Kapitals gehen. Wenn der Onkel es aber zum äußersten treibe, dann sei das Gut verloren und damit auch seine For¬ derung.
Gustav hatte sich das, was er sagen wollte, vorher wohl überlegt. Aber, wie das so geht, er sagte schließlich ganz andere Dinge und brauchte ganz andere Wendung, als er be¬ absichtigt. Die Ruhe der beiden, die ihn nicht mit einem Worte unterbrachen, warf ihm seinen ganzen Entwurf über den Haufen. Er hatte sich vorgenommen, mit Begeisterung zu sprechen, hatte den Onkel mit warmen Worten an das Familieninteresse mahnen wollen. Sollte denn dieses Gut, das so lange im Besitze der Familie gewesen, unter dem Hammer weggehen? Sollte der Bauer, als alter Mann, von Haus und Hof getrieben werden, und mit seinem grauen Haar auf das Almosen der Gemeinde angewiesen sein? Das könne doch der Onkel nie und nimmer verantworten! Das werde er doch nicht mit ansehen wollen! Das sei man doch der Familie schuldig, solche Schmach zu verhindern! er habe ja doch eine Tochter aus dem Büttnerschen Gute zur Frau ge¬ habt; um des Andenkens der Verstorbenen willen, möge er doch seine Hülfe nicht versagen! -- So etwa hatte der junge Mann zu seinem Verwandten sprechen wollen.
Aber, er fühlte es, diesen Rattengesichtern gegenüber, mit ihrer lauernden Bosheit, war jede Begeisterung weggeworfen. Durch jedes wärmere Wort mußte er sich lächerlich machen. Er merkte, wie er immer unsicherer wurde, und wie der Wider¬ willen gegen das was er sagte, ihm zum Halse stieg. Was hatten denn diese beiden da in einem fort zu nicken, zu winken und mit den Augen zu zwinkern. Einer genau, wie der andere, als bestände eine geheime Verbindung zwischen Vater und Sohn, als verständen sie ihre Gedanken, ohne einander anzusehen. Sie belustigten sich wohl gar über ihn? Alles was er hier vorbrachte, diente am Ende nur ihrer anmaßenden Schaden¬ freude zur willkommenen Nahrung!
Ziemlich unvermittelt fragte Gustav auf einmal: was der Onkel eigentlich bezwecke mit seiner Kündigung? Ob er es
Kapitals gehen. Wenn der Onkel es aber zum äußerſten treibe, dann ſei das Gut verloren und damit auch ſeine For¬ derung.
Guſtav hatte ſich das, was er ſagen wollte, vorher wohl überlegt. Aber, wie das ſo geht, er ſagte ſchließlich ganz andere Dinge und brauchte ganz andere Wendung, als er be¬ abſichtigt. Die Ruhe der beiden, die ihn nicht mit einem Worte unterbrachen, warf ihm ſeinen ganzen Entwurf über den Haufen. Er hatte ſich vorgenommen, mit Begeiſterung zu ſprechen, hatte den Onkel mit warmen Worten an das Familienintereſſe mahnen wollen. Sollte denn dieſes Gut, das ſo lange im Beſitze der Familie geweſen, unter dem Hammer weggehen? Sollte der Bauer, als alter Mann, von Haus und Hof getrieben werden, und mit ſeinem grauen Haar auf das Almoſen der Gemeinde angewieſen ſein? Das könne doch der Onkel nie und nimmer verantworten! Das werde er doch nicht mit anſehen wollen! Das ſei man doch der Familie ſchuldig, ſolche Schmach zu verhindern! er habe ja doch eine Tochter aus dem Büttnerſchen Gute zur Frau ge¬ habt; um des Andenkens der Verſtorbenen willen, möge er doch ſeine Hülfe nicht verſagen! — So etwa hatte der junge Mann zu ſeinem Verwandten ſprechen wollen.
Aber, er fühlte es, dieſen Rattengeſichtern gegenüber, mit ihrer lauernden Bosheit, war jede Begeiſterung weggeworfen. Durch jedes wärmere Wort mußte er ſich lächerlich machen. Er merkte, wie er immer unſicherer wurde, und wie der Wider¬ willen gegen das was er ſagte, ihm zum Halſe ſtieg. Was hatten denn dieſe beiden da in einem fort zu nicken, zu winken und mit den Augen zu zwinkern. Einer genau, wie der andere, als beſtände eine geheime Verbindung zwiſchen Vater und Sohn, als verſtänden ſie ihre Gedanken, ohne einander anzuſehen. Sie beluſtigten ſich wohl gar über ihn? Alles was er hier vorbrachte, diente am Ende nur ihrer anmaßenden Schaden¬ freude zur willkommenen Nahrung!
Ziemlich unvermittelt fragte Guſtav auf einmal: was der Onkel eigentlich bezwecke mit ſeiner Kündigung? Ob er es
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Kapitals gehen. Wenn der Onkel es aber zum äußerſten
treibe, dann ſei das Gut verloren und damit auch ſeine For¬
derung.
Guſtav hatte ſich das, was er ſagen wollte, vorher wohl
überlegt. Aber, wie das ſo geht, er ſagte ſchließlich ganz
andere Dinge und brauchte ganz andere Wendung, als er be¬
abſichtigt. Die Ruhe der beiden, die ihn nicht mit einem
Worte unterbrachen, warf ihm ſeinen ganzen Entwurf über
den Haufen. Er hatte ſich vorgenommen, mit Begeiſterung
zu ſprechen, hatte den Onkel mit warmen Worten an das
Familienintereſſe mahnen wollen. Sollte denn dieſes Gut,
das ſo lange im Beſitze der Familie geweſen, unter dem
Hammer weggehen? Sollte der Bauer, als alter Mann, von
Haus und Hof getrieben werden, und mit ſeinem grauen Haar
auf das Almoſen der Gemeinde angewieſen ſein? Das könne
doch der Onkel nie und nimmer verantworten! Das werde
er doch nicht mit anſehen wollen! Das ſei man doch der
Familie ſchuldig, ſolche Schmach zu verhindern! er habe ja
doch eine Tochter aus dem Büttnerſchen Gute zur Frau ge¬
habt; um des Andenkens der Verſtorbenen willen, möge er
doch ſeine Hülfe nicht verſagen! — So etwa hatte der junge
Mann zu ſeinem Verwandten ſprechen wollen.
Aber, er fühlte es, dieſen Rattengeſichtern gegenüber, mit
ihrer lauernden Bosheit, war jede Begeiſterung weggeworfen.
Durch jedes wärmere Wort mußte er ſich lächerlich machen.
Er merkte, wie er immer unſicherer wurde, und wie der Wider¬
willen gegen das was er ſagte, ihm zum Halſe ſtieg. Was
hatten denn dieſe beiden da in einem fort zu nicken, zu winken
und mit den Augen zu zwinkern. Einer genau, wie der andere,
als beſtände eine geheime Verbindung zwiſchen Vater und Sohn,
als verſtänden ſie ihre Gedanken, ohne einander anzuſehen.
Sie beluſtigten ſich wohl gar über ihn? Alles was er hier
vorbrachte, diente am Ende nur ihrer anmaßenden Schaden¬
freude zur willkommenen Nahrung!
Ziemlich unvermittelt fragte Guſtav auf einmal: was der
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/184>, abgerufen am 30.11.2024.
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