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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

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Lag ein Tyrann in kaltem Schweis, ppo_441.002
Und rang mit Tod und Leben. ppo_441.003
Starr stand das Hofgesind' um ihn, ppo_441.004
Still, wie des Grabes Höhle. ppo_441.005
Er aber zuckte, röchelte, ppo_441.006
Und sträubend floh die Seele.

ppo_441.007

Als sie empor fuhr, schwebt' auf sie ppo_441.008
Mit blutigem Gefieder ppo_441.009
Aus düsterm, nächtlichem Gewölk ppo_441.010
Ein Todesengel nieder. ppo_441.011
Dem hochgeschwungnen Schwert entfuhr ppo_441.012
Ein ganzes Meer von Flammen. ppo_441.013
"Mir nach -- erscholl des Rächers Ruf -- ppo_441.014
Und höre dich verdammen!"

ppo_441.015

Sie folgte. Abermals rief's laut: ppo_441.016
"Hier weile! Dir vorüber ppo_441.017
Gehn deines Lebens Thaten jetzt, ppo_441.018
Sieh, und verzweifle drüber. ppo_441.019
Der Spiegel der Vergangenheit ppo_441.020
Sinkt deinen Augen nieder, ppo_441.021
Und jede That des Unrechts kehrt ppo_441.022
Jn dein Gedächtniß wieder!"

ppo_441.023

Also geschah's. Geschändeter, ppo_441.024
Erwürgter Unschuld Jammer; ppo_441.025
Entweihete Mysterien ppo_441.026
Jn stiller Tugend Kammer; ppo_441.027
Hier eine Kindesmörderin, ppo_441.028
Dort, zugesellt den Todten, ppo_441.029
Ein überschmeichelt treues Weib ppo_441.030
Umschwebten den Despoten.

ppo_441.031

Dann sah er sich auf seinem Thron, ppo_441.032
Und an des Thrones Füßen ppo_441.033
Ein bleiches ausgemergelt Volk

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Als sie empor fuhr, schwebt' auf sie ppo_441.008
Mit blutigem Gefieder ppo_441.009
Aus düsterm, nächtlichem Gewölk ppo_441.010
Ein Todesengel nieder. ppo_441.011
Dem hochgeschwungnen Schwert entfuhr ppo_441.012
Ein ganzes Meer von Flammen. ppo_441.013
„Mir nach — erscholl des Rächers Ruf — ppo_441.014
Und höre dich verdammen!“

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Sie folgte. Abermals rief's laut: ppo_441.016
„Hier weile! Dir vorüber ppo_441.017
Gehn deines Lebens Thaten jetzt, ppo_441.018
Sieh, und verzweifle drüber. ppo_441.019
Der Spiegel der Vergangenheit ppo_441.020
Sinkt deinen Augen nieder, ppo_441.021
Und jede That des Unrechts kehrt ppo_441.022
Jn dein Gedächtniß wieder!“

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Dann sah er sich auf seinem Thron, ppo_441.032
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[441/0453] ppo_441.001 Lag ein Tyrann in kaltem Schweis, ppo_441.002 Und rang mit Tod und Leben. ppo_441.003 Starr stand das Hofgesind' um ihn, ppo_441.004 Still, wie des Grabes Höhle. ppo_441.005 Er aber zuckte, röchelte, ppo_441.006 Und sträubend floh die Seele. ppo_441.007 Als sie empor fuhr, schwebt' auf sie ppo_441.008 Mit blutigem Gefieder ppo_441.009 Aus düsterm, nächtlichem Gewölk ppo_441.010 Ein Todesengel nieder. ppo_441.011 Dem hochgeschwungnen Schwert entfuhr ppo_441.012 Ein ganzes Meer von Flammen. ppo_441.013 „Mir nach — erscholl des Rächers Ruf — ppo_441.014 Und höre dich verdammen!“ ppo_441.015 Sie folgte. Abermals rief's laut: ppo_441.016 „Hier weile! Dir vorüber ppo_441.017 Gehn deines Lebens Thaten jetzt, ppo_441.018 Sieh, und verzweifle drüber. ppo_441.019 Der Spiegel der Vergangenheit ppo_441.020 Sinkt deinen Augen nieder, ppo_441.021 Und jede That des Unrechts kehrt ppo_441.022 Jn dein Gedächtniß wieder!“ ppo_441.023 Also geschah's. Geschändeter, ppo_441.024 Erwürgter Unschuld Jammer; ppo_441.025 Entweihete Mysterien ppo_441.026 Jn stiller Tugend Kammer; ppo_441.027 Hier eine Kindesmörderin, ppo_441.028 Dort, zugesellt den Todten, ppo_441.029 Ein überschmeichelt treues Weib ppo_441.030 Umschwebten den Despoten. ppo_441.031 Dann sah er sich auf seinem Thron, ppo_441.032 Und an des Thrones Füßen ppo_441.033 Ein bleiches ausgemergelt Volk

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Zitationshilfe:	Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/453>, abgerufen am 22.11.2024.

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