Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_321.001 Sie trugen Holz zusammen und mit Wuth ppo_321.002 ppo_321.023Ward er ergriffen. -- "Freunde, sprach er, hier ppo_321.003 Bedarfs der Bande nicht. Wer dieser Flamme ppo_321.004 Mich würdigte; der wird mir Muth verleihn." ppo_321.005 Und legte still den Mantel ab, und band ppo_321.006 Die Sohlen seiner Füße los, und stieg ppo_321.007 Hinauf zum Scheiterhaufen. -- Plötzlich schlug ppo_321.008 Die Flamm' empor, umwehend rings um ihn, ppo_321.009 Gleich einem Segel, das ihn kühlete, ppo_321.010 Gleich einem glänzenden Gewölbe, das ppo_321.011 Den Edelstein in seine Mitte nahm, ppo_321.012 Und schöner ihn verklärte, bis ergrimmt ppo_321.013 Jhm eine freche Hand das Herz durchstieß. ppo_321.014 Er sank; es floß sein Blut; die Flamm' erlosch; ppo_321.015 Und eine weiße Taube stieg empor. ppo_321.016 Du lachst der weißen Taube? Soll einmal ppo_321.017 Ein Geier dir dem Sterbenden die Brust ppo_321.018 Durchbohren? Dem Gestorbenen das Aug' ppo_321.019 Ein Rab' aushacken? Aus der Asche sich ppo_321.020 Molch oder Natter winden? -- Spotte nicht ppo_321.021 Des Bildes, das die Sage sich erschuf; ppo_321.022 Nur Einfalt, Unschuld, giebt im Tode Muth. 2) von v. Göthe. ppo_321.024Der Gott und die Bajadere. ppo_321.025Eine indische Legende. ppo_321.026Mahadöh, der Herr der Erde, ppo_321.027
Kommt herab zum sechstenmal, ppo_321.028 Daß er unsers Gleichen werde, ppo_321.029 Mit zu fühlen Freud' und Qual. ppo_321.030 Er bequemt sich hier zu wohnen, ppo_321.031 Läßt sich Alles selbst geschehn. ppo_321.032 Soll er strafen oder schonen, ppo_321.033 Muß er Menschen menschlich seyn. ppo_321.001 Sie trugen Holz zusammen und mit Wuth ppo_321.002 ppo_321.023Ward er ergriffen. — „Freunde, sprach er, hier ppo_321.003 Bedarfs der Bande nicht. Wer dieser Flamme ppo_321.004 Mich würdigte; der wird mir Muth verleihn.“ ppo_321.005 Und legte still den Mantel ab, und band ppo_321.006 Die Sohlen seiner Füße los, und stieg ppo_321.007 Hinauf zum Scheiterhaufen. — Plötzlich schlug ppo_321.008 Die Flamm' empor, umwehend rings um ihn, ppo_321.009 Gleich einem Segel, das ihn kühlete, ppo_321.010 Gleich einem glänzenden Gewölbe, das ppo_321.011 Den Edelstein in seine Mitte nahm, ppo_321.012 Und schöner ihn verklärte, bis ergrimmt ppo_321.013 Jhm eine freche Hand das Herz durchstieß. ppo_321.014 Er sank; es floß sein Blut; die Flamm' erlosch; ppo_321.015 Und eine weiße Taube stieg empor. ppo_321.016 Du lachst der weißen Taube? Soll einmal ppo_321.017 Ein Geier dir dem Sterbenden die Brust ppo_321.018 Durchbohren? Dem Gestorbenen das Aug' ppo_321.019 Ein Rab' aushacken? Aus der Asche sich ppo_321.020 Molch oder Natter winden? — Spotte nicht ppo_321.021 Des Bildes, das die Sage sich erschuf; ppo_321.022 Nur Einfalt, Unschuld, giebt im Tode Muth. 2) von v. Göthe. ppo_321.024Der Gott und die Bajadere. ppo_321.025Eine indische Legende. ppo_321.026Mahadöh, der Herr der Erde, ppo_321.027
Kommt herab zum sechstenmal, ppo_321.028 Daß er unsers Gleichen werde, ppo_321.029 Mit zu fühlen Freud' und Qual. ppo_321.030 Er bequemt sich hier zu wohnen, ppo_321.031 Läßt sich Alles selbst geschehn. ppo_321.032 Soll er strafen oder schonen, ppo_321.033 Muß er Menschen menschlich seyn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0333" n="321"/> <lb n="ppo_321.001"/> <lg> <l>Sie trugen Holz zusammen und mit Wuth</l> <lb n="ppo_321.002"/> <l>Ward er ergriffen. — „Freunde, sprach er, hier</l> <lb n="ppo_321.003"/> <l>Bedarfs der Bande nicht. Wer dieser Flamme</l> <lb n="ppo_321.004"/> <l>Mich würdigte; der wird mir Muth verleihn.“</l> <lb n="ppo_321.005"/> <l> Und legte still den Mantel ab, und band</l> <lb n="ppo_321.006"/> <l>Die Sohlen seiner Füße los, und stieg</l> <lb n="ppo_321.007"/> <l>Hinauf zum Scheiterhaufen. — Plötzlich schlug</l> <lb n="ppo_321.008"/> <l>Die Flamm' empor, umwehend rings um ihn,</l> <lb n="ppo_321.009"/> <l>Gleich einem Segel, das ihn kühlete,</l> <lb n="ppo_321.010"/> <l>Gleich einem glänzenden Gewölbe, das</l> <lb n="ppo_321.011"/> <l>Den Edelstein in seine Mitte nahm,</l> <lb n="ppo_321.012"/> <l>Und schöner ihn verklärte, bis ergrimmt</l> <lb n="ppo_321.013"/> <l>Jhm eine freche Hand das Herz durchstieß.</l> <lb n="ppo_321.014"/> <l>Er sank; es floß sein Blut; die Flamm' erlosch;</l> <lb n="ppo_321.015"/> <l>Und eine weiße Taube stieg empor.</l> <lb n="ppo_321.016"/> <l> Du lachst der weißen Taube? Soll einmal</l> <lb n="ppo_321.017"/> <l>Ein Geier dir dem Sterbenden die Brust</l> <lb n="ppo_321.018"/> <l>Durchbohren? Dem Gestorbenen das Aug'</l> <lb n="ppo_321.019"/> <l>Ein Rab' aushacken? Aus der Asche sich</l> <lb n="ppo_321.020"/> <l>Molch oder Natter winden? — Spotte nicht</l> <lb n="ppo_321.021"/> <l>Des Bildes, <hi rendition="#g">das die Sage sich erschuf;</hi></l> <lb n="ppo_321.022"/> <l>Nur Einfalt, Unschuld, giebt im Tode Muth.</l> </lg> <lb n="ppo_321.023"/> <p> <hi rendition="#et"> 2) von v. <hi rendition="#g">Göthe.</hi></hi> </p> <lb n="ppo_321.024"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Der Gott und die Bajadere.</hi> </hi> </p> <lb n="ppo_321.025"/> <p> <hi rendition="#c">Eine indische Legende.</hi> </p> <lb n="ppo_321.026"/> <lg> <l>Mahadöh, der Herr der Erde,</l> <lb n="ppo_321.027"/> <l>Kommt herab zum sechstenmal,</l> <lb n="ppo_321.028"/> <l>Daß er unsers Gleichen werde,</l> <lb n="ppo_321.029"/> <l>Mit zu fühlen Freud' und Qual.</l> <lb n="ppo_321.030"/> <l>Er bequemt sich hier zu wohnen,</l> <lb n="ppo_321.031"/> <l>Läßt sich Alles selbst geschehn.</l> <lb n="ppo_321.032"/> <l>Soll er strafen oder schonen,</l> <lb n="ppo_321.033"/> <l>Muß er Menschen menschlich seyn.</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [321/0333]
ppo_321.001
Sie trugen Holz zusammen und mit Wuth ppo_321.002
Ward er ergriffen. — „Freunde, sprach er, hier ppo_321.003
Bedarfs der Bande nicht. Wer dieser Flamme ppo_321.004
Mich würdigte; der wird mir Muth verleihn.“ ppo_321.005
Und legte still den Mantel ab, und band ppo_321.006
Die Sohlen seiner Füße los, und stieg ppo_321.007
Hinauf zum Scheiterhaufen. — Plötzlich schlug ppo_321.008
Die Flamm' empor, umwehend rings um ihn, ppo_321.009
Gleich einem Segel, das ihn kühlete, ppo_321.010
Gleich einem glänzenden Gewölbe, das ppo_321.011
Den Edelstein in seine Mitte nahm, ppo_321.012
Und schöner ihn verklärte, bis ergrimmt ppo_321.013
Jhm eine freche Hand das Herz durchstieß. ppo_321.014
Er sank; es floß sein Blut; die Flamm' erlosch; ppo_321.015
Und eine weiße Taube stieg empor. ppo_321.016
Du lachst der weißen Taube? Soll einmal ppo_321.017
Ein Geier dir dem Sterbenden die Brust ppo_321.018
Durchbohren? Dem Gestorbenen das Aug' ppo_321.019
Ein Rab' aushacken? Aus der Asche sich ppo_321.020
Molch oder Natter winden? — Spotte nicht ppo_321.021
Des Bildes, das die Sage sich erschuf; ppo_321.022
Nur Einfalt, Unschuld, giebt im Tode Muth.
ppo_321.023
2) von v. Göthe.
ppo_321.024
Der Gott und die Bajadere.
ppo_321.025
Eine indische Legende.
ppo_321.026
Mahadöh, der Herr der Erde, ppo_321.027
Kommt herab zum sechstenmal, ppo_321.028
Daß er unsers Gleichen werde, ppo_321.029
Mit zu fühlen Freud' und Qual. ppo_321.030
Er bequemt sich hier zu wohnen, ppo_321.031
Läßt sich Alles selbst geschehn. ppo_321.032
Soll er strafen oder schonen, ppo_321.033
Muß er Menschen menschlich seyn.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/333 |
Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/333>, abgerufen am 16.07.2024. |