Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_358.001 16) von Tiedge. ppo_358.002Das Privilegium. ppo_358.003 Der Vogel Zeus, der, wie ihr wißt, ppo_358.004 ppo_358.022Der Großsultan der Vögel ist, ppo_358.005 Hatt' einen Landtag ausgeschrieben. ppo_358.006 Die Vögel kamen all' herbei; ppo_358.007 Und ward auch wohl nicht viel betrieben, ppo_358.008 So gab es doch viel Schmauserei. ppo_358.009 Mitunter wurden denn auch Klagen ppo_358.010 Dem hohen Sultan vorgetragen. ppo_358.011 Es war ein Sprosser, der begann. ppo_358.012 Hart klagte der die Melodramen ppo_358.013 Des unbescheidnen Kukuks an. ppo_358.014 "Der Kukuk schreit, so hub er an, ppo_358.015 Bis zum Betäuben seinen Namen ppo_358.016 Jm ganzen, weiten Wald herum. ppo_358.017 Erhabner Adler, mach' ihn stumm! ppo_358.018 Wir alle hören lieber Raben, ppo_358.019 Als diesen Narrn, den Wald durchschrein." -- ppo_358.020 Der Adler sprach: "Ein Narr zu seyn, ppo_358.021 Die Freiheit muß ein jeder haben!" 17) von Zink. ppo_358.023Der Affe. ppo_358.024 Ein alter Affe setzte sich ppo_358.025
Zu seiner Lieblingskost, zu reifen Haselnüssen. ppo_358.026 Nachdem er Eine kümmerlich ppo_358.027 Mit stumpfen Zähnen aufgebissen, ppo_358.028 Sprach er voll Unzufriedenheit: ppo_358.029 Wie Alles doch sich ändert mit der Zeit! ppo_358.030 Die Nüsse selbst; auch diese waren ppo_358.031 Bei weitem nicht so hart in meinen Jugendjahren! ppo_358.001 16) von Tiedge. ppo_358.002Das Privilegium. ppo_358.003 Der Vogel Zeus, der, wie ihr wißt, ppo_358.004 ppo_358.022Der Großsultan der Vögel ist, ppo_358.005 Hatt' einen Landtag ausgeschrieben. ppo_358.006 Die Vögel kamen all' herbei; ppo_358.007 Und ward auch wohl nicht viel betrieben, ppo_358.008 So gab es doch viel Schmauserei. ppo_358.009 Mitunter wurden denn auch Klagen ppo_358.010 Dem hohen Sultan vorgetragen. ppo_358.011 Es war ein Sprosser, der begann. ppo_358.012 Hart klagte der die Melodramen ppo_358.013 Des unbescheidnen Kukuks an. ppo_358.014 „Der Kukuk schreit, so hub er an, ppo_358.015 Bis zum Betäuben seinen Namen ppo_358.016 Jm ganzen, weiten Wald herum. ppo_358.017 Erhabner Adler, mach' ihn stumm! ppo_358.018 Wir alle hören lieber Raben, ppo_358.019 Als diesen Narrn, den Wald durchschrein.“ — ppo_358.020 Der Adler sprach: „Ein Narr zu seyn, ppo_358.021 Die Freiheit muß ein jeder haben!“ 17) von Zink. ppo_358.023Der Affe. ppo_358.024 Ein alter Affe setzte sich ppo_358.025
Zu seiner Lieblingskost, zu reifen Haselnüssen. ppo_358.026 Nachdem er Eine kümmerlich ppo_358.027 Mit stumpfen Zähnen aufgebissen, ppo_358.028 Sprach er voll Unzufriedenheit: ppo_358.029 Wie Alles doch sich ändert mit der Zeit! ppo_358.030 Die Nüsse selbst; auch diese waren ppo_358.031 Bei weitem nicht so hart in meinen Jugendjahren! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0370" n="358"/> <lb n="ppo_358.001"/> <p> <hi rendition="#et"> 16) von <hi rendition="#g">Tiedge.</hi></hi> </p> <lb n="ppo_358.002"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Das Privilegium.</hi> </hi> </p> <lb n="ppo_358.003"/> <lg> <l> Der Vogel Zeus, der, wie ihr wißt,</l> <lb n="ppo_358.004"/> <l>Der Großsultan der Vögel ist,</l> <lb n="ppo_358.005"/> <l>Hatt' einen Landtag ausgeschrieben.</l> <lb n="ppo_358.006"/> <l>Die Vögel kamen all' herbei;</l> <lb n="ppo_358.007"/> <l>Und ward auch wohl nicht viel betrieben,</l> <lb n="ppo_358.008"/> <l>So gab es doch viel Schmauserei.</l> <lb n="ppo_358.009"/> <l>Mitunter wurden denn auch Klagen</l> <lb n="ppo_358.010"/> <l>Dem hohen Sultan vorgetragen.</l> <lb n="ppo_358.011"/> <l>Es war ein Sprosser, der begann.</l> <lb n="ppo_358.012"/> <l>Hart klagte der die Melodramen</l> <lb n="ppo_358.013"/> <l>Des unbescheidnen Kukuks an.</l> <lb n="ppo_358.014"/> <l>„Der Kukuk schreit, so hub er an,</l> <lb n="ppo_358.015"/> <l>Bis zum Betäuben seinen Namen</l> <lb n="ppo_358.016"/> <l>Jm ganzen, weiten Wald herum.</l> <lb n="ppo_358.017"/> <l>Erhabner Adler, mach' ihn stumm!</l> <lb n="ppo_358.018"/> <l>Wir alle hören lieber Raben,</l> <lb n="ppo_358.019"/> <l>Als diesen Narrn, den Wald durchschrein.“ —</l> <lb n="ppo_358.020"/> <l>Der Adler sprach: „Ein Narr zu seyn,</l> <lb n="ppo_358.021"/> <l><hi rendition="#g">Die</hi> Freiheit muß ein jeder haben!“</l> </lg> <lb n="ppo_358.022"/> <p> <hi rendition="#et"> 17) von <hi rendition="#g">Zink.</hi></hi> </p> <lb n="ppo_358.023"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der Affe.</hi> </hi> </p> <lb n="ppo_358.024"/> <lg> <l> Ein alter Affe setzte sich</l> <lb n="ppo_358.025"/> <l>Zu seiner Lieblingskost, zu reifen Haselnüssen.</l> <lb n="ppo_358.026"/> <l>Nachdem er Eine kümmerlich</l> <lb n="ppo_358.027"/> <l>Mit stumpfen Zähnen aufgebissen,</l> <lb n="ppo_358.028"/> <l>Sprach er voll Unzufriedenheit:</l> <lb n="ppo_358.029"/> <l>Wie Alles doch sich ändert mit der Zeit!</l> <lb n="ppo_358.030"/> <l>Die Nüsse selbst; auch diese waren</l> <lb n="ppo_358.031"/> <l>Bei weitem nicht so hart in meinen Jugendjahren!</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [358/0370]
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