ppo_483.001 nur wenige, die wirklich das dichterische Gepräge ppo_483.002 an sich tragen, und unter der vollendeten Einheit ppo_483.003 einer ästhetischen Form sich ankündigen. Zu diesem ppo_483.004 ästhetischen Charakter des Romans darf übrigens ppo_483.005 Metrum und Reim nicht gerechnet werden, weil ppo_483.006 sonst alle Romane, die des Sylbenmaases und Reimes ppo_483.007 ermangeln, von dem Kreise dichterischer Formen ppo_483.008 ausgeschlossen werden müßten. Eben so wenig darf ppo_483.009 man den dichterischen Charakter des Romans nach ppo_483.010 den ältesten Formen desselben auf teutschem Boden ppo_483.011 bestimmen; denn diese waren, in der zweiten Hälfte ppo_483.012 und gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts, ppo_483.013 theils prosaische Umarbeitungen früherer epischer Gedichte; ppo_483.014 theils Darstellungen, die aus den Ereignissen ppo_483.015 der Zeit und des teutschen Volkes selbst hervorgingen; ppo_483.016 theils Erzählungen, die den unverkennbaren ppo_483.017 Stempel ihres ausländischen Ursprungs verrathen. ppo_483.018 Selbst die Behandlung der eigentlichen Geschichte ppo_483.019 war in jenen Zeiten nicht selten reichhaltig mit Mythen ppo_483.020 und Fabeln ausgestattet, so daß, unter diesen ppo_483.021 Verbrämungen, der unterscheidende Charakter zwischen ppo_483.022 Geschichte und Roman nicht streng festgehalten ppo_483.023 ward. Zu den ältesten romantischen Darstellungen ppo_483.024 in teutscher Sprache gehören die Melusine, die ppo_483.025 Magelone, und der Kaiser Octavianus, welche, ppo_483.026 mit Einschluß des Tristan, des Flos und der Blankeflos, ppo_483.027 und mehrerer andrer, im sechszehnten Jahrhunderte ppo_483.028 unter dem Titel: das Buch der Liebeppo_483.029 (zu Frankfurt am Main, 1587 in Folio) zusammengedruckt ppo_483.030 wurden. Eben so gehört zu den volksthümlichen ppo_483.031 Romanen des funfzehnten Jahrhunderts ppo_483.032 der Till Eulenspiegel, der wahrscheinlich zuerst ppo_483.033 niederteutsch geschrieben, dann aber ins Hochteutsche ppo_483.034 übersetzt, und vielfach bearbeitet ward. Noch entfernter
ppo_483.001 nur wenige, die wirklich das dichterische Gepräge ppo_483.002 an sich tragen, und unter der vollendeten Einheit ppo_483.003 einer ästhetischen Form sich ankündigen. Zu diesem ppo_483.004 ästhetischen Charakter des Romans darf übrigens ppo_483.005 Metrum und Reim nicht gerechnet werden, weil ppo_483.006 sonst alle Romane, die des Sylbenmaases und Reimes ppo_483.007 ermangeln, von dem Kreise dichterischer Formen ppo_483.008 ausgeschlossen werden müßten. Eben so wenig darf ppo_483.009 man den dichterischen Charakter des Romans nach ppo_483.010 den ältesten Formen desselben auf teutschem Boden ppo_483.011 bestimmen; denn diese waren, in der zweiten Hälfte ppo_483.012 und gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts, ppo_483.013 theils prosaische Umarbeitungen früherer epischer Gedichte; ppo_483.014 theils Darstellungen, die aus den Ereignissen ppo_483.015 der Zeit und des teutschen Volkes selbst hervorgingen; ppo_483.016 theils Erzählungen, die den unverkennbaren ppo_483.017 Stempel ihres ausländischen Ursprungs verrathen. ppo_483.018 Selbst die Behandlung der eigentlichen Geschichte ppo_483.019 war in jenen Zeiten nicht selten reichhaltig mit Mythen ppo_483.020 und Fabeln ausgestattet, so daß, unter diesen ppo_483.021 Verbrämungen, der unterscheidende Charakter zwischen ppo_483.022 Geschichte und Roman nicht streng festgehalten ppo_483.023 ward. Zu den ältesten romantischen Darstellungen ppo_483.024 in teutscher Sprache gehören die Melusine, die ppo_483.025 Magelone, und der Kaiser Octavianus, welche, ppo_483.026 mit Einschluß des Tristan, des Flos und der Blankeflos, ppo_483.027 und mehrerer andrer, im sechszehnten Jahrhunderte ppo_483.028 unter dem Titel: das Buch der Liebeppo_483.029 (zu Frankfurt am Main, 1587 in Folio) zusammengedruckt ppo_483.030 wurden. Eben so gehört zu den volksthümlichen ppo_483.031 Romanen des funfzehnten Jahrhunderts ppo_483.032 der Till Eulenspiegel, der wahrscheinlich zuerst ppo_483.033 niederteutsch geschrieben, dann aber ins Hochteutsche ppo_483.034 übersetzt, und vielfach bearbeitet ward. Noch entfernter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0495"n="483"/><lbn="ppo_483.001"/><hirendition="#g">nur wenige,</hi> die wirklich das dichterische Gepräge <lbn="ppo_483.002"/>an sich tragen, und unter der vollendeten Einheit <lbn="ppo_483.003"/>einer ästhetischen Form sich ankündigen. Zu diesem <lbn="ppo_483.004"/>ästhetischen Charakter des Romans darf übrigens <lbn="ppo_483.005"/>Metrum und Reim nicht gerechnet werden, weil <lbn="ppo_483.006"/>sonst alle Romane, die des Sylbenmaases und Reimes <lbn="ppo_483.007"/>ermangeln, von dem Kreise dichterischer Formen <lbn="ppo_483.008"/>ausgeschlossen werden müßten. Eben so wenig darf <lbn="ppo_483.009"/>man den dichterischen Charakter des Romans nach <lbn="ppo_483.010"/>den ältesten Formen desselben auf teutschem Boden <lbn="ppo_483.011"/>bestimmen; denn diese waren, in der zweiten Hälfte <lbn="ppo_483.012"/>und gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts, <lbn="ppo_483.013"/>theils prosaische Umarbeitungen früherer epischer Gedichte; <lbn="ppo_483.014"/>theils Darstellungen, die aus den Ereignissen <lbn="ppo_483.015"/>der Zeit und des teutschen Volkes selbst hervorgingen; <lbn="ppo_483.016"/>theils Erzählungen, die den unverkennbaren <lbn="ppo_483.017"/>Stempel ihres ausländischen Ursprungs verrathen. <lbn="ppo_483.018"/>Selbst die Behandlung der eigentlichen Geschichte <lbn="ppo_483.019"/>war in jenen Zeiten nicht selten reichhaltig mit Mythen <lbn="ppo_483.020"/>und Fabeln ausgestattet, so daß, unter diesen <lbn="ppo_483.021"/>Verbrämungen, der unterscheidende Charakter zwischen <lbn="ppo_483.022"/>Geschichte und Roman nicht streng festgehalten <lbn="ppo_483.023"/>ward. Zu den ältesten romantischen Darstellungen <lbn="ppo_483.024"/>in teutscher Sprache gehören die <hirendition="#g">Melusine,</hi> die <lbn="ppo_483.025"/><hirendition="#g">Magelone,</hi> und der <hirendition="#g">Kaiser Octavianus,</hi> welche, <lbn="ppo_483.026"/>mit Einschluß des Tristan, des Flos und der Blankeflos, <lbn="ppo_483.027"/>und mehrerer andrer, im sechszehnten Jahrhunderte <lbn="ppo_483.028"/>unter dem Titel: <hirendition="#g">das Buch der Liebe</hi><lbn="ppo_483.029"/>(zu Frankfurt am Main, 1587 in Folio) zusammengedruckt <lbn="ppo_483.030"/>wurden. Eben so gehört zu den volksthümlichen <lbn="ppo_483.031"/>Romanen des funfzehnten Jahrhunderts <lbn="ppo_483.032"/>der <hirendition="#g">Till Eulenspiegel,</hi> der wahrscheinlich zuerst <lbn="ppo_483.033"/>niederteutsch geschrieben, dann aber ins Hochteutsche <lbn="ppo_483.034"/>übersetzt, und vielfach bearbeitet ward. Noch entfernter
</p></div></div></body></text></TEI>
[483/0495]
ppo_483.001
nur wenige, die wirklich das dichterische Gepräge ppo_483.002
an sich tragen, und unter der vollendeten Einheit ppo_483.003
einer ästhetischen Form sich ankündigen. Zu diesem ppo_483.004
ästhetischen Charakter des Romans darf übrigens ppo_483.005
Metrum und Reim nicht gerechnet werden, weil ppo_483.006
sonst alle Romane, die des Sylbenmaases und Reimes ppo_483.007
ermangeln, von dem Kreise dichterischer Formen ppo_483.008
ausgeschlossen werden müßten. Eben so wenig darf ppo_483.009
man den dichterischen Charakter des Romans nach ppo_483.010
den ältesten Formen desselben auf teutschem Boden ppo_483.011
bestimmen; denn diese waren, in der zweiten Hälfte ppo_483.012
und gegen das Ende des funfzehnten Jahrhunderts, ppo_483.013
theils prosaische Umarbeitungen früherer epischer Gedichte; ppo_483.014
theils Darstellungen, die aus den Ereignissen ppo_483.015
der Zeit und des teutschen Volkes selbst hervorgingen; ppo_483.016
theils Erzählungen, die den unverkennbaren ppo_483.017
Stempel ihres ausländischen Ursprungs verrathen. ppo_483.018
Selbst die Behandlung der eigentlichen Geschichte ppo_483.019
war in jenen Zeiten nicht selten reichhaltig mit Mythen ppo_483.020
und Fabeln ausgestattet, so daß, unter diesen ppo_483.021
Verbrämungen, der unterscheidende Charakter zwischen ppo_483.022
Geschichte und Roman nicht streng festgehalten ppo_483.023
ward. Zu den ältesten romantischen Darstellungen ppo_483.024
in teutscher Sprache gehören die Melusine, die ppo_483.025
Magelone, und der Kaiser Octavianus, welche, ppo_483.026
mit Einschluß des Tristan, des Flos und der Blankeflos, ppo_483.027
und mehrerer andrer, im sechszehnten Jahrhunderte ppo_483.028
unter dem Titel: das Buch der Liebe ppo_483.029
(zu Frankfurt am Main, 1587 in Folio) zusammengedruckt ppo_483.030
wurden. Eben so gehört zu den volksthümlichen ppo_483.031
Romanen des funfzehnten Jahrhunderts ppo_483.032
der Till Eulenspiegel, der wahrscheinlich zuerst ppo_483.033
niederteutsch geschrieben, dann aber ins Hochteutsche ppo_483.034
übersetzt, und vielfach bearbeitet ward. Noch entfernter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/495>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.