Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_320.001 Des Jrrthums und der Schmeicheleien Feind, ppo_320.002
Und fällt, der höchsten Majestät getreu, ppo_320.003 Dem redlichen Gewissen, das ihm sagt: ppo_320.004 Er suchte nicht, und floh nicht seinen Tod. ppo_320.005 "Was tödtet ihr die Glieder? (rief die Wuth ppo_320.006 Des Heidenpöbels,) sucht und würgt das Haupt." -- ppo_320.007 Man sucht den frommen Polykarpus, ihn, ppo_320.008 Johannes Bild und Schüler. Sorgsam hatten ppo_320.009 Die Seinen ihn aufs Land geflüchtet: -- "Jch ppo_320.010 Sah diese Nacht das Kissen meines Haupts ppo_320.011 Jn voller Glut (so sprach der kranke Greis); ppo_320.012 Und wachte mit besondrer Freude auf. ppo_320.013 Jhr Lieben mühet euch umsonst; ich soll ppo_320.014 Mit meinem Tode Gott lobpreisen." -- Da ppo_320.015 Erscholl das Haus von stürmendem Geschrei ppo_320.016 Der Suchenden. Er nahm sie freundlich auf. ppo_320.017 "Bereitet, sprach er, diesen Müden noch ppo_320.018 Ein Gastmahl, -- ich bereite mich indeß ppo_320.019 Zur Reise auch." -- Er ging, und betete, ppo_320.020 Und folgete mit vielen Schmerzen ihnen ppo_320.021 Zum Consul. Als er auf den Richtplatz kam, ppo_320.022 Rief eine mächt'ge Stimm' im Busen ihm: ppo_320.023 "Sey tapfer, Polykarp!" -- der Consul sieht ppo_320.024 Den heitern, schönen, ruhig sanften Greis ppo_320.025 Verwundernd. "Schone (sprach er) deines Alters, ppo_320.026 Und opfre hier, entsagend deinem Gott!" -- ppo_320.027 "Wie sollt' ich meinem Herrn entsagen, dem ppo_320.028 Zeitlebens ich gedienet, und der mir ppo_320.029 Zeitlebens Gutes that?" -- "Und fürchtest du ppo_320.030 Denn keines Löwen Zahn?" -- "Zermalmet muß ppo_320.031 Das Weizenkorn doch einmal werden, sey's ppo_320.032 Wodurch es will, zur künft'gen neuen Frucht." ppo_320.033 Der Pöbel rief: "Hinweg mit ihm! Er ist ppo_320.034 Der Christen Vater! Feuer, Feuer her!" ppo_320.001 Des Jrrthums und der Schmeicheleien Feind, ppo_320.002
Und fällt, der höchsten Majestät getreu, ppo_320.003 Dem redlichen Gewissen, das ihm sagt: ppo_320.004 Er suchte nicht, und floh nicht seinen Tod. ppo_320.005 „Was tödtet ihr die Glieder? (rief die Wuth ppo_320.006 Des Heidenpöbels,) sucht und würgt das Haupt.“ — ppo_320.007 Man sucht den frommen Polykarpus, ihn, ppo_320.008 Johannes Bild und Schüler. Sorgsam hatten ppo_320.009 Die Seinen ihn aufs Land geflüchtet: — „Jch ppo_320.010 Sah diese Nacht das Kissen meines Haupts ppo_320.011 Jn voller Glut (so sprach der kranke Greis); ppo_320.012 Und wachte mit besondrer Freude auf. ppo_320.013 Jhr Lieben mühet euch umsonst; ich soll ppo_320.014 Mit meinem Tode Gott lobpreisen.“ — Da ppo_320.015 Erscholl das Haus von stürmendem Geschrei ppo_320.016 Der Suchenden. Er nahm sie freundlich auf. ppo_320.017 „Bereitet, sprach er, diesen Müden noch ppo_320.018 Ein Gastmahl, — ich bereite mich indeß ppo_320.019 Zur Reise auch.“ — Er ging, und betete, ppo_320.020 Und folgete mit vielen Schmerzen ihnen ppo_320.021 Zum Consul. Als er auf den Richtplatz kam, ppo_320.022 Rief eine mächt'ge Stimm' im Busen ihm: ppo_320.023 „Sey tapfer, Polykarp!“ — der Consul sieht ppo_320.024 Den heitern, schönen, ruhig sanften Greis ppo_320.025 Verwundernd. „Schone (sprach er) deines Alters, ppo_320.026 Und opfre hier, entsagend deinem Gott!“ — ppo_320.027 „Wie sollt' ich meinem Herrn entsagen, dem ppo_320.028 Zeitlebens ich gedienet, und der mir ppo_320.029 Zeitlebens Gutes that?“ — „Und fürchtest du ppo_320.030 Denn keines Löwen Zahn?“ — „Zermalmet muß ppo_320.031 Das Weizenkorn doch einmal werden, sey's ppo_320.032 Wodurch es will, zur künft'gen neuen Frucht.“ ppo_320.033 Der Pöbel rief: „Hinweg mit ihm! Er ist ppo_320.034 Der Christen Vater! Feuer, Feuer her!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0332" n="320"/> <lb n="ppo_320.001"/> <lg> <l>Des Jrrthums und der Schmeicheleien Feind,</l> <lb n="ppo_320.002"/> <l>Und fällt, <hi rendition="#g">der höchsten Majestät getreu,</hi></l> <lb n="ppo_320.003"/> <l>Dem redlichen Gewissen, das ihm sagt:</l> <lb n="ppo_320.004"/> <l>Er suchte nicht, und floh nicht seinen Tod.</l> <lb n="ppo_320.005"/> <l> „Was tödtet ihr die Glieder? (rief die Wuth</l> <lb n="ppo_320.006"/> <l>Des Heidenpöbels,) sucht und würgt das Haupt.“ —</l> <lb n="ppo_320.007"/> <l> Man sucht den frommen <hi rendition="#g">Polykarpus,</hi> ihn,</l> <lb n="ppo_320.008"/> <l>Johannes Bild und Schüler. Sorgsam hatten</l> <lb n="ppo_320.009"/> <l>Die Seinen ihn aufs Land geflüchtet: — „Jch</l> <lb n="ppo_320.010"/> <l>Sah diese Nacht das Kissen meines Haupts</l> <lb n="ppo_320.011"/> <l>Jn voller Glut (so sprach der kranke Greis);</l> <lb n="ppo_320.012"/> <l>Und wachte mit besondrer Freude auf.</l> <lb n="ppo_320.013"/> <l>Jhr Lieben mühet euch umsonst; ich soll</l> <lb n="ppo_320.014"/> <l>Mit meinem Tode Gott lobpreisen.“ — Da</l> <lb n="ppo_320.015"/> <l>Erscholl das Haus von stürmendem Geschrei</l> <lb n="ppo_320.016"/> <l>Der Suchenden. Er nahm sie freundlich auf.</l> <lb n="ppo_320.017"/> <l>„Bereitet, sprach er, diesen Müden noch</l> <lb n="ppo_320.018"/> <l>Ein Gastmahl, — ich bereite mich indeß</l> <lb n="ppo_320.019"/> <l>Zur Reise auch.“ — Er ging, und betete,</l> <lb n="ppo_320.020"/> <l>Und folgete mit vielen Schmerzen ihnen</l> <lb n="ppo_320.021"/> <l>Zum Consul. Als er auf den Richtplatz kam,</l> <lb n="ppo_320.022"/> <l>Rief eine mächt'ge Stimm' im Busen ihm:</l> <lb n="ppo_320.023"/> <l>„Sey tapfer, Polykarp!“ — der Consul sieht</l> <lb n="ppo_320.024"/> <l>Den heitern, schönen, ruhig sanften Greis</l> <lb n="ppo_320.025"/> <l>Verwundernd. „Schone (sprach er) deines Alters,</l> <lb n="ppo_320.026"/> <l>Und opfre hier, entsagend deinem Gott!“ —</l> <lb n="ppo_320.027"/> <l> „Wie sollt' ich meinem Herrn entsagen, dem</l> <lb n="ppo_320.028"/> <l>Zeitlebens ich gedienet, und der mir</l> <lb n="ppo_320.029"/> <l>Zeitlebens Gutes that?“ — „Und fürchtest du</l> <lb n="ppo_320.030"/> <l>Denn keines Löwen Zahn?“ — „Zermalmet muß</l> <lb n="ppo_320.031"/> <l>Das Weizenkorn doch einmal werden, sey's</l> <lb n="ppo_320.032"/> <l>Wodurch es will, zur künft'gen neuen Frucht.“</l> <lb n="ppo_320.033"/> <l> Der Pöbel rief: „Hinweg mit ihm! Er ist</l> <lb n="ppo_320.034"/> <l>Der Christen Vater! Feuer, Feuer her!“</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [320/0332]
ppo_320.001
Des Jrrthums und der Schmeicheleien Feind, ppo_320.002
Und fällt, der höchsten Majestät getreu, ppo_320.003
Dem redlichen Gewissen, das ihm sagt: ppo_320.004
Er suchte nicht, und floh nicht seinen Tod. ppo_320.005
„Was tödtet ihr die Glieder? (rief die Wuth ppo_320.006
Des Heidenpöbels,) sucht und würgt das Haupt.“ — ppo_320.007
Man sucht den frommen Polykarpus, ihn, ppo_320.008
Johannes Bild und Schüler. Sorgsam hatten ppo_320.009
Die Seinen ihn aufs Land geflüchtet: — „Jch ppo_320.010
Sah diese Nacht das Kissen meines Haupts ppo_320.011
Jn voller Glut (so sprach der kranke Greis); ppo_320.012
Und wachte mit besondrer Freude auf. ppo_320.013
Jhr Lieben mühet euch umsonst; ich soll ppo_320.014
Mit meinem Tode Gott lobpreisen.“ — Da ppo_320.015
Erscholl das Haus von stürmendem Geschrei ppo_320.016
Der Suchenden. Er nahm sie freundlich auf. ppo_320.017
„Bereitet, sprach er, diesen Müden noch ppo_320.018
Ein Gastmahl, — ich bereite mich indeß ppo_320.019
Zur Reise auch.“ — Er ging, und betete, ppo_320.020
Und folgete mit vielen Schmerzen ihnen ppo_320.021
Zum Consul. Als er auf den Richtplatz kam, ppo_320.022
Rief eine mächt'ge Stimm' im Busen ihm: ppo_320.023
„Sey tapfer, Polykarp!“ — der Consul sieht ppo_320.024
Den heitern, schönen, ruhig sanften Greis ppo_320.025
Verwundernd. „Schone (sprach er) deines Alters, ppo_320.026
Und opfre hier, entsagend deinem Gott!“ — ppo_320.027
„Wie sollt' ich meinem Herrn entsagen, dem ppo_320.028
Zeitlebens ich gedienet, und der mir ppo_320.029
Zeitlebens Gutes that?“ — „Und fürchtest du ppo_320.030
Denn keines Löwen Zahn?“ — „Zermalmet muß ppo_320.031
Das Weizenkorn doch einmal werden, sey's ppo_320.032
Wodurch es will, zur künft'gen neuen Frucht.“ ppo_320.033
Der Pöbel rief: „Hinweg mit ihm! Er ist ppo_320.034
Der Christen Vater! Feuer, Feuer her!“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/332 |
Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/332>, abgerufen am 16.02.2025. |