Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_419.001 Dies ist des Himmels Schluß. Hiermit verschwand das ppo_419.002 ppo_419.008Licht, ppo_419.003 Der Tempel und Altar mit allen Wunderschätzen. ppo_419.004 Jch aber dachte bald, dies liebliche Gesicht ppo_419.005 Dir, werther Herzensfreund, wohlmeinend aufzusetzen, ppo_419.006 Versichert: Trifft der Wunsch nach meinem Willen ein; ppo_419.007 So werd' ich ein Prophet, nicht ein Poete seyn! 4) vom Freih. v. Cronegk (+ 1758). ppo_419.009Er schrieb, wenige Tage vor seinem Tode, auf seinem ppo_419.010 Wann sich ein Reimer untersteht, ppo_419.012 ppo_419.025Und deines Cronegks Asche schmäht; ppo_419.013 So sey dein Amt, sein Herz zu rächen! ppo_419.014 Hier liegt ein Jüngling, kannst du sprechen, ppo_419.015 Der seines Lebens kurze Zeit ppo_419.016 Unschuld'ger Musen Scherz geweiht. ppo_419.017 Hätt' ihm die Parze läng'res Leben ppo_419.018 Und wen'ger Flüchtigkeit gegeben; ppo_419.019 So würden seine Schriften rein, ppo_419.020 Und kritisch ausgebessert seyn. ppo_419.021 Die Nachwelt wird ihn zwar nicht nennen; ppo_419.022 Und dies erträgt er ohne Schmerz: ppo_419.023 Doch sollte sie sein Herz recht kennen, ppo_419.024 So schätzte sie gewiß sein Herz. 5) von Blumauer (+ 1798). ppo_419.026Brief eines strengen Vaters an seinen ppo_419.027 Ein strenger Vater schrieb an seinen Sohn: ppo_419.029
"Durch gegenwärt'gen Postillon ppo_419.030 Erhältst du einen Beutel, wohlbespicket ppo_419.031 Mit Thalern, den dir -- ohne daß ich's weiß -- ppo_419.001 Dies ist des Himmels Schluß. Hiermit verschwand das ppo_419.002 ppo_419.008Licht, ppo_419.003 Der Tempel und Altar mit allen Wunderschätzen. ppo_419.004 Jch aber dachte bald, dies liebliche Gesicht ppo_419.005 Dir, werther Herzensfreund, wohlmeinend aufzusetzen, ppo_419.006 Versichert: Trifft der Wunsch nach meinem Willen ein; ppo_419.007 So werd' ich ein Prophet, nicht ein Poete seyn! 4) vom Freih. v. Cronegk († 1758). ppo_419.009Er schrieb, wenige Tage vor seinem Tode, auf seinem ppo_419.010 Wann sich ein Reimer untersteht, ppo_419.012 ppo_419.025Und deines Cronegks Asche schmäht; ppo_419.013 So sey dein Amt, sein Herz zu rächen! ppo_419.014 Hier liegt ein Jüngling, kannst du sprechen, ppo_419.015 Der seines Lebens kurze Zeit ppo_419.016 Unschuld'ger Musen Scherz geweiht. ppo_419.017 Hätt' ihm die Parze läng'res Leben ppo_419.018 Und wen'ger Flüchtigkeit gegeben; ppo_419.019 So würden seine Schriften rein, ppo_419.020 Und kritisch ausgebessert seyn. ppo_419.021 Die Nachwelt wird ihn zwar nicht nennen; ppo_419.022 Und dies erträgt er ohne Schmerz: ppo_419.023 Doch sollte sie sein Herz recht kennen, ppo_419.024 So schätzte sie gewiß sein Herz. 5) von Blumauer († 1798). ppo_419.026Brief eines strengen Vaters an seinen ppo_419.027 Ein strenger Vater schrieb an seinen Sohn: ppo_419.029
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/431>, abgerufen am 16.07.2024. |