wackelte. Auf einem Plakate, welches Karawanenthee an¬ pries, war ein Kamel abgebildet, von einem Araber geführt, auf dem Rücken einen mächtigen Berg von Kästen und Ballen tragend.
Gustav stand da, staunend. Obgleich er als Soldat mehrere Jahre in einer größeren Stadt kaserniert gewesen, war doch das Landkind lebendig in ihm geblieben. Alles Fremde, besonders wenn es unverständlich war, imponierte ihm gewaltig. Diese Schaufenster mit den vielen fremdartigen Dingen, bestärkten ihn in der Vermutung, daß der Onkel doch sehr reich sein müsse. Und wenn man bedachte: der Mann stammte aus Halbenau! Hatte das Vieh gehütet und Mist aufgeladen, wie jeder andere Bauernjunge. Dann war er davongelaufen, weil er's daheim nicht mehr ausgehalten; wohl hauptsächlich, weil sein Vater, der alte Leberecht, ihn nicht auf¬ kommen lassen wollte, neben dem älteren Bruder und Erben des Hofes. So war er denn in die Fremde gegangen, hatte alles Mögliche erlebt und erfahren, hatte die verschiedensten Lebensstellungen innegehabt. Markthelfer war er unter anderem gewesen. Als solcher hatte er in ein Grünwarengeschäft ge¬ heiratet und damit den Grund zu seinem Vermögen gelegt.
Ja, in der Stadt da konnte man es noch zu etwas bringen! In Gustav stieg ein bitteres Gefühl auf, als er sich hier umsah, und das Leben und Treiben ringsum betrachtete: den Marktverkehr, die Häuserreihen, die glänzenden Läden. -- Wenn man damit die Öde der dörfischen Heimat verglich! Er fühlte sich etwas herabgestimmt in seinem Selbstbewußtsein, und seiner Zuversicht, trotz des neuen Anzugs. Die Verwandten würden ihn doch am Ende nicht als voll ansehen. -- Nach¬ dem er eine Weile vor dem Laden auf- und abgegangen, entschloß er sich schließlich doch, hineinzugehen.
Eine ganze Anzahl junger Leute war dort thätig. Der eine von ihnen, ein langer schmächtiger mit einer Brille, fragte den Eintretenden, was zu Diensten stünde. Gustav nannte seinen Namen und sagte, daß er mit dem Onkel zu sprechen wünsche. Der junge Herr sah sich den Fremden daraufhin
wackelte. Auf einem Plakate, welches Karawanenthee an¬ pries, war ein Kamel abgebildet, von einem Araber geführt, auf dem Rücken einen mächtigen Berg von Käſten und Ballen tragend.
Guſtav ſtand da, ſtaunend. Obgleich er als Soldat mehrere Jahre in einer größeren Stadt kaſerniert geweſen, war doch das Landkind lebendig in ihm geblieben. Alles Fremde, beſonders wenn es unverſtändlich war, imponierte ihm gewaltig. Dieſe Schaufenſter mit den vielen fremdartigen Dingen, beſtärkten ihn in der Vermutung, daß der Onkel doch ſehr reich ſein müſſe. Und wenn man bedachte: der Mann ſtammte aus Halbenau! Hatte das Vieh gehütet und Miſt aufgeladen, wie jeder andere Bauernjunge. Dann war er davongelaufen, weil er's daheim nicht mehr ausgehalten; wohl hauptſächlich, weil ſein Vater, der alte Leberecht, ihn nicht auf¬ kommen laſſen wollte, neben dem älteren Bruder und Erben des Hofes. So war er denn in die Fremde gegangen, hatte alles Mögliche erlebt und erfahren, hatte die verſchiedenſten Lebensſtellungen innegehabt. Markthelfer war er unter anderem geweſen. Als ſolcher hatte er in ein Grünwarengeſchäft ge¬ heiratet und damit den Grund zu ſeinem Vermögen gelegt.
Ja, in der Stadt da konnte man es noch zu etwas bringen! In Guſtav ſtieg ein bitteres Gefühl auf, als er ſich hier umſah, und das Leben und Treiben ringsum betrachtete: den Marktverkehr, die Häuſerreihen, die glänzenden Läden. — Wenn man damit die Öde der dörfiſchen Heimat verglich! Er fühlte ſich etwas herabgeſtimmt in ſeinem Selbſtbewußtſein, und ſeiner Zuverſicht, trotz des neuen Anzugs. Die Verwandten würden ihn doch am Ende nicht als voll anſehen. — Nach¬ dem er eine Weile vor dem Laden auf- und abgegangen, entſchloß er ſich ſchließlich doch, hineinzugehen.
Eine ganze Anzahl junger Leute war dort thätig. Der eine von ihnen, ein langer ſchmächtiger mit einer Brille, fragte den Eintretenden, was zu Dienſten ſtünde. Guſtav nannte ſeinen Namen und ſagte, daß er mit dem Onkel zu ſprechen wünſche. Der junge Herr ſah ſich den Fremden daraufhin
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wackelte. Auf einem Plakate, welches Karawanenthee an¬
pries, war ein Kamel abgebildet, von einem Araber geführt,
auf dem Rücken einen mächtigen Berg von Käſten und Ballen
tragend.
Guſtav ſtand da, ſtaunend. Obgleich er als Soldat
mehrere Jahre in einer größeren Stadt kaſerniert geweſen,
war doch das Landkind lebendig in ihm geblieben. Alles
Fremde, beſonders wenn es unverſtändlich war, imponierte
ihm gewaltig. Dieſe Schaufenſter mit den vielen fremdartigen
Dingen, beſtärkten ihn in der Vermutung, daß der Onkel
doch ſehr reich ſein müſſe. Und wenn man bedachte: der
Mann ſtammte aus Halbenau! Hatte das Vieh gehütet und
Miſt aufgeladen, wie jeder andere Bauernjunge. Dann war
er davongelaufen, weil er's daheim nicht mehr ausgehalten; wohl
hauptſächlich, weil ſein Vater, der alte Leberecht, ihn nicht auf¬
kommen laſſen wollte, neben dem älteren Bruder und Erben
des Hofes. So war er denn in die Fremde gegangen, hatte
alles Mögliche erlebt und erfahren, hatte die verſchiedenſten
Lebensſtellungen innegehabt. Markthelfer war er unter anderem
geweſen. Als ſolcher hatte er in ein Grünwarengeſchäft ge¬
heiratet und damit den Grund zu ſeinem Vermögen gelegt.
Ja, in der Stadt da konnte man es noch zu etwas
bringen! In Guſtav ſtieg ein bitteres Gefühl auf, als er ſich
hier umſah, und das Leben und Treiben ringsum betrachtete:
den Marktverkehr, die Häuſerreihen, die glänzenden Läden. —
Wenn man damit die Öde der dörfiſchen Heimat verglich!
Er fühlte ſich etwas herabgeſtimmt in ſeinem Selbſtbewußtſein,
und ſeiner Zuverſicht, trotz des neuen Anzugs. Die Verwandten
würden ihn doch am Ende nicht als voll anſehen. — Nach¬
dem er eine Weile vor dem Laden auf- und abgegangen,
entſchloß er ſich ſchließlich doch, hineinzugehen.
Eine ganze Anzahl junger Leute war dort thätig. Der
eine von ihnen, ein langer ſchmächtiger mit einer Brille, fragte
den Eintretenden, was zu Dienſten ſtünde. Guſtav nannte
ſeinen Namen und ſagte, daß er mit dem Onkel zu ſprechen
wünſche. Der junge Herr ſah ſich den Fremden daraufhin
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/188>, abgerufen am 05.12.2024.
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