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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

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"Freilich mecht'ch ä Nordlicht putzen. Hier is aber, weeß
der Hole, ene dufte Winde."

"Hast wohl lange Leg' um kauen müssen?"

"Pikus machen kann mer nich alle Tage auf der Walze.
Meine Kluft is och mieß, die Trittchen hier sind ganz ver¬
rissen und ne reine Staude hab' ich vor drei Wochen an¬
gehabt."

"Na, laß Dich vom Bruder schmieren, Kunde!"

"Wenn ich man Messume hätte."

"Hier, trink mal!"

"Prost, edler Menschenfreund!"

Gustav hatte sich den Mann, der eben das Glas zum
Munde führte, inzwischen mit Aufmerksamkeit betrachtet. Den
mußte er doch kennen. Himmeldonnerwetter! war das nicht . . . . .
Wenn das nicht Häschke war, wollte er sich hängen lassen!
Häschke, mit dem er zusammen eingetreten war bei der zweiten
Schwadron. Freilich, der Vollbart veränderte ihn, und die
Vagabundenkleidung. Aber, an den lebhaften Augen, der
Stimme und den Bewegungen, erkannte er den ehemaligen
Kameraden wieder.

"Häschkekorl!" rief Gustav und unterbrach damit die
Unterhaltung der beiden Kunden.

Der Handwerksbursche fuhr herum. "Büttner! Hol' mich
der Teufel. Büttnergust!"

"Gleich, noch ein Bier für meinen Kameraden!" rief
Gustav nach dem Schenktisch hinüber.

Nun ging ein eifriges Fragen los von beiden Seiten.
Drei Jahre und ein halbes war es jetzt her, daß sie einander
nicht gesehen hatten. Denn Häschke war nach beendeter Dienst¬
zeit herausgegangen, während Büttner kapituliert hatte.

Häschke hatte sich neben Gustav setzen müssen. Nun
mußte er von seinen Erlebnissen berichten. Er war von der
Truppe aus zunächst in seine Heimat, das Königreich Sachsen,
zurückgekehrt. Von Profession war er Schlosser und hatte
für's erste bei einem Meister seines Handwerks Arbeit ge¬
nommen. Dort war seines Bleibens aber nicht lange gewesen.

„Freilich mecht'ch ä Nordlicht putzen. Hier is aber, weeß
der Hole, ene dufte Winde.“

„Haſt wohl lange Leg' um kauen müſſen?“

„Pikus machen kann mer nich alle Tage auf der Walze.
Meine Kluft is och mieß, die Trittchen hier ſind ganz ver¬
riſſen und ne reine Staude hab' ich vor drei Wochen an¬
gehabt.“

„Na, laß Dich vom Bruder ſchmieren, Kunde!“

„Wenn ich man Meſſume hätte.“

„Hier, trink mal!“

„Proſt, edler Menſchenfreund!“

Guſtav hatte ſich den Mann, der eben das Glas zum
Munde führte, inzwiſchen mit Aufmerkſamkeit betrachtet. Den
mußte er doch kennen. Himmeldonnerwetter! war das nicht . . . . .
Wenn das nicht Häſchke war, wollte er ſich hängen laſſen!
Häſchke, mit dem er zuſammen eingetreten war bei der zweiten
Schwadron. Freilich, der Vollbart veränderte ihn, und die
Vagabundenkleidung. Aber, an den lebhaften Augen, der
Stimme und den Bewegungen, erkannte er den ehemaligen
Kameraden wieder.

„Häſchkekorl!“ rief Guſtav und unterbrach damit die
Unterhaltung der beiden Kunden.

Der Handwerksburſche fuhr herum. „Büttner! Hol' mich
der Teufel. Büttnerguſt!“

„Gleich, noch ein Bier für meinen Kameraden!“ rief
Guſtav nach dem Schenktiſch hinüber.

Nun ging ein eifriges Fragen los von beiden Seiten.
Drei Jahre und ein halbes war es jetzt her, daß ſie einander
nicht geſehen hatten. Denn Häſchke war nach beendeter Dienſt¬
zeit herausgegangen, während Büttner kapituliert hatte.

Häſchke hatte ſich neben Guſtav ſetzen müſſen. Nun
mußte er von ſeinen Erlebniſſen berichten. Er war von der
Truppe aus zunächſt in ſeine Heimat, das Königreich Sachſen,
zurückgekehrt. Von Profeſſion war er Schloſſer und hatte
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nommen. Dort war ſeines Bleibens aber nicht lange geweſen.

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[230/0244] „Freilich mecht'ch ä Nordlicht putzen. Hier is aber, weeß der Hole, ene dufte Winde.“ „Haſt wohl lange Leg' um kauen müſſen?“ „Pikus machen kann mer nich alle Tage auf der Walze. Meine Kluft is och mieß, die Trittchen hier ſind ganz ver¬ riſſen und ne reine Staude hab' ich vor drei Wochen an¬ gehabt.“ „Na, laß Dich vom Bruder ſchmieren, Kunde!“ „Wenn ich man Meſſume hätte.“ „Hier, trink mal!“ „Proſt, edler Menſchenfreund!“ Guſtav hatte ſich den Mann, der eben das Glas zum Munde führte, inzwiſchen mit Aufmerkſamkeit betrachtet. Den mußte er doch kennen. Himmeldonnerwetter! war das nicht . . . . . Wenn das nicht Häſchke war, wollte er ſich hängen laſſen! Häſchke, mit dem er zuſammen eingetreten war bei der zweiten Schwadron. Freilich, der Vollbart veränderte ihn, und die Vagabundenkleidung. Aber, an den lebhaften Augen, der Stimme und den Bewegungen, erkannte er den ehemaligen Kameraden wieder. „Häſchkekorl!“ rief Guſtav und unterbrach damit die Unterhaltung der beiden Kunden. Der Handwerksburſche fuhr herum. „Büttner! Hol' mich der Teufel. Büttnerguſt!“ „Gleich, noch ein Bier für meinen Kameraden!“ rief Guſtav nach dem Schenktiſch hinüber. Nun ging ein eifriges Fragen los von beiden Seiten. Drei Jahre und ein halbes war es jetzt her, daß ſie einander nicht geſehen hatten. Denn Häſchke war nach beendeter Dienſt¬ zeit herausgegangen, während Büttner kapituliert hatte. Häſchke hatte ſich neben Guſtav ſetzen müſſen. Nun mußte er von ſeinen Erlebniſſen berichten. Er war von der Truppe aus zunächſt in ſeine Heimat, das Königreich Sachſen, zurückgekehrt. Von Profeſſion war er Schloſſer und hatte für's erſte bei einem Meiſter ſeines Handwerks Arbeit ge¬ nommen. Dort war ſeines Bleibens aber nicht lange geweſen.

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Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/244>, abgerufen am 17.05.2024.