ppo_083.001 Kühne, das Edle, Würdevolle und Große, besonders ppo_083.002 aber das Erhabene und Feierliche, gehören unmittelbar ppo_083.003 in den Umkreis der Ode, wenn sie eine ppo_083.004 hohe Wirkung auf Gefühlsvermögen und Einbildungskraft ppo_083.005 hervorbringen soll; doch wird das Unerwartete, ppo_083.006 das Pathetische, das Feierliche, selbst das ppo_083.007 Wunderbare nicht ganz von ihr ausgeschlossen.
ppo_083.008
Wenn übrigens die Ode, in Hinsicht der übrigen ppo_083.009 Formen der lyrischen Dichtkunst, von dem Liede ppo_083.010 durch Stoff und Stärke des Tones, und besonders ppo_083.011 durch das in ihr ausgedrückte gemischte Gefühl ppo_083.012 der Lust und Unlust sich unterscheidet; so hat sie ppo_083.013 zwar mit der Elegie diese Darstellung der gemischten ppo_083.014 Gefühle gemein, erhebt sich aber durch die höhere ppo_083.015 Stärke und Kraft des Ausdruckes über dieselbe. ppo_083.016 Von der Hymne, mit der sie am nächsten verwandt ppo_083.017 und die, streng genommen, nur eine Untergattung ppo_083.018 der Ode ist, unterscheidet sie sich dadurch, daß die ppo_083.019 Ode jeden als unendlich gedachten Gegenstand versinnlichen ppo_083.020 kann, der Gegenstand der Hymne aber ppo_083.021 ein als göttlich dargestelltes Wesen ist. Denn wenn ppo_083.022 einige Theoretiker der Hymne, im Gegensatze der Ode, ppo_083.023 einen stärkern lyrischen Ausdruck beilegen wollen; ppo_083.024 so widerstreitet die Praxis dieser Lehre, weil es ppo_083.025 Oden giebt, welche viele Hymnen an Kraft des ppo_083.026 dichterischen Tones übertreffen, während allerdings ppo_083.027 auch Hymnen vorhanden sind, die im höhern lyrischen ppo_083.028 Ergusse dahin rauschen, als mehrere Oden. ppo_083.029 Nur selten wird, bei Ode, Hymne und Dithyrambe, ppo_083.030 die Stärke und Fülle des dichterischen Tones ppo_083.031 von dem gewählten Stoffe, in den meisten Fällen ppo_083.032 von der Judividualität und dem innern Feuer des ppo_083.033 Gefühlsvermögens und der Einbildungskraft des ppo_083.034 Dichters abhängen.
ppo_083.001 Kühne, das Edle, Würdevolle und Große, besonders ppo_083.002 aber das Erhabene und Feierliche, gehören unmittelbar ppo_083.003 in den Umkreis der Ode, wenn sie eine ppo_083.004 hohe Wirkung auf Gefühlsvermögen und Einbildungskraft ppo_083.005 hervorbringen soll; doch wird das Unerwartete, ppo_083.006 das Pathetische, das Feierliche, selbst das ppo_083.007 Wunderbare nicht ganz von ihr ausgeschlossen.
ppo_083.008
Wenn übrigens die Ode, in Hinsicht der übrigen ppo_083.009 Formen der lyrischen Dichtkunst, von dem Liede ppo_083.010 durch Stoff und Stärke des Tones, und besonders ppo_083.011 durch das in ihr ausgedrückte gemischte Gefühl ppo_083.012 der Lust und Unlust sich unterscheidet; so hat sie ppo_083.013 zwar mit der Elegie diese Darstellung der gemischten ppo_083.014 Gefühle gemein, erhebt sich aber durch die höhere ppo_083.015 Stärke und Kraft des Ausdruckes über dieselbe. ppo_083.016 Von der Hymne, mit der sie am nächsten verwandt ppo_083.017 und die, streng genommen, nur eine Untergattung ppo_083.018 der Ode ist, unterscheidet sie sich dadurch, daß die ppo_083.019 Ode jeden als unendlich gedachten Gegenstand versinnlichen ppo_083.020 kann, der Gegenstand der Hymne aber ppo_083.021 ein als göttlich dargestelltes Wesen ist. Denn wenn ppo_083.022 einige Theoretiker der Hymne, im Gegensatze der Ode, ppo_083.023 einen stärkern lyrischen Ausdruck beilegen wollen; ppo_083.024 so widerstreitet die Praxis dieser Lehre, weil es ppo_083.025 Oden giebt, welche viele Hymnen an Kraft des ppo_083.026 dichterischen Tones übertreffen, während allerdings ppo_083.027 auch Hymnen vorhanden sind, die im höhern lyrischen ppo_083.028 Ergusse dahin rauschen, als mehrere Oden. ppo_083.029 Nur selten wird, bei Ode, Hymne und Dithyrambe, ppo_083.030 die Stärke und Fülle des dichterischen Tones ppo_083.031 von dem gewählten Stoffe, in den meisten Fällen ppo_083.032 von der Judividualität und dem innern Feuer des ppo_083.033 Gefühlsvermögens und der Einbildungskraft des ppo_083.034 Dichters abhängen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0095"n="83"/><lbn="ppo_083.001"/>Kühne, das Edle, Würdevolle und Große, besonders <lbn="ppo_083.002"/>aber das Erhabene und Feierliche, gehören unmittelbar <lbn="ppo_083.003"/>in den Umkreis der Ode, wenn sie eine <lbn="ppo_083.004"/>hohe Wirkung auf Gefühlsvermögen und Einbildungskraft <lbn="ppo_083.005"/>hervorbringen soll; doch wird das Unerwartete, <lbn="ppo_083.006"/>das Pathetische, das Feierliche, selbst das <lbn="ppo_083.007"/>Wunderbare nicht ganz von ihr ausgeschlossen.</p><lbn="ppo_083.008"/><p> Wenn übrigens die Ode, in Hinsicht der übrigen <lbn="ppo_083.009"/>Formen der lyrischen Dichtkunst, von dem Liede <lbn="ppo_083.010"/>durch Stoff und Stärke des Tones, und besonders <lbn="ppo_083.011"/>durch das in ihr ausgedrückte <hirendition="#g">gemischte</hi> Gefühl <lbn="ppo_083.012"/>der Lust und Unlust sich unterscheidet; so hat sie <lbn="ppo_083.013"/>zwar mit der Elegie diese Darstellung der gemischten <lbn="ppo_083.014"/>Gefühle gemein, erhebt sich aber durch die höhere <lbn="ppo_083.015"/>Stärke und Kraft des Ausdruckes über dieselbe. <lbn="ppo_083.016"/>Von der Hymne, mit der sie am nächsten verwandt <lbn="ppo_083.017"/>und die, streng genommen, nur eine Untergattung <lbn="ppo_083.018"/>der Ode ist, unterscheidet sie sich dadurch, daß die <lbn="ppo_083.019"/>Ode <hirendition="#g">jeden</hi> als unendlich gedachten Gegenstand versinnlichen <lbn="ppo_083.020"/>kann, der Gegenstand der Hymne aber <lbn="ppo_083.021"/>ein als göttlich dargestelltes Wesen ist. Denn wenn <lbn="ppo_083.022"/>einige Theoretiker der Hymne, im Gegensatze der Ode, <lbn="ppo_083.023"/>einen stärkern lyrischen Ausdruck <hirendition="#g">beilegen</hi> wollen; <lbn="ppo_083.024"/>so widerstreitet die Praxis dieser Lehre, weil es <lbn="ppo_083.025"/>Oden giebt, welche viele Hymnen an Kraft des <lbn="ppo_083.026"/>dichterischen Tones übertreffen, während allerdings <lbn="ppo_083.027"/>auch Hymnen vorhanden sind, die im höhern lyrischen <lbn="ppo_083.028"/>Ergusse dahin rauschen, als mehrere Oden. <lbn="ppo_083.029"/>Nur selten wird, bei Ode, Hymne und Dithyrambe, <lbn="ppo_083.030"/>die Stärke und Fülle des dichterischen Tones <lbn="ppo_083.031"/>von dem gewählten Stoffe, in den meisten Fällen <lbn="ppo_083.032"/>von der Judividualität und dem innern Feuer des <lbn="ppo_083.033"/>Gefühlsvermögens und der Einbildungskraft des <lbn="ppo_083.034"/>Dichters abhängen.</p></div></div></body></text></TEI>
[83/0095]
ppo_083.001
Kühne, das Edle, Würdevolle und Große, besonders ppo_083.002
aber das Erhabene und Feierliche, gehören unmittelbar ppo_083.003
in den Umkreis der Ode, wenn sie eine ppo_083.004
hohe Wirkung auf Gefühlsvermögen und Einbildungskraft ppo_083.005
hervorbringen soll; doch wird das Unerwartete, ppo_083.006
das Pathetische, das Feierliche, selbst das ppo_083.007
Wunderbare nicht ganz von ihr ausgeschlossen.
ppo_083.008
Wenn übrigens die Ode, in Hinsicht der übrigen ppo_083.009
Formen der lyrischen Dichtkunst, von dem Liede ppo_083.010
durch Stoff und Stärke des Tones, und besonders ppo_083.011
durch das in ihr ausgedrückte gemischte Gefühl ppo_083.012
der Lust und Unlust sich unterscheidet; so hat sie ppo_083.013
zwar mit der Elegie diese Darstellung der gemischten ppo_083.014
Gefühle gemein, erhebt sich aber durch die höhere ppo_083.015
Stärke und Kraft des Ausdruckes über dieselbe. ppo_083.016
Von der Hymne, mit der sie am nächsten verwandt ppo_083.017
und die, streng genommen, nur eine Untergattung ppo_083.018
der Ode ist, unterscheidet sie sich dadurch, daß die ppo_083.019
Ode jeden als unendlich gedachten Gegenstand versinnlichen ppo_083.020
kann, der Gegenstand der Hymne aber ppo_083.021
ein als göttlich dargestelltes Wesen ist. Denn wenn ppo_083.022
einige Theoretiker der Hymne, im Gegensatze der Ode, ppo_083.023
einen stärkern lyrischen Ausdruck beilegen wollen; ppo_083.024
so widerstreitet die Praxis dieser Lehre, weil es ppo_083.025
Oden giebt, welche viele Hymnen an Kraft des ppo_083.026
dichterischen Tones übertreffen, während allerdings ppo_083.027
auch Hymnen vorhanden sind, die im höhern lyrischen ppo_083.028
Ergusse dahin rauschen, als mehrere Oden. ppo_083.029
Nur selten wird, bei Ode, Hymne und Dithyrambe, ppo_083.030
die Stärke und Fülle des dichterischen Tones ppo_083.031
von dem gewählten Stoffe, in den meisten Fällen ppo_083.032
von der Judividualität und dem innern Feuer des ppo_083.033
Gefühlsvermögens und der Einbildungskraft des ppo_083.034
Dichters abhängen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/95>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.