Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_197.001 3) von Katharina v. Greiffenberg, geb. ppo_197.002 (Jhre Gedichte erschienen 1662.) ppo_197.004Die Gott lobende Frühlingslust. ppo_197.005 Das schöne Blumenheer geht wiederum zu Feld, ppo_197.006 ppo_197.009Um Ruh und Farbenpracht recht in die Welt zu streiten, ppo_197.007 Des Laubes Lorbeersträuch' bekränzen's aller Seiten; ppo_197.008 Dryaden schlagen auf die kühlen Schattenzelt. Es ist mit Lieblichkeit verguldet alle Welt; ppo_197.010 ppo_197.013Die Freudengeister sich ganz in die Luft ausbreiten. ppo_197.011 Die Welt=regierend Kraft will all's in Freud verleiten. ppo_197.012 Die süße Himmelsfüll' sich etwas erdwärts hält. Es weißt die Ewigkeit ein Fünklein ihrer Schöne, ppo_197.014 ppo_197.016Ein Tröpflein ihres Safts, ein Stäublein ihrer Zier. ppo_197.015 Dies lieblich Kosten macht, daß ich mich erst recht sehne, Und lechz' mit dürrer Zung' und heißer Gier nach ihr. ppo_197.017 ppo_197.019O Frühling, Spiegelquell, du netzest und ergötzest; ppo_197.018 Aus Erd' in Himmel-Lust die Seele schnell versetzest. 4) von Andr. Gryphius (+ 1664). ppo_197.020Es ist alles eitel. ppo_197.021 Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. ppo_197.022 ppo_197.025Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; ppo_197.023 Wo jetzo Städte stehn, wird eine Wiese seyn, ppo_197.024 Auf der ein Schäferskind wird spielen mit der Heerden. Was jetzo prächtig blüht, soll bald zertreten werden; ppo_197.026 ppo_197.029Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch' und Bein; ppo_197.027 Nichts ist, das ewig ist, kein Erz, kein Marmorstein. ppo_197.028 Jetzt lacht das Glück uns an, bald dauern die Beschwerden. ppo_197.001 3) von Katharina v. Greiffenberg, geb. ppo_197.002 (Jhre Gedichte erschienen 1662.) ppo_197.004Die Gott lobende Frühlingslust. ppo_197.005 Das schöne Blumenheer geht wiederum zu Feld, ppo_197.006 ppo_197.009Um Ruh und Farbenpracht recht in die Welt zu streiten, ppo_197.007 Des Laubes Lorbeersträuch' bekränzen's aller Seiten; ppo_197.008 Dryaden schlagen auf die kühlen Schattenzelt. Es ist mit Lieblichkeit verguldet alle Welt; ppo_197.010 ppo_197.013Die Freudengeister sich ganz in die Luft ausbreiten. ppo_197.011 Die Welt=regierend Kraft will all's in Freud verleiten. ppo_197.012 Die süße Himmelsfüll' sich etwas erdwärts hält. 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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/209>, abgerufen am 20.07.2024. |