ppo_465.001 über dem Kopfe zusammen, und bedauerte wegen dieses ppo_465.002 unersetzlichen Verlustes meiner entworfenen Schrift den ppo_465.003 Verleger, mein Vaterland, die Nachwelt; ja ich würde ppo_465.004 sagen, daß ich mich selbst bedauert hätte, wenn es unter ppo_465.005 uns Gelehrten eingeführt wäre, in diesem Puncte offenherzig ppo_465.006 zu seyn. Genug, ich sah, daß es mit meiner ppo_465.007 Gelehrsamkeit aus war, weil ich nicht mehr schreiben ppo_465.008 konnte. Das Einzige, was ich zu meiner Beruhigung ppo_465.009 that, war, daß ich zum Bücherschranke eilte, und mit ppo_465.010 einer recht väterlichen Zärtlichkeit alle diejenigen Bücher ppo_465.011 übersah, welche durch meine unermüdeten Hände ihr ppo_465.012 Daseyn erhalten hatten.
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Vielleicht würde ich in dieser Stellung noch lange ppo_465.014 geblieben seyn, wenn ich nicht das freudige Schrecken ppo_465.015 wahrgenommen hätte, welches meine ungeduldigen Erben ppo_465.016 überfiel. Sie eilten so hungrig zu meinem Bette, als ppo_465.017 wenn ein Raub auszutheilen wäre. Jst er todt? ist er ppo_465.018 auch wirklich todt? schrieen sie. Ja, endlich einmal ist ppo_465.019 er im Ernste todt. Geschwind schickt nach dem Sarge, ppo_465.020 daß wir ihn unter die Erde bringen, -- antwortete ein ppo_465.021 Vetter von mir, und eine Muhme, welche durch mein ppo_465.022 Absterben alle diejenigen Tugenden zu erben hoffte, welche ppo_465.023 gewisse gründliche Liebhaber bei ihr zeither vergebens ppo_465.024 gesucht, und ihr um deswillen die Freiheit zu ihrem ppo_465.025 großen Verdrusse nicht geraubt hatten. Diese Muhme ppo_465.026 vergoß viele Thränen, und seufzte mit lauter Stimme: ppo_465.027 Der ehrliche Vetter! Tröste ihn Gott! Es ist ihm recht ppo_465.028 wohl! Wir wollen ihm seine Ruhe gönnen!
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Dieses war die Losung zum Plündern. Den ersten ppo_465.030 Sturm hatte meine Geldcasse auszustehen. Meinen Kleidern ppo_465.031 und meinem Geräthe ging es eben so. Bis hieher ppo_465.032 hatte ich meinen Erben ganz gelassen zugesehen. Als ich ppo_465.033 aber merkte, daß es über meine Papiere hergehen sollte; ppo_465.034 so fing ich an zu zittern. Alles ward aufs sorgfältigste
ppo_465.001 über dem Kopfe zusammen, und bedauerte wegen dieses ppo_465.002 unersetzlichen Verlustes meiner entworfenen Schrift den ppo_465.003 Verleger, mein Vaterland, die Nachwelt; ja ich würde ppo_465.004 sagen, daß ich mich selbst bedauert hätte, wenn es unter ppo_465.005 uns Gelehrten eingeführt wäre, in diesem Puncte offenherzig ppo_465.006 zu seyn. Genug, ich sah, daß es mit meiner ppo_465.007 Gelehrsamkeit aus war, weil ich nicht mehr schreiben ppo_465.008 konnte. Das Einzige, was ich zu meiner Beruhigung ppo_465.009 that, war, daß ich zum Bücherschranke eilte, und mit ppo_465.010 einer recht väterlichen Zärtlichkeit alle diejenigen Bücher ppo_465.011 übersah, welche durch meine unermüdeten Hände ihr ppo_465.012 Daseyn erhalten hatten.
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Vielleicht würde ich in dieser Stellung noch lange ppo_465.014 geblieben seyn, wenn ich nicht das freudige Schrecken ppo_465.015 wahrgenommen hätte, welches meine ungeduldigen Erben ppo_465.016 überfiel. Sie eilten so hungrig zu meinem Bette, als ppo_465.017 wenn ein Raub auszutheilen wäre. Jst er todt? ist er ppo_465.018 auch wirklich todt? schrieen sie. Ja, endlich einmal ist ppo_465.019 er im Ernste todt. Geschwind schickt nach dem Sarge, ppo_465.020 daß wir ihn unter die Erde bringen, — antwortete ein ppo_465.021 Vetter von mir, und eine Muhme, welche durch mein ppo_465.022 Absterben alle diejenigen Tugenden zu erben hoffte, welche ppo_465.023 gewisse gründliche Liebhaber bei ihr zeither vergebens ppo_465.024 gesucht, und ihr um deswillen die Freiheit zu ihrem ppo_465.025 großen Verdrusse nicht geraubt hatten. Diese Muhme ppo_465.026 vergoß viele Thränen, und seufzte mit lauter Stimme: ppo_465.027 Der ehrliche Vetter! Tröste ihn Gott! Es ist ihm recht ppo_465.028 wohl! Wir wollen ihm seine Ruhe gönnen!
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Dieses war die Losung zum Plündern. Den ersten ppo_465.030 Sturm hatte meine Geldcasse auszustehen. Meinen Kleidern ppo_465.031 und meinem Geräthe ging es eben so. Bis hieher ppo_465.032 hatte ich meinen Erben ganz gelassen zugesehen. Als ich ppo_465.033 aber merkte, daß es über meine Papiere hergehen sollte; ppo_465.034 so fing ich an zu zittern. Alles ward aufs sorgfältigste
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Verleger, mein Vaterland, die Nachwelt; ja ich würde ppo_465.004
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auch wirklich todt? schrieen sie. Ja, endlich einmal ist ppo_465.019
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Absterben alle diejenigen Tugenden zu erben hoffte, welche ppo_465.023
gewisse gründliche Liebhaber bei ihr zeither vergebens ppo_465.024
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Sturm hatte meine Geldcasse auszustehen. Meinen Kleidern ppo_465.031
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hatte ich meinen Erben ganz gelassen zugesehen. Als ich ppo_465.033
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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/477>, abgerufen am 26.06.2024.
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