ppo_472.001 gende Vergleichung beider Kunstformenppo_472.002 durch die Einbildungskraft vermittelt das hohe Jnteresse ppo_472.003 an der Parodie und Travestirung, sobald ppo_472.004 nämlich beide in ästhetischer Hinsicht als vollendeteppo_472.005 Formen sich ankündigen. --
ppo_472.006
Bei mancher äußern Verwandtschaft, sind Parodie ppo_472.007 und Travestirung doch, ihrem Wesen und Charakter ppo_472.008 nach, von einander verschieden. Jn der Parodieppo_472.009 wird der Gegenstand des ernsthaften dichterischen ppo_472.010 Kunstwerkes verändert, aber der Mechanismus ppo_472.011 und der Ton der dichterischen Form beibehalten, so ppo_472.012 daß unter dieser nur wenig veränderten äußern Hülle ppo_472.013 und Einkleidung ein andrer Stoff dargestellt und ppo_472.014 zur Selbstständigkeit der Form erhoben wird. Ob ppo_472.015 nun gleich die Parodie auch für den, der den verglichenen ppo_472.016 Gegenstand nicht kennt, als ein für sich ppo_472.017 bestehendes dichterisches Kunstwerk ästhetischen Werth ppo_472.018 behaupten muß; so beruht doch das eigentliche Wohlgefallen ppo_472.019 an dem dichterischen Charakter der Parodie ppo_472.020 auf der stillschweigenden Vergleichung beider Kunstwerke, ppo_472.021 und auf der Gleichstellung beider in Hinsicht ppo_472.022 ihres ästhetischen Gehalts. Der von dem Dichter ppo_472.023 der Parodie gewählte Gegenstand kann aber ppo_472.024 entweder wieder ein ernsthafter, oder er kann ppo_472.025 ein komischer und ironisch gehaltener Stoff ppo_472.026 seyn, sobald er nur ein glücklich getroffenes und ppo_472.027 durchgeführtes Gegenbild von dem Gegenstande in ppo_472.028 dem frühern Kunstwerke enthält. Jm Gegensatze ppo_472.029 der Parodie behält die Travestirung den Gegenstand ppo_472.030 des ernsthaften Kunstwerks bei, verändert ppo_472.031 aber, durch die Verwandlung der ernsthaften Form ppo_472.032 in eine komische, dessen Darstellung und Durchführung ppo_472.033 so, daß, durch die ästhetische Vollendung dieser ppo_472.034 neuen komischen Form, der bis dahin blos ernsthaft
ppo_472.001 gende Vergleichung beider Kunstformenppo_472.002 durch die Einbildungskraft vermittelt das hohe Jnteresse ppo_472.003 an der Parodie und Travestirung, sobald ppo_472.004 nämlich beide in ästhetischer Hinsicht als vollendeteppo_472.005 Formen sich ankündigen. —
ppo_472.006
Bei mancher äußern Verwandtschaft, sind Parodie ppo_472.007 und Travestirung doch, ihrem Wesen und Charakter ppo_472.008 nach, von einander verschieden. Jn der Parodieppo_472.009 wird der Gegenstand des ernsthaften dichterischen ppo_472.010 Kunstwerkes verändert, aber der Mechanismus ppo_472.011 und der Ton der dichterischen Form beibehalten, so ppo_472.012 daß unter dieser nur wenig veränderten äußern Hülle ppo_472.013 und Einkleidung ein andrer Stoff dargestellt und ppo_472.014 zur Selbstständigkeit der Form erhoben wird. Ob ppo_472.015 nun gleich die Parodie auch für den, der den verglichenen ppo_472.016 Gegenstand nicht kennt, als ein für sich ppo_472.017 bestehendes dichterisches Kunstwerk ästhetischen Werth ppo_472.018 behaupten muß; so beruht doch das eigentliche Wohlgefallen ppo_472.019 an dem dichterischen Charakter der Parodie ppo_472.020 auf der stillschweigenden Vergleichung beider Kunstwerke, ppo_472.021 und auf der Gleichstellung beider in Hinsicht ppo_472.022 ihres ästhetischen Gehalts. Der von dem Dichter ppo_472.023 der Parodie gewählte Gegenstand kann aber ppo_472.024 entweder wieder ein ernsthafter, oder er kann ppo_472.025 ein komischer und ironisch gehaltener Stoff ppo_472.026 seyn, sobald er nur ein glücklich getroffenes und ppo_472.027 durchgeführtes Gegenbild von dem Gegenstande in ppo_472.028 dem frühern Kunstwerke enthält. Jm Gegensatze ppo_472.029 der Parodie behält die Travestirung den Gegenstand ppo_472.030 des ernsthaften Kunstwerks bei, verändert ppo_472.031 aber, durch die Verwandlung der ernsthaften Form ppo_472.032 in eine komische, dessen Darstellung und Durchführung ppo_472.033 so, daß, durch die ästhetische Vollendung dieser ppo_472.034 neuen komischen Form, der bis dahin blos ernsthaft
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><hirendition="#g"><pbfacs="#f0484"n="472"/><lbn="ppo_472.001"/>gende Vergleichung beider Kunstformen</hi><lbn="ppo_472.002"/>durch die Einbildungskraft vermittelt das hohe Jnteresse <lbn="ppo_472.003"/>an der Parodie und Travestirung, sobald <lbn="ppo_472.004"/>nämlich beide in ästhetischer Hinsicht als <hirendition="#g">vollendete</hi><lbn="ppo_472.005"/>Formen sich ankündigen. —</p><lbn="ppo_472.006"/><p> Bei mancher äußern Verwandtschaft, sind Parodie <lbn="ppo_472.007"/>und Travestirung doch, ihrem Wesen und Charakter <lbn="ppo_472.008"/>nach, von einander verschieden. Jn der <hirendition="#g">Parodie</hi><lbn="ppo_472.009"/>wird der Gegenstand des ernsthaften dichterischen <lbn="ppo_472.010"/>Kunstwerkes verändert, aber der Mechanismus <lbn="ppo_472.011"/>und der Ton der dichterischen Form beibehalten, so <lbn="ppo_472.012"/>daß unter dieser nur wenig veränderten äußern Hülle <lbn="ppo_472.013"/>und Einkleidung ein andrer Stoff dargestellt und <lbn="ppo_472.014"/>zur Selbstständigkeit der Form erhoben wird. Ob <lbn="ppo_472.015"/>nun gleich die Parodie auch für den, der den verglichenen <lbn="ppo_472.016"/>Gegenstand nicht kennt, als ein für sich <lbn="ppo_472.017"/>bestehendes dichterisches Kunstwerk ästhetischen Werth <lbn="ppo_472.018"/>behaupten muß; so beruht doch das eigentliche Wohlgefallen <lbn="ppo_472.019"/>an dem dichterischen Charakter der Parodie <lbn="ppo_472.020"/>auf der stillschweigenden Vergleichung beider Kunstwerke, <lbn="ppo_472.021"/>und auf der Gleichstellung beider in Hinsicht <lbn="ppo_472.022"/>ihres ästhetischen Gehalts. Der von dem Dichter <lbn="ppo_472.023"/>der Parodie gewählte Gegenstand kann aber <lbn="ppo_472.024"/><hirendition="#g">entweder</hi> wieder ein <hirendition="#g">ernsthafter, oder</hi> er kann <lbn="ppo_472.025"/>ein <hirendition="#g">komischer</hi> und <hirendition="#g">ironisch</hi> gehaltener Stoff <lbn="ppo_472.026"/>seyn, sobald er nur ein glücklich getroffenes und <lbn="ppo_472.027"/>durchgeführtes Gegenbild von dem Gegenstande in <lbn="ppo_472.028"/>dem frühern Kunstwerke enthält. Jm Gegensatze <lbn="ppo_472.029"/>der Parodie behält die <hirendition="#g">Travestirung</hi> den Gegenstand <lbn="ppo_472.030"/>des ernsthaften Kunstwerks bei, verändert <lbn="ppo_472.031"/>aber, durch die Verwandlung der ernsthaften Form <lbn="ppo_472.032"/>in eine komische, dessen Darstellung und Durchführung <lbn="ppo_472.033"/>so, daß, durch die ästhetische Vollendung dieser <lbn="ppo_472.034"/>neuen komischen Form, der bis dahin blos ernsthaft
</p></div></div></body></text></TEI>
[472/0484]
ppo_472.001
gende Vergleichung beider Kunstformen ppo_472.002
durch die Einbildungskraft vermittelt das hohe Jnteresse ppo_472.003
an der Parodie und Travestirung, sobald ppo_472.004
nämlich beide in ästhetischer Hinsicht als vollendete ppo_472.005
Formen sich ankündigen. —
ppo_472.006
Bei mancher äußern Verwandtschaft, sind Parodie ppo_472.007
und Travestirung doch, ihrem Wesen und Charakter ppo_472.008
nach, von einander verschieden. Jn der Parodie ppo_472.009
wird der Gegenstand des ernsthaften dichterischen ppo_472.010
Kunstwerkes verändert, aber der Mechanismus ppo_472.011
und der Ton der dichterischen Form beibehalten, so ppo_472.012
daß unter dieser nur wenig veränderten äußern Hülle ppo_472.013
und Einkleidung ein andrer Stoff dargestellt und ppo_472.014
zur Selbstständigkeit der Form erhoben wird. Ob ppo_472.015
nun gleich die Parodie auch für den, der den verglichenen ppo_472.016
Gegenstand nicht kennt, als ein für sich ppo_472.017
bestehendes dichterisches Kunstwerk ästhetischen Werth ppo_472.018
behaupten muß; so beruht doch das eigentliche Wohlgefallen ppo_472.019
an dem dichterischen Charakter der Parodie ppo_472.020
auf der stillschweigenden Vergleichung beider Kunstwerke, ppo_472.021
und auf der Gleichstellung beider in Hinsicht ppo_472.022
ihres ästhetischen Gehalts. Der von dem Dichter ppo_472.023
der Parodie gewählte Gegenstand kann aber ppo_472.024
entweder wieder ein ernsthafter, oder er kann ppo_472.025
ein komischer und ironisch gehaltener Stoff ppo_472.026
seyn, sobald er nur ein glücklich getroffenes und ppo_472.027
durchgeführtes Gegenbild von dem Gegenstande in ppo_472.028
dem frühern Kunstwerke enthält. Jm Gegensatze ppo_472.029
der Parodie behält die Travestirung den Gegenstand ppo_472.030
des ernsthaften Kunstwerks bei, verändert ppo_472.031
aber, durch die Verwandlung der ernsthaften Form ppo_472.032
in eine komische, dessen Darstellung und Durchführung ppo_472.033
so, daß, durch die ästhetische Vollendung dieser ppo_472.034
neuen komischen Form, der bis dahin blos ernsthaft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/484>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.