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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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hin noch im Löwen aufgehalten hatte, kam nunmehr herüber,
nicht allzu eilig, falls er mit dem Gerichtsgebrauche ver¬
traut war.

Aus Halbenau waren eine Anzahl Leute eingetroffen,
Freunde der Büttnerschen Familie. Der alte Bauer selbst
hatte sich fern gehalten, aber Karl Büttner war gekommen.
Er blickte unverständig drein, wie gewöhnlich. Die Bedeutung
dieses Tages für ihn und seine Familie war dem Denkfaulen
schwerlich klar geworden.

Hinter den Schranken erschien jetzt der Amtsrichter mit
dem Kalkulator. Sie nahmen am grünen Tische Platz.

Nun nahm der Termin seinen üblichen Verlauf. Zunächst
wurden die Interessenten festgestellt. Harrassowitz, der in
diesen Dingen zu Hause war, wie der Fisch im Wasser, ver¬
langte Vorweisen der Kaution. Da würde man ja gleich sehen,
wer als ernsthafter Bieter in Betracht komme. Vor allem
interessierte es den Schlaukopf zu wissen, ob jene beiden,
der Güterdirektor und der Rendant des Grafen, mit Geld¬
mitteln versehen seien. Er hatte bereits seinen Geschäftsfreund,
den Kommissionär Schmeiß, vorgeschickt, der sollte sich den
Herren in möglichst harmloser Form nähern, und sie zum
Lüften ihrer Maske bringen. Aber die beiden hatten sich
zugeknöpft und den diplomatischen Künsten des jungen Schmeiß
gegenüber unzugänglich verhalten. Sam paßte genau auf.
was der Hauptmann zeigen würde, als er daran kam, Kau¬
tion vorzuleben. Staatspapiere, ein ganzes Paket! Der
Mann war also gewappnet und nicht etwa aus bloßer Neu¬
gier hier erschienen.

Nachdem Namen und Personalien der Interessenten mit
gerichtsüblicher Umständlichkeit erfragt und aufgeschrieben waren,
wurde zur Feststellung des geringsten Gebotes übergegangen.
Dann forderte der Richter zur Abgabe von Geboten auf. Er
hatte eine zweistündige Pause angesetzt, innerhalb deren geboten
werden konnte.

Der Gerichtssaal leerte sich wieder; nur einige wenige
Leute blieben zurück, die hier eben so gut wie anderwärts ihre

hin noch im Löwen aufgehalten hatte, kam nunmehr herüber,
nicht allzu eilig, falls er mit dem Gerichtsgebrauche ver¬
traut war.

Aus Halbenau waren eine Anzahl Leute eingetroffen,
Freunde der Büttnerſchen Familie. Der alte Bauer ſelbſt
hatte ſich fern gehalten, aber Karl Büttner war gekommen.
Er blickte unverſtändig drein, wie gewöhnlich. Die Bedeutung
dieſes Tages für ihn und ſeine Familie war dem Denkfaulen
ſchwerlich klar geworden.

Hinter den Schranken erſchien jetzt der Amtsrichter mit
dem Kalkulator. Sie nahmen am grünen Tiſche Platz.

Nun nahm der Termin ſeinen üblichen Verlauf. Zunächſt
wurden die Intereſſenten feſtgeſtellt. Harraſſowitz, der in
dieſen Dingen zu Hauſe war, wie der Fiſch im Waſſer, ver¬
langte Vorweiſen der Kaution. Da würde man ja gleich ſehen,
wer als ernſthafter Bieter in Betracht komme. Vor allem
intereſſierte es den Schlaukopf zu wiſſen, ob jene beiden,
der Güterdirektor und der Rendant des Grafen, mit Geld¬
mitteln verſehen ſeien. Er hatte bereits ſeinen Geſchäftsfreund,
den Kommiſſionär Schmeiß, vorgeſchickt, der ſollte ſich den
Herren in möglichſt harmloſer Form nähern, und ſie zum
Lüften ihrer Maske bringen. Aber die beiden hatten ſich
zugeknöpft und den diplomatiſchen Künſten des jungen Schmeiß
gegenüber unzugänglich verhalten. Sam paßte genau auf.
was der Hauptmann zeigen würde, als er daran kam, Kau¬
tion vorzuleben. Staatspapiere, ein ganzes Paket! Der
Mann war alſo gewappnet und nicht etwa aus bloßer Neu¬
gier hier erſchienen.

Nachdem Namen und Perſonalien der Intereſſenten mit
gerichtsüblicher Umſtändlichkeit erfragt und aufgeſchrieben waren,
wurde zur Feſtſtellung des geringſten Gebotes übergegangen.
Dann forderte der Richter zur Abgabe von Geboten auf. Er
hatte eine zweiſtündige Pauſe angeſetzt, innerhalb deren geboten
werden konnte.

Der Gerichtsſaal leerte ſich wieder; nur einige wenige
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[266/0280] hin noch im Löwen aufgehalten hatte, kam nunmehr herüber, nicht allzu eilig, falls er mit dem Gerichtsgebrauche ver¬ traut war. Aus Halbenau waren eine Anzahl Leute eingetroffen, Freunde der Büttnerſchen Familie. Der alte Bauer ſelbſt hatte ſich fern gehalten, aber Karl Büttner war gekommen. Er blickte unverſtändig drein, wie gewöhnlich. Die Bedeutung dieſes Tages für ihn und ſeine Familie war dem Denkfaulen ſchwerlich klar geworden. Hinter den Schranken erſchien jetzt der Amtsrichter mit dem Kalkulator. Sie nahmen am grünen Tiſche Platz. Nun nahm der Termin ſeinen üblichen Verlauf. Zunächſt wurden die Intereſſenten feſtgeſtellt. Harraſſowitz, der in dieſen Dingen zu Hauſe war, wie der Fiſch im Waſſer, ver¬ langte Vorweiſen der Kaution. Da würde man ja gleich ſehen, wer als ernſthafter Bieter in Betracht komme. Vor allem intereſſierte es den Schlaukopf zu wiſſen, ob jene beiden, der Güterdirektor und der Rendant des Grafen, mit Geld¬ mitteln verſehen ſeien. Er hatte bereits ſeinen Geſchäftsfreund, den Kommiſſionär Schmeiß, vorgeſchickt, der ſollte ſich den Herren in möglichſt harmloſer Form nähern, und ſie zum Lüften ihrer Maske bringen. Aber die beiden hatten ſich zugeknöpft und den diplomatiſchen Künſten des jungen Schmeiß gegenüber unzugänglich verhalten. Sam paßte genau auf. was der Hauptmann zeigen würde, als er daran kam, Kau¬ tion vorzuleben. Staatspapiere, ein ganzes Paket! Der Mann war alſo gewappnet und nicht etwa aus bloßer Neu¬ gier hier erſchienen. Nachdem Namen und Perſonalien der Intereſſenten mit gerichtsüblicher Umſtändlichkeit erfragt und aufgeſchrieben waren, wurde zur Feſtſtellung des geringſten Gebotes übergegangen. Dann forderte der Richter zur Abgabe von Geboten auf. Er hatte eine zweiſtündige Pauſe angeſetzt, innerhalb deren geboten werden konnte. Der Gerichtsſaal leerte ſich wieder; nur einige wenige Leute blieben zurück, die hier eben ſo gut wie anderwärts ihre

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/280>, abgerufen am 14.06.2024.