Tragen wir dies über auf die teutsche Sprache; ppo_084.002 so giebt es, den Ueberschriften nach, bereits Oden ppo_084.003 unter den dichterischen Erzeugnissen mehrerer Dichter ppo_084.004 des siebenzehnten Jahrhunderts; denn Opitz, Flemming, ppo_084.005 Tscherning, Günther u. a. haben einzelne ppo_084.006 Gedichte mit diesem Namen belegt. Allein ppo_084.007 halten wir den innern ästhetischen Charakter dieser ppo_084.008 ältern sogenannten Oden an den aufgestellten Maasstab; ppo_084.009 so hat die teutsche Literatur vor Albrecht v. ppo_084.010 Haller keinen eigentlichen Odendichter. Desto reicher ppo_084.011 ist aber ihre Zahl seit J. Andr. Cramer, ppo_084.012 Klopstock, v. Cronegk, v. Gerstenberg u. a. ppo_084.013 diese dichterische Form anbauten. -- Der wesentliche ppo_084.014 Grund, daß bei den ältern teutschen Dichtern ppo_084.015 keine Oden in dem Sinne der Classiker späterer Zeit ppo_084.016 getroffen werden, liegt darin, daß keine Sprache ppo_084.017 gediegene Oden- und Hymnen-Dichter aufstellen kann, ppo_084.018 bevor nicht die Philosophie, und namentlich die ppo_084.019 Metaphysik, bei dem Volke, das diese Sprache ppo_084.020 spricht, bedeutende Fortschritte gemacht hat. Denn ppo_084.021 erst wenn der philosophische Geist in das Gebiet der ppo_084.022 übersinnlichen Welt einzudringen, und über die höchsten ppo_084.023 Jdeen der Vernunft -- über Daseyn überhaupt, ppo_084.024 über Seele, Welt und Gott, und über alles, ppo_084.025 was mit diesen Jdeen zusammenhängt -- sich zu ppo_084.026 verständigen gesucht hat, wie es bei den Teutschen ppo_084.027 in der Zeit der weitern Verbreitung der Leibnitz- ppo_084.028 Wolfischen Philosophie der Fall war; erst dann ppo_084.029 kann auch von dieser höhern und lebendigern philosophischen ppo_084.030 Forschung eine freiere Beziehung auf die ppo_084.031 Behandlung idealischer Stoffe von den Dichtern ppo_084.032 und auf die kräftigere Farbengebung derselben in ppo_084.033 der Ode und Hymne übergehen. Daß dem so sey, ppo_084.034 erhellt sogar geschichtlich daraus, daß nur diejenigen
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Tragen wir dies über auf die teutsche Sprache; ppo_084.002 so giebt es, den Ueberschriften nach, bereits Oden ppo_084.003 unter den dichterischen Erzeugnissen mehrerer Dichter ppo_084.004 des siebenzehnten Jahrhunderts; denn Opitz, Flemming, ppo_084.005 Tscherning, Günther u. a. haben einzelne ppo_084.006 Gedichte mit diesem Namen belegt. Allein ppo_084.007 halten wir den innern ästhetischen Charakter dieser ppo_084.008 ältern sogenannten Oden an den aufgestellten Maasstab; ppo_084.009 so hat die teutsche Literatur vor Albrecht v. ppo_084.010 Haller keinen eigentlichen Odendichter. Desto reicher ppo_084.011 ist aber ihre Zahl seit J. Andr. Cramer, ppo_084.012 Klopstock, v. Cronegk, v. Gerstenberg u. a. ppo_084.013 diese dichterische Form anbauten. — Der wesentliche ppo_084.014 Grund, daß bei den ältern teutschen Dichtern ppo_084.015 keine Oden in dem Sinne der Classiker späterer Zeit ppo_084.016 getroffen werden, liegt darin, daß keine Sprache ppo_084.017 gediegene Oden- und Hymnen-Dichter aufstellen kann, ppo_084.018 bevor nicht die Philosophie, und namentlich die ppo_084.019 Metaphysik, bei dem Volke, das diese Sprache ppo_084.020 spricht, bedeutende Fortschritte gemacht hat. Denn ppo_084.021 erst wenn der philosophische Geist in das Gebiet der ppo_084.022 übersinnlichen Welt einzudringen, und über die höchsten ppo_084.023 Jdeen der Vernunft — über Daseyn überhaupt, ppo_084.024 über Seele, Welt und Gott, und über alles, ppo_084.025 was mit diesen Jdeen zusammenhängt — sich zu ppo_084.026 verständigen gesucht hat, wie es bei den Teutschen ppo_084.027 in der Zeit der weitern Verbreitung der Leibnitz- ppo_084.028 Wolfischen Philosophie der Fall war; erst dann ppo_084.029 kann auch von dieser höhern und lebendigern philosophischen ppo_084.030 Forschung eine freiere Beziehung auf die ppo_084.031 Behandlung idealischer Stoffe von den Dichtern ppo_084.032 und auf die kräftigere Farbengebung derselben in ppo_084.033 der Ode und Hymne übergehen. Daß dem so sey, ppo_084.034 erhellt sogar geschichtlich daraus, daß nur diejenigen
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Tragen wir dies über auf die teutsche Sprache; ppo_084.002
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Gedichte mit diesem Namen belegt. Allein ppo_084.007
halten wir den innern ästhetischen Charakter dieser ppo_084.008
ältern sogenannten Oden an den aufgestellten Maasstab; ppo_084.009
so hat die teutsche Literatur vor Albrecht v. ppo_084.010
Haller keinen eigentlichen Odendichter. Desto reicher ppo_084.011
ist aber ihre Zahl seit J. Andr. Cramer, ppo_084.012
Klopstock, v. Cronegk, v. Gerstenberg u. a. ppo_084.013
diese dichterische Form anbauten. — Der wesentliche ppo_084.014
Grund, daß bei den ältern teutschen Dichtern ppo_084.015
keine Oden in dem Sinne der Classiker späterer Zeit ppo_084.016
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gediegene Oden- und Hymnen-Dichter aufstellen kann, ppo_084.018
bevor nicht die Philosophie, und namentlich die ppo_084.019
Metaphysik, bei dem Volke, das diese Sprache ppo_084.020
spricht, bedeutende Fortschritte gemacht hat. Denn ppo_084.021
erst wenn der philosophische Geist in das Gebiet der ppo_084.022
übersinnlichen Welt einzudringen, und über die höchsten ppo_084.023
Jdeen der Vernunft — über Daseyn überhaupt, ppo_084.024
über Seele, Welt und Gott, und über alles, ppo_084.025
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in der Zeit der weitern Verbreitung der Leibnitz- ppo_084.028
Wolfischen Philosophie der Fall war; erst dann ppo_084.029
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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/96>, abgerufen am 13.10.2024.
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