Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_363.001
4) Die dramatische Form der Dichtkunst.
ppo_363.002
51. ppo_363.003
Charakter und einzelne Theile der dramatischen ppo_363.004
Form der Dichtkunst
* ppo_363.032
.
ppo_363.005

Wenn gleich die dramatische Form der Dichtkunst ppo_363.006
der epischen näher verwandt ist, als der lyrischen ppo_363.007
und didactischen, weil sie, wie die epische, Gefühle ppo_363.008
darstellt, welche in dem Gemüthe des dramatischen ppo_363.009
Dichters mit der Vergegenwärtigung gewisser ppo_363.010
Jndividuen, Handlungen und Thatsachen sich vergesellschaften; ppo_363.011
so unterscheidet sie sich doch durch zwei ppo_363.012
wesentliche Puncte von der epischen Dichtkunst, und ppo_363.013
behauptet, nach denselben, einen eigenthümlichen Charakter. ppo_363.014
Denn erstens darf in keinem Erzeugnisse ppo_363.015
der dramatischen Dichtkunst die Jndividualität des ppo_363.016
Dichters selbst wahrgenommen werden, wie dies in ppo_363.017
der epischen Dichtkunst geschieht; vielmehr muß der ppo_363.018
dramatische Dichter die ganze Handlung durch die ppo_363.019
von ihm aufgestellten Personen beginnen, fortführen ppo_363.020
und beendigen lassen, so daß das in sich zusammenhängende ppo_363.021
und abgeschlossene Ganze des dramatischen ppo_363.022
Gedichts als ein nothwendiges Ergebniß der menschlichen

* ppo_363.023
Weil jedes echte Drama ein in sich abgeschlossenes ppo_363.024
Ganzes bildet, das, nach seinem ästhetischen Charakter, ppo_363.025
nur als ein Ganzes richtig aufgefaßt werden ppo_363.026
kann; so war es nicht rathsam, einzelne Bruchstücke ppo_363.027
und Scenen aus den verschiedenen Formen der ppo_363.028
dramatischen Dichtkunst, als Belege für die aufgestellte ppo_363.029
Theorie, aufzunehmen, da der Umfang und die ppo_363.030
Bestimmung dieses Werkes die Mittheilung eines vollständigen ppo_363.031
dramatischen Erzeugnisses von selbst ausschloß.
ppo_363.001
4) Die dramatische Form der Dichtkunst.
ppo_363.002
51. ppo_363.003
Charakter und einzelne Theile der dramatischen ppo_363.004
Form der Dichtkunst
* ppo_363.032
.
ppo_363.005

Wenn gleich die dramatische Form der Dichtkunst ppo_363.006
der epischen näher verwandt ist, als der lyrischen ppo_363.007
und didactischen, weil sie, wie die epische, Gefühle ppo_363.008
darstellt, welche in dem Gemüthe des dramatischen ppo_363.009
Dichters mit der Vergegenwärtigung gewisser ppo_363.010
Jndividuen, Handlungen und Thatsachen sich vergesellschaften; ppo_363.011
so unterscheidet sie sich doch durch zwei ppo_363.012
wesentliche Puncte von der epischen Dichtkunst, und ppo_363.013
behauptet, nach denselben, einen eigenthümlichen Charakter. ppo_363.014
Denn erstens darf in keinem Erzeugnisse ppo_363.015
der dramatischen Dichtkunst die Jndividualität des ppo_363.016
Dichters selbst wahrgenommen werden, wie dies in ppo_363.017
der epischen Dichtkunst geschieht; vielmehr muß der ppo_363.018
dramatische Dichter die ganze Handlung durch die ppo_363.019
von ihm aufgestellten Personen beginnen, fortführen ppo_363.020
und beendigen lassen, so daß das in sich zusammenhängende ppo_363.021
und abgeschlossene Ganze des dramatischen ppo_363.022
Gedichts als ein nothwendiges Ergebniß der menschlichen

* ppo_363.023
Weil jedes echte Drama ein in sich abgeschlossenes ppo_363.024
Ganzes bildet, das, nach seinem ästhetischen Charakter, ppo_363.025
nur als ein Ganzes richtig aufgefaßt werden ppo_363.026
kann; so war es nicht rathsam, einzelne Bruchstücke ppo_363.027
und Scenen aus den verschiedenen Formen der ppo_363.028
dramatischen Dichtkunst, als Belege für die aufgestellte ppo_363.029
Theorie, aufzunehmen, da der Umfang und die ppo_363.030
Bestimmung dieses Werkes die Mittheilung eines vollständigen ppo_363.031
dramatischen Erzeugnisses von selbst ausschloß.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0375" n="363"/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <lb n="ppo_363.001"/>
        <head> <hi rendition="#c">4) <hi rendition="#g">Die dramatische Form der Dichtkunst.</hi></hi> </head>
        <lb n="ppo_363.002"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c">51. <lb n="ppo_363.003"/><hi rendition="#g">Charakter und einzelne Theile der dramatischen <lb n="ppo_363.004"/>Form der Dichtkunst</hi> <note xml:id="PPO_363_a" place="foot" n="*"><lb n="ppo_363.023"/> Weil jedes echte Drama ein in sich abgeschlossenes <lb n="ppo_363.024"/>Ganzes bildet, das, nach seinem <hi rendition="#g">ästhetischen</hi> Charakter, <lb n="ppo_363.025"/><hi rendition="#g">nur als ein Ganzes</hi> richtig aufgefaßt werden <lb n="ppo_363.026"/>kann; so war es nicht rathsam, einzelne Bruchstücke <lb n="ppo_363.027"/>und Scenen aus den verschiedenen Formen der <lb n="ppo_363.028"/>dramatischen Dichtkunst, als Belege für die aufgestellte <lb n="ppo_363.029"/>Theorie, aufzunehmen, da der Umfang und die <lb n="ppo_363.030"/>Bestimmung dieses Werkes die Mittheilung eines <hi rendition="#g">vollständigen</hi> <lb n="ppo_363.031"/>dramatischen Erzeugnisses von selbst ausschloß.</note> <lb n="ppo_363.032"/>.</hi> </head>
          <lb n="ppo_363.005"/>
          <p>  Wenn gleich die dramatische Form der Dichtkunst <lb n="ppo_363.006"/>der epischen näher verwandt ist, als der lyrischen <lb n="ppo_363.007"/>und didactischen, weil sie, wie die epische, Gefühle <lb n="ppo_363.008"/>darstellt, welche in dem Gemüthe des dramatischen <lb n="ppo_363.009"/>Dichters mit der Vergegenwärtigung gewisser <lb n="ppo_363.010"/>Jndividuen, Handlungen und Thatsachen sich vergesellschaften; <lb n="ppo_363.011"/>so unterscheidet sie sich doch durch <hi rendition="#g">zwei</hi> <lb n="ppo_363.012"/>wesentliche Puncte von der epischen Dichtkunst, und <lb n="ppo_363.013"/>behauptet, nach denselben, einen eigenthümlichen Charakter. <lb n="ppo_363.014"/>Denn <hi rendition="#g">erstens</hi> darf in keinem Erzeugnisse <lb n="ppo_363.015"/>der dramatischen Dichtkunst die Jndividualität des <lb n="ppo_363.016"/>Dichters selbst wahrgenommen werden, wie dies in <lb n="ppo_363.017"/>der epischen Dichtkunst geschieht; vielmehr muß der <lb n="ppo_363.018"/>dramatische Dichter die ganze Handlung durch die <lb n="ppo_363.019"/>von ihm aufgestellten Personen beginnen, fortführen <lb n="ppo_363.020"/>und beendigen lassen, so daß das in sich zusammenhängende <lb n="ppo_363.021"/>und abgeschlossene Ganze des dramatischen <lb n="ppo_363.022"/>Gedichts als ein nothwendiges Ergebniß der menschlichen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0375] ppo_363.001 4) Die dramatische Form der Dichtkunst. ppo_363.002 51. ppo_363.003 Charakter und einzelne Theile der dramatischen ppo_363.004 Form der Dichtkunst * ppo_363.032 . ppo_363.005 Wenn gleich die dramatische Form der Dichtkunst ppo_363.006 der epischen näher verwandt ist, als der lyrischen ppo_363.007 und didactischen, weil sie, wie die epische, Gefühle ppo_363.008 darstellt, welche in dem Gemüthe des dramatischen ppo_363.009 Dichters mit der Vergegenwärtigung gewisser ppo_363.010 Jndividuen, Handlungen und Thatsachen sich vergesellschaften; ppo_363.011 so unterscheidet sie sich doch durch zwei ppo_363.012 wesentliche Puncte von der epischen Dichtkunst, und ppo_363.013 behauptet, nach denselben, einen eigenthümlichen Charakter. ppo_363.014 Denn erstens darf in keinem Erzeugnisse ppo_363.015 der dramatischen Dichtkunst die Jndividualität des ppo_363.016 Dichters selbst wahrgenommen werden, wie dies in ppo_363.017 der epischen Dichtkunst geschieht; vielmehr muß der ppo_363.018 dramatische Dichter die ganze Handlung durch die ppo_363.019 von ihm aufgestellten Personen beginnen, fortführen ppo_363.020 und beendigen lassen, so daß das in sich zusammenhängende ppo_363.021 und abgeschlossene Ganze des dramatischen ppo_363.022 Gedichts als ein nothwendiges Ergebniß der menschlichen * ppo_363.023 Weil jedes echte Drama ein in sich abgeschlossenes ppo_363.024 Ganzes bildet, das, nach seinem ästhetischen Charakter, ppo_363.025 nur als ein Ganzes richtig aufgefaßt werden ppo_363.026 kann; so war es nicht rathsam, einzelne Bruchstücke ppo_363.027 und Scenen aus den verschiedenen Formen der ppo_363.028 dramatischen Dichtkunst, als Belege für die aufgestellte ppo_363.029 Theorie, aufzunehmen, da der Umfang und die ppo_363.030 Bestimmung dieses Werkes die Mittheilung eines vollständigen ppo_363.031 dramatischen Erzeugnisses von selbst ausschloß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/375
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/375>, abgerufen am 25.11.2024.