ppo_410.001 dir in diesen lichten Auen droben, in diesen wonnigen ppo_410.002 Gefilden, wo gewiß kein herbes Verhängniß treue Liebende ppo_410.003 trennt! Wie wohl wär' uns dort! Wie wohl ppo_410.004 im seligsten Genusse der Liebe! Wüßtest du mehr zu ppo_410.005 wünschen?
ppo_410.006
"Alles, alles hätt' ich dann, Geliebtester!" sprach ppo_410.007 das zärtliche Mädchen, und schlang ihren sanft bebenden ppo_410.008 Arm um ihn. "O wie glücklich wären wir dort, ppo_410.009 wie unaussprechlich selig! Die Gestirne, so glaub' ich ppo_410.010 im Ernste, sind der Liebe hold; man liebt dort auch. ppo_410.011 Jst nicht der Abendstern der Liebe geheiligt? Und sind ppo_410.012 die beiden Fische des Thierkreises nicht ein liebendes ppo_410.013 Paar? Die Priesterinnen im Tempel lehrten es neulich. ppo_410.014 Wann ich traurig bin, dann denk' ich des Liedes, das ppo_410.015 sie sangen; dann sing' ich es, und sanfte Heiterkeit erhellet ppo_410.016 meine Seele wieder, wie wenn die Sonne nach ppo_410.017 trüben Regentagen durch dünnes Gewölke das Land beleuchtet.
ppo_410.018 ppo_410.019
Vernehmt es, gefühlvolle Seelen! Mit süßem Entzücken ppo_410.020 sehen die guten Götter auf treue Liebende nieder, ppo_410.021 und krönen sie, wo nicht hinieden, doch über den Sternen ppo_410.022 mit Wonne.
ppo_410.023
62. ppo_410.024 b) Die poetische Epistel.
ppo_410.025
Die poetische Epistel unterscheidet sich von dem ppo_410.026 eigentlichen Briefe, dessen Theorie in dem Sprachgebiete ppo_410.027 der Prosa aufgestellt ward, dadurch, daß sie ppo_410.028 vermittelst des Jndividuums, an das sie gerichtet ppo_410.029 ist, zu dem ganzen menschlichen Geschlechte spricht, ppo_410.030 und Wahrheiten, Gefühle oder Thatsachen von allgemeinemppo_410.031 Jnteresse versinnlicht, während der prosaische
ppo_410.001 dir in diesen lichten Auen droben, in diesen wonnigen ppo_410.002 Gefilden, wo gewiß kein herbes Verhängniß treue Liebende ppo_410.003 trennt! Wie wohl wär' uns dort! Wie wohl ppo_410.004 im seligsten Genusse der Liebe! Wüßtest du mehr zu ppo_410.005 wünschen?
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„Alles, alles hätt' ich dann, Geliebtester!“ sprach ppo_410.007 das zärtliche Mädchen, und schlang ihren sanft bebenden ppo_410.008 Arm um ihn. „O wie glücklich wären wir dort, ppo_410.009 wie unaussprechlich selig! Die Gestirne, so glaub' ich ppo_410.010 im Ernste, sind der Liebe hold; man liebt dort auch. ppo_410.011 Jst nicht der Abendstern der Liebe geheiligt? Und sind ppo_410.012 die beiden Fische des Thierkreises nicht ein liebendes ppo_410.013 Paar? Die Priesterinnen im Tempel lehrten es neulich. ppo_410.014 Wann ich traurig bin, dann denk' ich des Liedes, das ppo_410.015 sie sangen; dann sing' ich es, und sanfte Heiterkeit erhellet ppo_410.016 meine Seele wieder, wie wenn die Sonne nach ppo_410.017 trüben Regentagen durch dünnes Gewölke das Land beleuchtet.
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Vernehmt es, gefühlvolle Seelen! Mit süßem Entzücken ppo_410.020 sehen die guten Götter auf treue Liebende nieder, ppo_410.021 und krönen sie, wo nicht hinieden, doch über den Sternen ppo_410.022 mit Wonne.
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62. ppo_410.024 b) Die poetische Epistel.
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Die poetische Epistel unterscheidet sich von dem ppo_410.026 eigentlichen Briefe, dessen Theorie in dem Sprachgebiete ppo_410.027 der Prosa aufgestellt ward, dadurch, daß sie ppo_410.028 vermittelst des Jndividuums, an das sie gerichtet ppo_410.029 ist, zu dem ganzen menschlichen Geschlechte spricht, ppo_410.030 und Wahrheiten, Gefühle oder Thatsachen von allgemeinemppo_410.031 Jnteresse versinnlicht, während der prosaische
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trüben Regentagen durch dünnes Gewölke das Land beleuchtet.
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Vernehmt es, gefühlvolle Seelen! Mit süßem Entzücken ppo_410.020
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und krönen sie, wo nicht hinieden, doch über den Sternen ppo_410.022
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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/422>, abgerufen am 16.06.2024.
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