Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
ppo_359.001

18) von Pfeffel.

ppo_359.002

Der Phönix.

ppo_359.003
Der Phönix lag auf seinem Sterbebette ppo_359.004
Von Myrrhen, Aloe und Zimmetreis. ppo_359.005
Minervens Kauz, ein Denker, wie man weiß, ppo_359.006
Erspähte die geweihte Stätte, ppo_359.007
Und sprach zum Einzigen: So, glaubst du, blöder Greis, ppo_359.008
Daß, hat die Glut zur Asche dich verzehret, ppo_359.009
Dein Jch verneut ins Leben wiederkehret? ppo_359.010
Der Phönix schwieg. Der Kauz fuhr fort: Erkläre mir, ppo_359.011
Was gründet deinen Wahn von einem andern Leben? ppo_359.012
Jch fordre stets Beweis. Den kann ich dir, ppo_359.013
Versetzt der Phönix, wohl nicht geben; ppo_359.014
Denn was man fühlt, beweist sich nicht, ppo_359.015
Und ein Gefühl, das laut, wie ein Orakel, spricht, ppo_359.016
Sagt mir: ich werde nicht vergehen. ppo_359.017
Drauf stecket er mit heit'rer Zuversicht ppo_359.018
Den Holzstoß an, und ruft: Auf Wiedersehen!
ppo_359.019
Der Phönix, lieber Freund, philosophirte schlecht, ppo_359.020
Allein er wußte froh zu sterben, ppo_359.021
Und wer nicht fühlt, wie er, hat, wie mich dünkt, kein ppo_359.022
Recht, ppo_359.023
Jhm seine Freude zu verderben.
ppo_359.024

19) von Krummacher.

ppo_359.025

Die Raupe und der Schmetterling.

ppo_359.026
Dicht an der Erd' auf dunkelm Strauche saß ppo_359.027
Eine rauchbehaarte Raup' und fraß ppo_359.028
Das herbe Laub. Da schwebte auf leichtem Gefieder ppo_359.029
Vom bläulichen Himmel ein Schmetterling hernieder: ppo_359.030
Jhn trugen die spielenden Wellen der Lüfte ppo_359.031
Zur Blume, da trank er die würzigen Düfte.
ppo_359.001

18) von Pfeffel.

ppo_359.002

Der Phönix.

ppo_359.003
Der Phönix lag auf seinem Sterbebette ppo_359.004
Von Myrrhen, Aloe und Zimmetreis. ppo_359.005
Minervens Kauz, ein Denker, wie man weiß, ppo_359.006
Erspähte die geweihte Stätte, ppo_359.007
Und sprach zum Einzigen: So, glaubst du, blöder Greis, ppo_359.008
Daß, hat die Glut zur Asche dich verzehret, ppo_359.009
Dein Jch verneut ins Leben wiederkehret? ppo_359.010
Der Phönix schwieg. Der Kauz fuhr fort: Erkläre mir, ppo_359.011
Was gründet deinen Wahn von einem andern Leben? ppo_359.012
Jch fordre stets Beweis. Den kann ich dir, ppo_359.013
Versetzt der Phönix, wohl nicht geben; ppo_359.014
Denn was man fühlt, beweist sich nicht, ppo_359.015
Und ein Gefühl, das laut, wie ein Orakel, spricht, ppo_359.016
Sagt mir: ich werde nicht vergehen. ppo_359.017
Drauf stecket er mit heit'rer Zuversicht ppo_359.018
Den Holzstoß an, und ruft: Auf Wiedersehen!
ppo_359.019
Der Phönix, lieber Freund, philosophirte schlecht, ppo_359.020
Allein er wußte froh zu sterben, ppo_359.021
Und wer nicht fühlt, wie er, hat, wie mich dünkt, kein ppo_359.022
Recht, ppo_359.023
Jhm seine Freude zu verderben.
ppo_359.024

19) von Krummacher.

ppo_359.025

Die Raupe und der Schmetterling.

ppo_359.026
Dicht an der Erd' auf dunkelm Strauche saß ppo_359.027
Eine rauchbehaarte Raup' und fraß ppo_359.028
Das herbe Laub. Da schwebte auf leichtem Gefieder ppo_359.029
Vom bläulichen Himmel ein Schmetterling hernieder: ppo_359.030
Jhn trugen die spielenden Wellen der Lüfte ppo_359.031
Zur Blume, da trank er die würzigen Düfte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0371" n="359"/>
          <lb n="ppo_359.001"/>
          <p> <hi rendition="#et">  18) von <hi rendition="#g">Pfeffel.</hi></hi> </p>
          <lb n="ppo_359.002"/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der Phönix.</hi> </hi> </p>
          <lb n="ppo_359.003"/>
          <lg>
            <l>  Der Phönix lag auf seinem Sterbebette</l>
            <lb n="ppo_359.004"/>
            <l>Von Myrrhen, Aloe und Zimmetreis.</l>
            <lb n="ppo_359.005"/>
            <l>Minervens Kauz, ein Denker, wie man weiß,</l>
            <lb n="ppo_359.006"/>
            <l>Erspähte die geweihte Stätte,</l>
            <lb n="ppo_359.007"/>
            <l>Und sprach zum Einzigen: So, glaubst du, blöder Greis,</l>
            <lb n="ppo_359.008"/>
            <l>Daß, hat die Glut zur Asche dich verzehret,</l>
            <lb n="ppo_359.009"/>
            <l>Dein Jch verneut ins Leben wiederkehret?</l>
            <lb n="ppo_359.010"/>
            <l>Der Phönix schwieg. Der Kauz fuhr fort: Erkläre mir,</l>
            <lb n="ppo_359.011"/>
            <l>Was gründet deinen Wahn von einem andern Leben?</l>
            <lb n="ppo_359.012"/>
            <l>Jch fordre stets Beweis. Den kann ich dir,</l>
            <lb n="ppo_359.013"/>
            <l>Versetzt der Phönix, wohl nicht geben;</l>
            <lb n="ppo_359.014"/>
            <l>Denn was man fühlt, beweist sich nicht,</l>
            <lb n="ppo_359.015"/>
            <l>Und ein Gefühl, das laut, wie ein Orakel, spricht,</l>
            <lb n="ppo_359.016"/>
            <l>Sagt mir: ich werde nicht vergehen.</l>
            <lb n="ppo_359.017"/>
            <l>Drauf stecket er mit heit'rer Zuversicht</l>
            <lb n="ppo_359.018"/>
            <l>Den Holzstoß an, und ruft: Auf Wiedersehen!</l>
          </lg>
          <lb n="ppo_359.019"/>
          <lg>
            <l>  Der Phönix, lieber Freund, philosophirte schlecht,</l>
            <lb n="ppo_359.020"/>
            <l>Allein er wußte froh zu sterben,</l>
            <lb n="ppo_359.021"/>
            <l>Und wer nicht fühlt, wie er, hat, wie mich dünkt, kein</l>
            <lb n="ppo_359.022"/>
            <l> <hi rendition="#right">Recht,</hi> </l>
            <lb n="ppo_359.023"/>
            <l>Jhm seine Freude zu verderben.</l>
          </lg>
          <lb n="ppo_359.024"/>
          <p> <hi rendition="#et">  19) von <hi rendition="#g">Krummacher.</hi></hi> </p>
          <lb n="ppo_359.025"/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Die Raupe und der Schmetterling.</hi> </hi> </p>
          <lb n="ppo_359.026"/>
          <lg>
            <l>  Dicht an der Erd' auf dunkelm Strauche saß</l>
            <lb n="ppo_359.027"/>
            <l>Eine rauchbehaarte Raup' und fraß</l>
            <lb n="ppo_359.028"/>
            <l>Das herbe Laub. Da schwebte auf leichtem Gefieder</l>
            <lb n="ppo_359.029"/>
            <l>Vom bläulichen Himmel ein Schmetterling hernieder:</l>
            <lb n="ppo_359.030"/>
            <l>Jhn trugen die spielenden Wellen der Lüfte</l>
            <lb n="ppo_359.031"/>
            <l>Zur Blume, da trank er die würzigen Düfte.</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0371] ppo_359.001 18) von Pfeffel. ppo_359.002 Der Phönix. ppo_359.003 Der Phönix lag auf seinem Sterbebette ppo_359.004 Von Myrrhen, Aloe und Zimmetreis. ppo_359.005 Minervens Kauz, ein Denker, wie man weiß, ppo_359.006 Erspähte die geweihte Stätte, ppo_359.007 Und sprach zum Einzigen: So, glaubst du, blöder Greis, ppo_359.008 Daß, hat die Glut zur Asche dich verzehret, ppo_359.009 Dein Jch verneut ins Leben wiederkehret? ppo_359.010 Der Phönix schwieg. Der Kauz fuhr fort: Erkläre mir, ppo_359.011 Was gründet deinen Wahn von einem andern Leben? ppo_359.012 Jch fordre stets Beweis. Den kann ich dir, ppo_359.013 Versetzt der Phönix, wohl nicht geben; ppo_359.014 Denn was man fühlt, beweist sich nicht, ppo_359.015 Und ein Gefühl, das laut, wie ein Orakel, spricht, ppo_359.016 Sagt mir: ich werde nicht vergehen. ppo_359.017 Drauf stecket er mit heit'rer Zuversicht ppo_359.018 Den Holzstoß an, und ruft: Auf Wiedersehen! ppo_359.019 Der Phönix, lieber Freund, philosophirte schlecht, ppo_359.020 Allein er wußte froh zu sterben, ppo_359.021 Und wer nicht fühlt, wie er, hat, wie mich dünkt, kein ppo_359.022 Recht, ppo_359.023 Jhm seine Freude zu verderben. ppo_359.024 19) von Krummacher. ppo_359.025 Die Raupe und der Schmetterling. ppo_359.026 Dicht an der Erd' auf dunkelm Strauche saß ppo_359.027 Eine rauchbehaarte Raup' und fraß ppo_359.028 Das herbe Laub. Da schwebte auf leichtem Gefieder ppo_359.029 Vom bläulichen Himmel ein Schmetterling hernieder: ppo_359.030 Jhn trugen die spielenden Wellen der Lüfte ppo_359.031 Zur Blume, da trank er die würzigen Düfte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/371
Zitationshilfe: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/371>, abgerufen am 25.11.2024.