ohne daß man genau feststellen konnte, worin seine ,Arbeit' eigentlich bestand. Man pflegte ihn bei Häuser- und Güter¬ ankäufen als Strohmann zu verwenden, bei Zwangsversteige¬ rungen trat er als Bieter auf. Wenn ein Kleinkaufmann, oder Handwerker in ,momentaner Verlegenheit' war, erschien er als Helfer in der Not. Er war jederzeit bereit, Wechsel zu dis¬ kontieren, und Geldsuchenden Darlehen von Dritten zu ver¬ schaffen, vorausgesetzt, daß der Darlehnssuchende etwas ,opferte' womit er seine Provision meinte, die niemals gering bemessen war. Er reiste für allerhand Häuser, deren Firma nicht einge¬ tragen war, und trat als Generalbevollmächtigter von Konsortien auf, die nicht genannt werden durften, weil sie sich noch im ,Entwickelungsstadium' befanden. Er hatte jederzeit mindestens ein halbes Dutzend ,feiner Geschäfte' an der Hand; kurz, er war alles in allem ein äußerst brauchbarer, praktischer, ,smarter', junger Mann, in vielen Sätteln gerecht, mit den Gesetzen und der Gerichtspraxis vertraut. Mit Vorliebe legte er sich den Titel "Kommissionär" bei.
Edmund Schmeiß also trat um die Mittagsstunde in die Büttnersche Wohnstube. Er fand die Familie bei Tisch. Er meinte im Eintreten, man möge um seinetwillen keine Um¬ stände machen. Er selbst machte allerdings auch keine, das mußte man sagen! Ohne Umschweife auf sein Ziel losgehend, fragte er den alten Bauern, in Gegenwart der Seinen, ob er gewillt sei, das heute fällig gewordene Accept zu decken.
Sie waren alle aufgestanden. Erstaunt und bestürzt blickten sie auf den fremden Eindringling, der sich so unbe¬ fangen geberdete. Der alte Mann brauchte einige Zeit, ehe er die Antwort fand: er habe in dieser Sache doch nur mit Herrn Harrassowitz zu thun.
"Ach was, Harrassowitz!" rief Edmund Schmeiß. "Ich bin jetzt derjenige welcher! an mich haben Sie zu zahlen. Bitte sich überzeugen zu wollen! Hier das Indossement!"
Der junge Mann hielt dem Bauern das Papier hin, und hieß ihn, die Rückseite beachten.
Der Bauer sah, daß dort was geschrieben stand, ein Name,
ohne daß man genau feſtſtellen konnte, worin ſeine ‚Arbeit‘ eigentlich beſtand. Man pflegte ihn bei Häuſer- und Güter¬ ankäufen als Strohmann zu verwenden, bei Zwangsverſteige¬ rungen trat er als Bieter auf. Wenn ein Kleinkaufmann, oder Handwerker in ‚momentaner Verlegenheit‘ war, erſchien er als Helfer in der Not. Er war jederzeit bereit, Wechſel zu dis¬ kontieren, und Geldſuchenden Darlehen von Dritten zu ver¬ ſchaffen, vorausgeſetzt, daß der Darlehnsſuchende etwas ‚opferte‘ womit er ſeine Proviſion meinte, die niemals gering bemeſſen war. Er reiſte für allerhand Häuſer, deren Firma nicht einge¬ tragen war, und trat als Generalbevollmächtigter von Konſortien auf, die nicht genannt werden durften, weil ſie ſich noch im ‚Entwickelungsſtadium‘ befanden. Er hatte jederzeit mindeſtens ein halbes Dutzend ‚feiner Geſchäfte‘ an der Hand; kurz, er war alles in allem ein äußerſt brauchbarer, praktiſcher, ‚ſmarter‘, junger Mann, in vielen Sätteln gerecht, mit den Geſetzen und der Gerichtspraxis vertraut. Mit Vorliebe legte er ſich den Titel „Kommiſſionär“ bei.
Edmund Schmeiß alſo trat um die Mittagsſtunde in die Büttnerſche Wohnſtube. Er fand die Familie bei Tiſch. Er meinte im Eintreten, man möge um ſeinetwillen keine Um¬ ſtände machen. Er ſelbſt machte allerdings auch keine, das mußte man ſagen! Ohne Umſchweife auf ſein Ziel losgehend, fragte er den alten Bauern, in Gegenwart der Seinen, ob er gewillt ſei, das heute fällig gewordene Accept zu decken.
Sie waren alle aufgeſtanden. Erſtaunt und beſtürzt blickten ſie auf den fremden Eindringling, der ſich ſo unbe¬ fangen geberdete. Der alte Mann brauchte einige Zeit, ehe er die Antwort fand: er habe in dieſer Sache doch nur mit Herrn Harraſſowitz zu thun.
„Ach was, Harraſſowitz!“ rief Edmund Schmeiß. „Ich bin jetzt derjenige welcher! an mich haben Sie zu zahlen. Bitte ſich überzeugen zu wollen! Hier das Indoſſement!“
Der junge Mann hielt dem Bauern das Papier hin, und hieß ihn, die Rückſeite beachten.
Der Bauer ſah, daß dort was geſchrieben ſtand, ein Name,
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ohne daß man genau feſtſtellen konnte, worin ſeine ‚Arbeit‘
eigentlich beſtand. Man pflegte ihn bei Häuſer- und Güter¬
ankäufen als Strohmann zu verwenden, bei Zwangsverſteige¬
rungen trat er als Bieter auf. Wenn ein Kleinkaufmann, oder
Handwerker in ‚momentaner Verlegenheit‘ war, erſchien er als
Helfer in der Not. Er war jederzeit bereit, Wechſel zu dis¬
kontieren, und Geldſuchenden Darlehen von Dritten zu ver¬
ſchaffen, vorausgeſetzt, daß der Darlehnsſuchende etwas ‚opferte‘
womit er ſeine Proviſion meinte, die niemals gering bemeſſen
war. Er reiſte für allerhand Häuſer, deren Firma nicht einge¬
tragen war, und trat als Generalbevollmächtigter von Konſortien
auf, die nicht genannt werden durften, weil ſie ſich noch im
‚Entwickelungsſtadium‘ befanden. Er hatte jederzeit mindeſtens
ein halbes Dutzend ‚feiner Geſchäfte‘ an der Hand; kurz, er war
alles in allem ein äußerſt brauchbarer, praktiſcher, ‚ſmarter‘,
junger Mann, in vielen Sätteln gerecht, mit den Geſetzen und
der Gerichtspraxis vertraut. Mit Vorliebe legte er ſich den
Titel „Kommiſſionär“ bei.
Edmund Schmeiß alſo trat um die Mittagsſtunde in
die Büttnerſche Wohnſtube. Er fand die Familie bei Tiſch.
Er meinte im Eintreten, man möge um ſeinetwillen keine Um¬
ſtände machen. Er ſelbſt machte allerdings auch keine, das
mußte man ſagen! Ohne Umſchweife auf ſein Ziel losgehend,
fragte er den alten Bauern, in Gegenwart der Seinen, ob er
gewillt ſei, das heute fällig gewordene Accept zu decken.
Sie waren alle aufgeſtanden. Erſtaunt und beſtürzt
blickten ſie auf den fremden Eindringling, der ſich ſo unbe¬
fangen geberdete. Der alte Mann brauchte einige Zeit, ehe er
die Antwort fand: er habe in dieſer Sache doch nur mit Herrn
Harraſſowitz zu thun.
„Ach was, Harraſſowitz!“ rief Edmund Schmeiß. „Ich bin
jetzt derjenige welcher! an mich haben Sie zu zahlen. Bitte ſich
überzeugen zu wollen! Hier das Indoſſement!“
Der junge Mann hielt dem Bauern das Papier hin, und
hieß ihn, die Rückſeite beachten.
Der Bauer ſah, daß dort was geſchrieben ſtand, ein Name,
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Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/141>, abgerufen am 03.12.2024.
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