Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_413.001 Was meinen matten Geist kaum Seufzer hohlen lässet, ppo_413.002
Das suchet Klee und Trost in Jebus holder Stadt. ppo_413.003 Jch bin nicht, der ich bin, noch der ich bin gewesen; ppo_413.004 Jch will nicht, was ich weiß, ich weiß nicht, was mir fehlt. ppo_413.005 Man wird in Jsrael von meiner Thorheit lesen, ppo_413.006 Wo dieses Thorheit heißt, was auch die Weisen quält. ppo_413.007 Jm Feuer such' ich Eis, und Schatten bei der Sonnen, ppo_413.008 Bei Dornen Lust und Schlaf, bei Flammen kühle Luft, ppo_413.009 Des Geistes süße Ruh hat einen Riß gewonnen, ppo_413.010 Der nicht zu heilen ist, bis Bathseba mich ruft. ppo_413.011 Es starret Kiel und Hand, es schämet sich das Herze ppo_413.012 Zu sagen, was mein Aug' im Garten hat erblickt. ppo_413.013 Wodurch im Hui erlosch der Weisheit helle Kerze, ppo_413.014 Wodurch Verstand und Geist mir selber wird entrückt. ppo_413.015 Wiewohl ein König darf hier etwas freier schreiben, ppo_413.016 Und einer Fürstenhand ist etwas mehr erlaubt. ppo_413.017 Jch schreibe, was dir nicht kann mehr verborgen bleiben, ppo_413.018 Was mir die Ruhe stört, was Heil und Leben raubt. ppo_413.019 Der Sonnen helles Rad lief nach dem blauen Westen, ppo_413.020 Und senkte sich bereits in Thetis grünen Schoos; ppo_413.021 Man hörte voller Lust in den belaubten Aesten ppo_413.022 Die Sängerin der Nacht, als David sich entschloß, ppo_413.023 Auf der erhöhten Burg sich einsam zu ergötzen. ppo_413.024 Er setzte seinen Fuß auf das gewohnte Dach. ppo_413.025 Es ließe keine Lust sich dieser gleiche schätzen, ppo_413.026 Die Aug' und Herz ergötzt. Dort lief ein Silberbach ppo_413.027 Durch das bekleete Thal, und spielte mit den Wellen; ppo_413.028 Hier war ein grünes Thal mit Rosen überstreut. ppo_413.029 Man hörte hier und da die Schäferhunde bellen, ppo_413.030 Der Hirten Feldgeschrei bei brauner Abendzeit. ppo_413.031 Der Sonnen letztes Gold bezog die bunten Matten, ppo_413.032 Und der entfernte Berg gab einen Wiederschein. ppo_413.033 Der Bäume dickes Laub warf einen langen Schatten, ppo_413.034 Man trieb das müde Vieh auf allen Straßen ein. ppo_413.001 Was meinen matten Geist kaum Seufzer hohlen lässet, ppo_413.002
Das suchet Klee und Trost in Jebus holder Stadt. ppo_413.003 Jch bin nicht, der ich bin, noch der ich bin gewesen; ppo_413.004 Jch will nicht, was ich weiß, ich weiß nicht, was mir fehlt. ppo_413.005 Man wird in Jsrael von meiner Thorheit lesen, ppo_413.006 Wo dieses Thorheit heißt, was auch die Weisen quält. ppo_413.007 Jm Feuer such' ich Eis, und Schatten bei der Sonnen, ppo_413.008 Bei Dornen Lust und Schlaf, bei Flammen kühle Luft, ppo_413.009 Des Geistes süße Ruh hat einen Riß gewonnen, ppo_413.010 Der nicht zu heilen ist, bis Bathseba mich ruft. ppo_413.011 Es starret Kiel und Hand, es schämet sich das Herze ppo_413.012 Zu sagen, was mein Aug' im Garten hat erblickt. ppo_413.013 Wodurch im Hui erlosch der Weisheit helle Kerze, ppo_413.014 Wodurch Verstand und Geist mir selber wird entrückt. ppo_413.015 Wiewohl ein König darf hier etwas freier schreiben, ppo_413.016 Und einer Fürstenhand ist etwas mehr erlaubt. ppo_413.017 Jch schreibe, was dir nicht kann mehr verborgen bleiben, ppo_413.018 Was mir die Ruhe stört, was Heil und Leben raubt. ppo_413.019 Der Sonnen helles Rad lief nach dem blauen Westen, ppo_413.020 Und senkte sich bereits in Thetis grünen Schoos; ppo_413.021 Man hörte voller Lust in den belaubten Aesten ppo_413.022 Die Sängerin der Nacht, als David sich entschloß, ppo_413.023 Auf der erhöhten Burg sich einsam zu ergötzen. ppo_413.024 Er setzte seinen Fuß auf das gewohnte Dach. ppo_413.025 Es ließe keine Lust sich dieser gleiche schätzen, ppo_413.026 Die Aug' und Herz ergötzt. Dort lief ein Silberbach ppo_413.027 Durch das bekleete Thal, und spielte mit den Wellen; ppo_413.028 Hier war ein grünes Thal mit Rosen überstreut. ppo_413.029 Man hörte hier und da die Schäferhunde bellen, ppo_413.030 Der Hirten Feldgeschrei bei brauner Abendzeit. ppo_413.031 Der Sonnen letztes Gold bezog die bunten Matten, ppo_413.032 Und der entfernte Berg gab einen Wiederschein. ppo_413.033 Der Bäume dickes Laub warf einen langen Schatten, ppo_413.034 Man trieb das müde Vieh auf allen Straßen ein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0425" n="413"/> <lb n="ppo_413.001"/> <lg> <l>Was meinen matten Geist kaum Seufzer hohlen lässet,</l> <lb n="ppo_413.002"/> <l>Das suchet Klee und Trost in Jebus holder Stadt.</l> <lb n="ppo_413.003"/> <l>Jch bin nicht, der ich bin, noch der ich bin gewesen;</l> <lb n="ppo_413.004"/> <l>Jch will nicht, was ich weiß, ich weiß nicht, was mir fehlt.</l> <lb n="ppo_413.005"/> <l>Man wird in Jsrael von meiner Thorheit lesen,</l> <lb n="ppo_413.006"/> <l>Wo dieses Thorheit heißt, was auch die Weisen quält.</l> <lb n="ppo_413.007"/> <l>Jm Feuer such' ich Eis, und Schatten bei der Sonnen,</l> <lb n="ppo_413.008"/> <l>Bei Dornen Lust und Schlaf, bei Flammen kühle Luft,</l> <lb n="ppo_413.009"/> <l>Des Geistes süße Ruh hat einen Riß gewonnen,</l> <lb n="ppo_413.010"/> <l>Der nicht zu heilen ist, bis Bathseba mich ruft.</l> <lb n="ppo_413.011"/> <l>Es starret Kiel und Hand, es schämet sich das Herze</l> <lb n="ppo_413.012"/> <l>Zu sagen, was mein Aug' im Garten hat erblickt.</l> <lb n="ppo_413.013"/> <l>Wodurch im Hui erlosch der Weisheit helle Kerze,</l> <lb n="ppo_413.014"/> <l>Wodurch Verstand und Geist mir selber wird entrückt.</l> <lb n="ppo_413.015"/> <l>Wiewohl ein König darf hier etwas freier schreiben,</l> <lb n="ppo_413.016"/> <l>Und einer Fürstenhand ist etwas mehr erlaubt.</l> <lb n="ppo_413.017"/> <l>Jch schreibe, was dir nicht kann mehr verborgen bleiben,</l> <lb n="ppo_413.018"/> <l>Was mir die Ruhe stört, was Heil und Leben raubt.</l> <lb n="ppo_413.019"/> <l> Der Sonnen helles Rad lief nach dem blauen Westen,</l> <lb n="ppo_413.020"/> <l>Und senkte sich bereits in Thetis grünen Schoos;</l> <lb n="ppo_413.021"/> <l>Man hörte voller Lust in den belaubten Aesten</l> <lb n="ppo_413.022"/> <l>Die Sängerin der Nacht, als David sich entschloß,</l> <lb n="ppo_413.023"/> <l>Auf der erhöhten Burg sich einsam zu ergötzen.</l> <lb n="ppo_413.024"/> <l>Er setzte seinen Fuß auf das gewohnte Dach.</l> <lb n="ppo_413.025"/> <l>Es ließe keine Lust sich dieser gleiche schätzen,</l> <lb n="ppo_413.026"/> <l>Die Aug' und Herz ergötzt. Dort lief ein Silberbach</l> <lb n="ppo_413.027"/> <l>Durch das bekleete Thal, und spielte mit den Wellen;</l> <lb n="ppo_413.028"/> <l>Hier war ein grünes Thal mit Rosen überstreut.</l> <lb n="ppo_413.029"/> <l>Man hörte hier und da die Schäferhunde bellen,</l> <lb n="ppo_413.030"/> <l>Der Hirten Feldgeschrei bei brauner Abendzeit.</l> <lb n="ppo_413.031"/> <l>Der Sonnen letztes Gold bezog die bunten Matten,</l> <lb n="ppo_413.032"/> <l>Und der entfernte Berg gab einen Wiederschein.</l> <lb n="ppo_413.033"/> <l>Der Bäume dickes Laub warf einen langen Schatten,</l> <lb n="ppo_413.034"/> <l>Man trieb das müde Vieh auf allen Straßen ein.</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [413/0425]
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Der Hirten Feldgeschrei bei brauner Abendzeit. ppo_413.031
Der Sonnen letztes Gold bezog die bunten Matten, ppo_413.032
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Der Bäume dickes Laub warf einen langen Schatten, ppo_413.034
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/425>, abgerufen am 16.07.2024. |