gekommen.
Wenn Samuel Harrassowitz im Gasthof bekannt machen ließ, daß Auktion sei, dann kamen alle gelaufen. Die bloße Thatsache, daß Sam im Orte war, schien das Geld in den Taschen locker zu machen.
Er machte es den Leuten aber auch leicht; er war wirk¬ lich ein ,kulanter' Geschäftsmann. Jede Art von Bezahlung nahm er an. War es nicht in Geld, dann in Naturalien, oder auch durch Abarbeiten. Unter Umständen fand er sich auch bereit, ein Stück Vieh an Zahlungsstatt anzunehmen. Das gab er dann womöglich wieder einem anderen, mit dem er in Geschäftsverbindung stand, in den Stall. Und Kredit ge¬ währte er auch jederzeit. Diese Eigenschaft wurde von den Landleuten besonders an ihm geschätzt. Nur im äußersten Notfalle klagte er einen Schuldner aus, und dann sicher nur einen, bei dem noch etwas zu holen war. Die Leute, die nichts mehr besaßen, ließ er mit Zwangsvollstreckungen in Frieden.
Sam hatte Leute aus dem Dorfe angenommen, als Ernte¬ arbeiter. Darauf kamen Leiterwagen, in denen die Garben abgefahren wurden, nach Wörmsbach, hieß es, wo der Händler ja noch mehr Land beſaß. Dort ſtand eine Dreſchmaſchine, die ihm das Korn ausdraſch. Das gedroſchene Getreide wurde nach der Stadt gefahren in die Speicher des Händlers, das Stroh auf dem Felde in Feimen geſetzt.
Das Haferhauen gab Sam in Akkord. Aber den Hafer ließ er nicht wegſchaffen, der wurde in die Scheune gebanſt. Der alte Büttner ſollte ihn mit dem Göpel ausdreſchen; da war gleich für eine Winterarbeit geſorgt.
Mit den Hackfrüchten verfuhr der Händler noch einfacher. Das Hacken, Leſen und Einmieten machte ihm viel zu viel Umſtände. Er verkaufte die einzelnen Furchen meiſtbietend an die Dorfleute. Nur ſoviel Kraut. Rüben und Kartoffeln be¬ hielt er, wie für das Vieh während des Winters unentbehr¬ lich war.
Dieſem Manne ſchien jedes Unternehmen zu glücken. So¬ etwas hätte nur ein Bauer verſuchen ſollen, der wäre ſicher zu Schaden und darüber noch zu Spott gekommen.
Wenn Samuel Harraſſowitz im Gaſthof bekannt machen ließ, daß Auktion ſei, dann kamen alle gelaufen. Die bloße Thatſache, daß Sam im Orte war, ſchien das Geld in den Taſchen locker zu machen.
Er machte es den Leuten aber auch leicht; er war wirk¬ lich ein ‚kulanter‘ Geſchäftsmann. Jede Art von Bezahlung nahm er an. War es nicht in Geld, dann in Naturalien, oder auch durch Abarbeiten. Unter Umſtänden fand er ſich auch bereit, ein Stück Vieh an Zahlungsſtatt anzunehmen. Das gab er dann womöglich wieder einem anderen, mit dem er in Geſchäftsverbindung ſtand, in den Stall. Und Kredit ge¬ währte er auch jederzeit. Dieſe Eigenſchaft wurde von den Landleuten beſonders an ihm geſchätzt. Nur im äußerſten Notfalle klagte er einen Schuldner aus, und dann ſicher nur einen, bei dem noch etwas zu holen war. Die Leute, die nichts mehr beſaßen, ließ er mit Zwangsvollſtreckungen in Frieden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0348"n="334"/><p>Sam hatte Leute aus dem Dorfe angenommen, als Ernte¬<lb/>
arbeiter. Darauf kamen Leiterwagen, in denen die Garben<lb/>
abgefahren wurden, nach Wörmsbach, hieß es, wo der Händler<lb/>
ja noch mehr Land beſaß. Dort ſtand eine Dreſchmaſchine,<lb/>
die ihm das Korn ausdraſch. Das gedroſchene Getreide wurde<lb/>
nach der Stadt gefahren in die Speicher des Händlers, das<lb/>
Stroh auf dem Felde in Feimen geſetzt.</p><lb/><p>Das Haferhauen gab Sam in Akkord. Aber den Hafer ließ<lb/>
er nicht wegſchaffen, der wurde in die Scheune gebanſt. Der<lb/>
alte Büttner ſollte ihn mit dem Göpel ausdreſchen; da war<lb/>
gleich für eine Winterarbeit geſorgt.</p><lb/><p>Mit den Hackfrüchten verfuhr der Händler noch einfacher.<lb/>
Das Hacken, Leſen und Einmieten machte ihm viel zu viel<lb/>
Umſtände. Er verkaufte die einzelnen Furchen meiſtbietend an<lb/>
die Dorfleute. Nur ſoviel Kraut. Rüben und Kartoffeln be¬<lb/>
hielt er, wie für das Vieh während des Winters unentbehr¬<lb/>
lich war.</p><lb/><p>Dieſem Manne ſchien jedes Unternehmen zu glücken. So¬<lb/>
etwas hätte nur ein Bauer verſuchen ſollen, der wäre ſicher<lb/>
zu Schaden und darüber noch zu Spott gekommen.</p><lb/><p>Wenn Samuel Harraſſowitz im Gaſthof bekannt machen<lb/>
ließ, daß Auktion ſei, dann kamen alle gelaufen. Die bloße<lb/>
Thatſache, daß Sam im Orte war, ſchien das Geld in den<lb/>
Taſchen locker zu machen.</p><lb/><p>Er machte es den Leuten aber auch leicht; er war wirk¬<lb/>
lich ein ‚kulanter‘ Geſchäftsmann. Jede Art von Bezahlung<lb/>
nahm er an. War es nicht in Geld, dann in Naturalien,<lb/>
oder auch durch Abarbeiten. Unter Umſtänden fand er ſich auch<lb/>
bereit, ein Stück Vieh an Zahlungsſtatt anzunehmen. Das<lb/>
gab er dann womöglich wieder einem anderen, mit dem er<lb/>
in Geſchäftsverbindung ſtand, in den Stall. Und Kredit ge¬<lb/>
währte er auch jederzeit. Dieſe Eigenſchaft wurde von den<lb/>
Landleuten beſonders an ihm geſchätzt. Nur im äußerſten<lb/>
Notfalle klagte er einen Schuldner aus, und dann ſicher nur<lb/>
einen, bei dem noch etwas zu holen war. Die Leute, die nichts<lb/>
mehr beſaßen, ließ er mit Zwangsvollſtreckungen in Frieden.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[334/0348]
Sam hatte Leute aus dem Dorfe angenommen, als Ernte¬
arbeiter. Darauf kamen Leiterwagen, in denen die Garben
abgefahren wurden, nach Wörmsbach, hieß es, wo der Händler
ja noch mehr Land beſaß. Dort ſtand eine Dreſchmaſchine,
die ihm das Korn ausdraſch. Das gedroſchene Getreide wurde
nach der Stadt gefahren in die Speicher des Händlers, das
Stroh auf dem Felde in Feimen geſetzt.
Das Haferhauen gab Sam in Akkord. Aber den Hafer ließ
er nicht wegſchaffen, der wurde in die Scheune gebanſt. Der
alte Büttner ſollte ihn mit dem Göpel ausdreſchen; da war
gleich für eine Winterarbeit geſorgt.
Mit den Hackfrüchten verfuhr der Händler noch einfacher.
Das Hacken, Leſen und Einmieten machte ihm viel zu viel
Umſtände. Er verkaufte die einzelnen Furchen meiſtbietend an
die Dorfleute. Nur ſoviel Kraut. Rüben und Kartoffeln be¬
hielt er, wie für das Vieh während des Winters unentbehr¬
lich war.
Dieſem Manne ſchien jedes Unternehmen zu glücken. So¬
etwas hätte nur ein Bauer verſuchen ſollen, der wäre ſicher
zu Schaden und darüber noch zu Spott gekommen.
Wenn Samuel Harraſſowitz im Gaſthof bekannt machen
ließ, daß Auktion ſei, dann kamen alle gelaufen. Die bloße
Thatſache, daß Sam im Orte war, ſchien das Geld in den
Taſchen locker zu machen.
Er machte es den Leuten aber auch leicht; er war wirk¬
lich ein ‚kulanter‘ Geſchäftsmann. Jede Art von Bezahlung
nahm er an. War es nicht in Geld, dann in Naturalien,
oder auch durch Abarbeiten. Unter Umſtänden fand er ſich auch
bereit, ein Stück Vieh an Zahlungsſtatt anzunehmen. Das
gab er dann womöglich wieder einem anderen, mit dem er
in Geſchäftsverbindung ſtand, in den Stall. Und Kredit ge¬
währte er auch jederzeit. Dieſe Eigenſchaft wurde von den
Landleuten beſonders an ihm geſchätzt. Nur im äußerſten
Notfalle klagte er einen Schuldner aus, und dann ſicher nur
einen, bei dem noch etwas zu holen war. Die Leute, die nichts
mehr beſaßen, ließ er mit Zwangsvollſtreckungen in Frieden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/348>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.