aber um so höher. Der Mann wußte nur zu gut, daß er weit und breit keinen Konkurrenten hatte. Auf diese Weise gingen die Sparpfennige der Sachsengänger für Nahrungsmittel drauf. Gustav sah das voll Verdruß, aber was wollte man machen!
Da war es Häschkekarl, der Vielerfahrene, welcher Rat zu schaffen wußte. Eines Nachmittags bat er sich ein paar Stunden Urlaub aus, borgte etwas Geld von Gustav, und erklärte, er wolle sich mal ein bißchen in der Gegend umsehen. Spät Abends erschien er wieder in der Kaserne, einen vollge¬ packten Sack auf dem Rücken schleppend.
Er hatte Einkäufe gemacht. Nun legte er eine Vorrats¬ kammer an, und verkaufte den Arbeitsgenossen die Waren zum Einkaufspreise. Für seine Mühe nahm er keinen Verdienst; er erklärte, der Ärger jenes gaunerischen Krämers sei ihm Lohnes genug.
Das Kochen besorgte Pauline, die nicht mit auf's Feld ging. Sie hatte Arbeit genug. Den Jungen, der jetzt in's dritte Jahr ging, und schon ganz hübsch laufen konnte, hatte sie stets um sich. Das Kind mußte ihr viel ersetzen.
Die junge Frau sah trübe Tage. Ein wirkliches Heim fehlte ihr. Die Arbeit zwar war nicht schlimm, daran war sie gewohnt; aber das Zusammenleben mit so vielen Fremden störte das Glück der jungen Ehe. Von Gustav hatte sie so gut wie nichts. Früh um vier schon stand er auf und trieb die Leute hinaus. Den Tag über war man getrennt, er auf dem Felde, sie in der Kaserne. Oftmals kamen sie nicht einmal zum Mittagessen herein, ließen sich's hinaustragen auf's Feld. Abends kam er dann nach Haus, abgehetzt, sorgenvoll, mürrisch. Frau und Kind sah er nicht an, riß sich die Kleider vom Leibe, warf sich ins Bett und schlief wie ein Toter. Es gab Tage, wo man kaum ein Wort mit einander wechselte.
Ganz anders hatte sie sich das Leben an seiner Seite gedacht in der Ehe. Denn wenn sie auch vorher einander nicht fremd gewesen waren, so legte Pauline, als echtes Land¬
aber um ſo höher. Der Mann wußte nur zu gut, daß er weit und breit keinen Konkurrenten hatte. Auf dieſe Weiſe gingen die Sparpfennige der Sachſengänger für Nahrungsmittel drauf. Guſtav ſah das voll Verdruß, aber was wollte man machen!
Da war es Häſchkekarl, der Vielerfahrene, welcher Rat zu ſchaffen wußte. Eines Nachmittags bat er ſich ein paar Stunden Urlaub aus, borgte etwas Geld von Guſtav, und erklärte, er wolle ſich mal ein bißchen in der Gegend umſehen. Spät Abends erſchien er wieder in der Kaſerne, einen vollge¬ packten Sack auf dem Rücken ſchleppend.
Er hatte Einkäufe gemacht. Nun legte er eine Vorrats¬ kammer an, und verkaufte den Arbeitsgenoſſen die Waren zum Einkaufspreiſe. Für ſeine Mühe nahm er keinen Verdienſt; er erklärte, der Ärger jenes gauneriſchen Krämers ſei ihm Lohnes genug.
Das Kochen beſorgte Pauline, die nicht mit auf's Feld ging. Sie hatte Arbeit genug. Den Jungen, der jetzt in's dritte Jahr ging, und ſchon ganz hübſch laufen konnte, hatte ſie ſtets um ſich. Das Kind mußte ihr viel erſetzen.
Die junge Frau ſah trübe Tage. Ein wirkliches Heim fehlte ihr. Die Arbeit zwar war nicht ſchlimm, daran war ſie gewohnt; aber das Zuſammenleben mit ſo vielen Fremden ſtörte das Glück der jungen Ehe. Von Guſtav hatte ſie ſo gut wie nichts. Früh um vier ſchon ſtand er auf und trieb die Leute hinaus. Den Tag über war man getrennt, er auf dem Felde, ſie in der Kaſerne. Oftmals kamen ſie nicht einmal zum Mittageſſen herein, ließen ſich's hinaustragen auf's Feld. Abends kam er dann nach Haus, abgehetzt, ſorgenvoll, mürriſch. Frau und Kind ſah er nicht an, riß ſich die Kleider vom Leibe, warf ſich ins Bett und ſchlief wie ein Toter. Es gab Tage, wo man kaum ein Wort mit einander wechſelte.
Ganz anders hatte ſie ſich das Leben an ſeiner Seite gedacht in der Ehe. Denn wenn ſie auch vorher einander nicht fremd geweſen waren, ſo legte Pauline, als echtes Land¬
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[290/0304]
aber um ſo höher. Der Mann wußte nur zu gut, daß er
weit und breit keinen Konkurrenten hatte. Auf dieſe Weiſe
gingen die Sparpfennige der Sachſengänger für Nahrungsmittel
drauf. Guſtav ſah das voll Verdruß, aber was wollte man
machen!
Da war es Häſchkekarl, der Vielerfahrene, welcher Rat
zu ſchaffen wußte. Eines Nachmittags bat er ſich ein paar
Stunden Urlaub aus, borgte etwas Geld von Guſtav, und
erklärte, er wolle ſich mal ein bißchen in der Gegend umſehen.
Spät Abends erſchien er wieder in der Kaſerne, einen vollge¬
packten Sack auf dem Rücken ſchleppend.
Er hatte Einkäufe gemacht. Nun legte er eine Vorrats¬
kammer an, und verkaufte den Arbeitsgenoſſen die Waren zum
Einkaufspreiſe. Für ſeine Mühe nahm er keinen Verdienſt;
er erklärte, der Ärger jenes gauneriſchen Krämers ſei ihm
Lohnes genug.
Das Kochen beſorgte Pauline, die nicht mit auf's Feld
ging. Sie hatte Arbeit genug. Den Jungen, der jetzt in's
dritte Jahr ging, und ſchon ganz hübſch laufen konnte, hatte
ſie ſtets um ſich. Das Kind mußte ihr viel erſetzen.
Die junge Frau ſah trübe Tage. Ein wirkliches Heim
fehlte ihr. Die Arbeit zwar war nicht ſchlimm, daran war ſie
gewohnt; aber das Zuſammenleben mit ſo vielen Fremden
ſtörte das Glück der jungen Ehe. Von Guſtav hatte ſie ſo
gut wie nichts. Früh um vier ſchon ſtand er auf und trieb
die Leute hinaus. Den Tag über war man getrennt, er auf
dem Felde, ſie in der Kaſerne. Oftmals kamen ſie nicht
einmal zum Mittageſſen herein, ließen ſich's hinaustragen
auf's Feld. Abends kam er dann nach Haus, abgehetzt,
ſorgenvoll, mürriſch. Frau und Kind ſah er nicht an, riß ſich
die Kleider vom Leibe, warf ſich ins Bett und ſchlief wie ein
Toter. Es gab Tage, wo man kaum ein Wort mit einander
wechſelte.
Ganz anders hatte ſie ſich das Leben an ſeiner Seite
gedacht in der Ehe. Denn wenn ſie auch vorher einander
nicht fremd geweſen waren, ſo legte Pauline, als echtes Land¬
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/304>, abgerufen am 25.11.2024.
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