ppo_408.001 umherriechend streckte der naschhafte Aal den Kopf aus ppo_408.002 dem Wasser, und wälzte sich spielend aufs Land, im ppo_408.003 jungen Hafer zu schwelgen, oder im weichen Erbsenkeime. ppo_408.004 Da saßen Amymone und Elon, beide schön, wie ppo_408.005 Latonens lockige Kinder, hinter duftenden Rosensträuchen ppo_408.006 am Bache, und beklagten thränend, und Wange an ppo_408.007 Wange geschmiegt, ihr widriges Geschick.
ppo_408.008
Schwerer Kummer preßte schon lang ihre liebenden ppo_408.009 Herzen. Denn ein strenger Spruch des delphischen Orakels ppo_408.010 hatte ihnen die Hoffnung geraubet, von Hymens ppo_408.011 sanften Banden sich jemals umschlungen zu sehen. Jhr ppo_408.012 väterliches Thal, einsam und abgesondert vom übrigen ppo_408.013 bewohnten Lande, ward in mehrern Jahren nur durch ppo_408.014 wenige Blüthen nachwachsender Jugend erfreuet. Denn ppo_408.015 die Mütter grüßten meistens nur schwächliche Kinder ins ppo_408.016 Leben, die bald hinwelkten, wie kränkelnde Pflanzen; ppo_408.017 und Niemand wußte dem Uebel zu steuern; Niemand ppo_408.018 dachte, daß die fortgesetzten Zeugungen naher Verwandten, ppo_408.019 von keinem fremden Blute erfrischt, endlich ausarten ppo_408.020 können, dem Weizen gleich, der immer eben denselben ppo_408.021 Acker besämt. Da sandte man Geschenke nach Delphi, ppo_408.022 zwei zierlich geformte Becher und eine köstliche ppo_408.023 Opferschale, den Willen der Götter zu hören. Und die ppo_408.024 begeisterte Priesterin sprach:
ppo_408.025
Heil euern Gefilden,ppo_408.026 Jhr fragenden Boten,ppo_408.027 Wenn künftig die Söhneppo_408.028 Einheimischer Mädchenppo_408.029 Umarmungen fliehen!
ppo_408.030
Seitdem gaben die folgsamen Väter ihre reifenden Töchter ppo_408.031 nur auswärtigen Freiern, und mannbare Jünglinge ppo_408.032 hohlten sich fremde Bräute.
ppo_408.033
"O warum, Geliebte, sprach Elon mit sanfter Wehmuth, ppo_408.034 warum trennt uns ein unerbittliches Schicksal?
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Schwerer Kummer preßte schon lang ihre liebenden ppo_408.009 Herzen. Denn ein strenger Spruch des delphischen Orakels ppo_408.010 hatte ihnen die Hoffnung geraubet, von Hymens ppo_408.011 sanften Banden sich jemals umschlungen zu sehen. Jhr ppo_408.012 väterliches Thal, einsam und abgesondert vom übrigen ppo_408.013 bewohnten Lande, ward in mehrern Jahren nur durch ppo_408.014 wenige Blüthen nachwachsender Jugend erfreuet. Denn ppo_408.015 die Mütter grüßten meistens nur schwächliche Kinder ins ppo_408.016 Leben, die bald hinwelkten, wie kränkelnde Pflanzen; ppo_408.017 und Niemand wußte dem Uebel zu steuern; Niemand ppo_408.018 dachte, daß die fortgesetzten Zeugungen naher Verwandten, ppo_408.019 von keinem fremden Blute erfrischt, endlich ausarten ppo_408.020 können, dem Weizen gleich, der immer eben denselben ppo_408.021 Acker besämt. Da sandte man Geschenke nach Delphi, ppo_408.022 zwei zierlich geformte Becher und eine köstliche ppo_408.023 Opferschale, den Willen der Götter zu hören. Und die ppo_408.024 begeisterte Priesterin sprach:
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Seitdem gaben die folgsamen Väter ihre reifenden Töchter ppo_408.031 nur auswärtigen Freiern, und mannbare Jünglinge ppo_408.032 hohlten sich fremde Bräute.
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Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/420>, abgerufen am 16.07.2024.
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