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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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angeboten mit einer Summe, welche gerade die Höhe seiner
Hypothek erreichte. Dann überbot ihn Harrassowitz.

Jetzt begann sich der gräfliche Rendant an der Bietung
zu beteiligen. Zuerst langsam, dann in immer schnellerer
Folge überboten sich Sam und der Rendant mit Beträgen
von geringem Umfang. Der Händler legte kühlste Ruhe an
den Tag; die Hände in den Taschen, wiegte er sich auf den
Absätzen und suchte den Gegner durch seine überlegen spöttische
Miene in Verwirrung zu setzen. Der gräfliche Beamte, ein
Graukopf, mit glatt rasiertem Gesicht, war unruhig. Die
Gebote kamen zaghaft und hastig von seinen Lippen. Mehr¬
fach sah er sich nach Hauptmann Schroff um, der weiter
hinten unter den Zuschauern mit sichtlicher Spannung dem
Gange der Versteigerung folgte.

Auf diese Weise hatten sich die beiden bis an die letzte
Hypothek herangetrieben, welche Ernst Kaschel gehörte. Der
Gastwirt war im Saale anwesend, bot aber nicht mit. Harasso¬
witz hatte soeben geboten. Der Rendant bat um eine kurze
Hinausschiebung des Zuschlags, lief nach hinten und besprach
sich mit dem Güterdirektor. "Bis zur Höhe der Schulden,
nicht wahr, ging der Limit?" fragte er. Der Hauptmann
stand mit gerunzelter Stirn und überlegte. "Hundert Mark
darüber," sagte er dann. "So viel will ich noch zulegen;
mehr kann ich nicht!"

Der Rendant ging wieder an die Schranken und machte
sein Gebot. Sam überbot ihn, lächelnd.

Die Spannung unter den Zuschauern hatte einen hohen
Grad erreicht. Die Sympathien der meisten waren auf Seiten
der gräflichen Beamten. Der Rendant bot noch einmal mit
zitternder Stimme. Die Schulden waren mit seinem Gebote
um hundert Mark überschritten.

"Noch Fünfzig!" rief Harrassowitz und sah den Gegner
herausfordernd an.

Es entstand eine Pause. Der Richter sah nach der Uhr.
"Wenn keine weiteren Gebote abgegeben werden, schließe ich
die Subhastation."

angeboten mit einer Summe, welche gerade die Höhe ſeiner
Hypothek erreichte. Dann überbot ihn Harraſſowitz.

Jetzt begann ſich der gräfliche Rendant an der Bietung
zu beteiligen. Zuerſt langſam, dann in immer ſchnellerer
Folge überboten ſich Sam und der Rendant mit Beträgen
von geringem Umfang. Der Händler legte kühlſte Ruhe an
den Tag; die Hände in den Taſchen, wiegte er ſich auf den
Abſätzen und ſuchte den Gegner durch ſeine überlegen ſpöttiſche
Miene in Verwirrung zu ſetzen. Der gräfliche Beamte, ein
Graukopf, mit glatt raſiertem Geſicht, war unruhig. Die
Gebote kamen zaghaft und haſtig von ſeinen Lippen. Mehr¬
fach ſah er ſich nach Hauptmann Schroff um, der weiter
hinten unter den Zuſchauern mit ſichtlicher Spannung dem
Gange der Verſteigerung folgte.

Auf dieſe Weiſe hatten ſich die beiden bis an die letzte
Hypothek herangetrieben, welche Ernſt Kaſchel gehörte. Der
Gaſtwirt war im Saale anweſend, bot aber nicht mit. Haraſſo¬
witz hatte ſoeben geboten. Der Rendant bat um eine kurze
Hinausſchiebung des Zuſchlags, lief nach hinten und beſprach
ſich mit dem Güterdirektor. „Bis zur Höhe der Schulden,
nicht wahr, ging der Limit?“ fragte er. Der Hauptmann
ſtand mit gerunzelter Stirn und überlegte. „Hundert Mark
darüber,“ ſagte er dann. „So viel will ich noch zulegen;
mehr kann ich nicht!“

Der Rendant ging wieder an die Schranken und machte
ſein Gebot. Sam überbot ihn, lächelnd.

Die Spannung unter den Zuſchauern hatte einen hohen
Grad erreicht. Die Sympathien der meiſten waren auf Seiten
der gräflichen Beamten. Der Rendant bot noch einmal mit
zitternder Stimme. Die Schulden waren mit ſeinem Gebote
um hundert Mark überſchritten.

„Noch Fünfzig!“ rief Harraſſowitz und ſah den Gegner
herausfordernd an.

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„Wenn keine weiteren Gebote abgegeben werden, ſchließe ich
die Subhaſtation.“

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[268/0282] angeboten mit einer Summe, welche gerade die Höhe ſeiner Hypothek erreichte. Dann überbot ihn Harraſſowitz. Jetzt begann ſich der gräfliche Rendant an der Bietung zu beteiligen. Zuerſt langſam, dann in immer ſchnellerer Folge überboten ſich Sam und der Rendant mit Beträgen von geringem Umfang. Der Händler legte kühlſte Ruhe an den Tag; die Hände in den Taſchen, wiegte er ſich auf den Abſätzen und ſuchte den Gegner durch ſeine überlegen ſpöttiſche Miene in Verwirrung zu ſetzen. Der gräfliche Beamte, ein Graukopf, mit glatt raſiertem Geſicht, war unruhig. Die Gebote kamen zaghaft und haſtig von ſeinen Lippen. Mehr¬ fach ſah er ſich nach Hauptmann Schroff um, der weiter hinten unter den Zuſchauern mit ſichtlicher Spannung dem Gange der Verſteigerung folgte. Auf dieſe Weiſe hatten ſich die beiden bis an die letzte Hypothek herangetrieben, welche Ernſt Kaſchel gehörte. Der Gaſtwirt war im Saale anweſend, bot aber nicht mit. Haraſſo¬ witz hatte ſoeben geboten. Der Rendant bat um eine kurze Hinausſchiebung des Zuſchlags, lief nach hinten und beſprach ſich mit dem Güterdirektor. „Bis zur Höhe der Schulden, nicht wahr, ging der Limit?“ fragte er. Der Hauptmann ſtand mit gerunzelter Stirn und überlegte. „Hundert Mark darüber,“ ſagte er dann. „So viel will ich noch zulegen; mehr kann ich nicht!“ Der Rendant ging wieder an die Schranken und machte ſein Gebot. Sam überbot ihn, lächelnd. Die Spannung unter den Zuſchauern hatte einen hohen Grad erreicht. Die Sympathien der meiſten waren auf Seiten der gräflichen Beamten. Der Rendant bot noch einmal mit zitternder Stimme. Die Schulden waren mit ſeinem Gebote um hundert Mark überſchritten. „Noch Fünfzig!“ rief Harraſſowitz und ſah den Gegner herausfordernd an. Es entſtand eine Pauſe. Der Richter ſah nach der Uhr. „Wenn keine weiteren Gebote abgegeben werden, ſchließe ich die Subhaſtation.“

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/282>, abgerufen am 24.11.2024.