Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.heit genommen. Die kleine Ernestine dagegen betrachtete die Ge¬ Trotz ihrer Befangenheit hatte Pauline, mit dem jeder Da niemand sie aufforderte, sich zu setzen, blieb Pauline Das Mädchen hatte die ganze Zeit über die linke Hand Die Einleitung wurde mit Kühle aufgenommen von den "Und er würde och bald nach Hause kommen," fuhr "Uf de Kirmeß! Wenn se'n Urlaub gahn!" meinte die "Ne, ne! Er wird ganz nach Halbenau kommen." "Gustav! derhemde?" "Er schreibt mir's dohie!" Damit zog sie die Hand "Dos wäre. Gustav vun Suldaten wag!" "Er hat sich zu sehre ärgern missen mit seinem Wacht¬ heit genommen. Die kleine Erneſtine dagegen betrachtete die Ge¬ Trotz ihrer Befangenheit hatte Pauline, mit dem jeder Da niemand ſie aufforderte, ſich zu ſetzen, blieb Pauline Das Mädchen hatte die ganze Zeit über die linke Hand Die Einleitung wurde mit Kühle aufgenommen von den „Und er würde och bald nach Hauſe kommen,“ fuhr „Uf de Kirmeß! Wenn ſe'n Urlaub gahn!“ meinte die „Ne, ne! Er wird ganz nach Halbenau kommen.“ „Guſtav! derhemde?“ „Er ſchreibt mir's dohie!“ Damit zog ſie die Hand „Dos wäre. Guſtav vun Suldaten wag!“ „Er hat ſich zu ſehre ärgern miſſen mit ſeinem Wacht¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0122" n="108"/> heit genommen. Die kleine Erneſtine dagegen betrachtete die Ge¬<lb/> liebte des Bruders halb mit Spott, halb mit frühreifer Neugier.</p><lb/> <p>Trotz ihrer Befangenheit hatte Pauline, mit dem jeder<lb/> wiſſenden Frau in ſolchen Dingen eigenen ſchnellen Begriffs¬<lb/> vermögen, ſofort feſtgeſtellt, daß das Dorfgerücht wahr ſei,<lb/> welches behauptete, Büttners Älteſte ſei guter Hoffnung. Pauline<lb/> kümmerte ſich eigentlich wenig um den Dorfklatſch — ſie ging<lb/> nicht mehr zum Tanz, ſeit ſie den Jungen hatte — aber Nach¬<lb/> barn und Freunde hinterbrachten ihr doch dieſes und jenes.<lb/> So war ſchließlich auch dieſe Neuigkeit zu ihr gedrungen.</p><lb/> <p>Da niemand ſie aufforderte, ſich zu ſetzen, blieb Pauline<lb/> ſtehen. Man wartete darauf, daß ſie etwas ſagen ſolle, denn,<lb/> daß ſie ohne beſtimmten Zweck hierher gekommen ſei, wurde<lb/> nicht angenommen.</p><lb/> <p>Das Mädchen hatte die ganze Zeit über die linke Hand<lb/> unter der Schürze gehalten. Sie hatte dort Guſtavs Brief,<lb/> den ſie vorlegen wollte, falls man ihr etwa nicht glauben ſollte.<lb/> Schließlich mußte ſie ſich entſchließen, zu ſprechen. Sie begann<lb/> mit gedämpfter Stimme, ohne jemanden dabei anzuſehen: „Ich<lb/> komme, und ich ſoll och einen ſchönen Gruß ausrichten von<lb/> Guſtaven an Euch alle.“</p><lb/> <p>Die Einleitung wurde mit Kühle aufgenommen von den<lb/> andern Frauen.</p><lb/> <p>„Und er würde och bald nach Hauſe kommen,“ fuhr<lb/> Pauline fort.</p><lb/> <p>„Uf de Kirmeß! Wenn ſe'n Urlaub gahn!“ meinte die<lb/> Bäuerin.</p><lb/> <p>„Ne, ne! Er wird ganz nach Halbenau kommen.“</p><lb/> <p>„Guſtav! derhemde?“</p><lb/> <p>„Er ſchreibt mir's dohie!“ Damit zog ſie die Hand<lb/> unter der Schürze vor und hielt triumphierend den Brief in<lb/> die Höhe. „Er hat mer's geſchrieben.“</p><lb/> <p>„Dos wäre. Guſtav vun Suldaten wag!“</p><lb/> <p>„Er hat ſich zu ſehre ärgern miſſen mit ſeinem Wacht¬<lb/> meiſter. Er will niſcht nichmehr wiſſen vom Soldatenleben.<lb/> Nach'n Manöver will 'r nach Halbenau kommen.“<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0122]
heit genommen. Die kleine Erneſtine dagegen betrachtete die Ge¬
liebte des Bruders halb mit Spott, halb mit frühreifer Neugier.
Trotz ihrer Befangenheit hatte Pauline, mit dem jeder
wiſſenden Frau in ſolchen Dingen eigenen ſchnellen Begriffs¬
vermögen, ſofort feſtgeſtellt, daß das Dorfgerücht wahr ſei,
welches behauptete, Büttners Älteſte ſei guter Hoffnung. Pauline
kümmerte ſich eigentlich wenig um den Dorfklatſch — ſie ging
nicht mehr zum Tanz, ſeit ſie den Jungen hatte — aber Nach¬
barn und Freunde hinterbrachten ihr doch dieſes und jenes.
So war ſchließlich auch dieſe Neuigkeit zu ihr gedrungen.
Da niemand ſie aufforderte, ſich zu ſetzen, blieb Pauline
ſtehen. Man wartete darauf, daß ſie etwas ſagen ſolle, denn,
daß ſie ohne beſtimmten Zweck hierher gekommen ſei, wurde
nicht angenommen.
Das Mädchen hatte die ganze Zeit über die linke Hand
unter der Schürze gehalten. Sie hatte dort Guſtavs Brief,
den ſie vorlegen wollte, falls man ihr etwa nicht glauben ſollte.
Schließlich mußte ſie ſich entſchließen, zu ſprechen. Sie begann
mit gedämpfter Stimme, ohne jemanden dabei anzuſehen: „Ich
komme, und ich ſoll och einen ſchönen Gruß ausrichten von
Guſtaven an Euch alle.“
Die Einleitung wurde mit Kühle aufgenommen von den
andern Frauen.
„Und er würde och bald nach Hauſe kommen,“ fuhr
Pauline fort.
„Uf de Kirmeß! Wenn ſe'n Urlaub gahn!“ meinte die
Bäuerin.
„Ne, ne! Er wird ganz nach Halbenau kommen.“
„Guſtav! derhemde?“
„Er ſchreibt mir's dohie!“ Damit zog ſie die Hand
unter der Schürze vor und hielt triumphierend den Brief in
die Höhe. „Er hat mer's geſchrieben.“
„Dos wäre. Guſtav vun Suldaten wag!“
„Er hat ſich zu ſehre ärgern miſſen mit ſeinem Wacht¬
meiſter. Er will niſcht nichmehr wiſſen vom Soldatenleben.
Nach'n Manöver will 'r nach Halbenau kommen.“
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