Es ist schwer zu sagen, welche von den drei Schwesterkünsten, der Musik, Malerei und Poesie, unserem Grafen am nächsten gestanden habe; er umfaßte sie alle mit gleicher Energie und wußte selbe in originellster Weise zu vereinen, indem er seine und seiner Freunde Lieder in Musik setzte und mit Randzeichnungen versah, welche in dieser über- raschenden Ausstattung überall die freudigste Aufnahme fanden. So erschienen seine "Blumen-" und "Minne-Lieder", seine "Bildertöne" und Anderes dieser Art; auch eine Oper, "Der Alchymist" componirte Pocci, ebenso viele Singspiele; doch ist davon nichts in die Oeffent- lichkeit gekommen. Dagegen drang sein Name in die weitesten Kreise, als er mit Guido Görres den "Fest-Kalender" begründete (1835), welcher drei Jahre lang erschien und als erste illustrirte Jugendzeitschrift unvergessen bleibt. Eine solche Verbindung von Wort, Ton und Bild war vorher unerhört gewesen. Wenn auch die durch Lithographie vervielfältigte Zeichnung bisweilen in der Form eine unvollkommene war und unseren, durch die schönsten Holzschnitte geradezu verwöhnten Augen Manches zu wünschen ließe -- so eroberte das innere Gefühl doch alle Herzen. Ludwig Richter, der große
Es iſt ſchwer zu ſagen, welche von den drei Schweſterkünſten, der Muſik, Malerei und Poeſie, unſerem Grafen am nächſten geſtanden habe; er umfaßte ſie alle mit gleicher Energie und wußte ſelbe in originellſter Weiſe zu vereinen, indem er ſeine und ſeiner Freunde Lieder in Muſik ſetzte und mit Randzeichnungen verſah, welche in dieſer über- raſchenden Ausſtattung überall die freudigſte Aufnahme fanden. So erſchienen ſeine „Blumen-‟ und „Minne-Lieder‟, ſeine „Bildertöne‟ und Anderes dieſer Art; auch eine Oper, „Der Alchymiſt‟ componirte Pocci, ebenſo viele Singſpiele; doch iſt davon nichts in die Oeffent- lichkeit gekommen. Dagegen drang ſein Name in die weiteſten Kreiſe, als er mit Guido Görres den „Feſt-Kalender‟ begründete (1835), welcher drei Jahre lang erſchien und als erſte illuſtrirte Jugendzeitſchrift unvergeſſen bleibt. Eine ſolche Verbindung von Wort, Ton und Bild war vorher unerhört geweſen. Wenn auch die durch Lithographie vervielfältigte Zeichnung bisweilen in der Form eine unvollkommene war und unſeren, durch die ſchönſten Holzſchnitte geradezu verwöhnten Augen Manches zu wünſchen ließe — ſo eroberte das innere Gefühl doch alle Herzen. Ludwig Richter, der große
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[XXII/0024]
Es iſt ſchwer zu ſagen, welche von den drei
Schweſterkünſten, der Muſik, Malerei und Poeſie,
unſerem Grafen am nächſten geſtanden habe; er
umfaßte ſie alle mit gleicher Energie und wußte
ſelbe in originellſter Weiſe zu vereinen, indem er
ſeine und ſeiner Freunde Lieder in Muſik ſetzte und
mit Randzeichnungen verſah, welche in dieſer über-
raſchenden Ausſtattung überall die freudigſte Aufnahme
fanden. So erſchienen ſeine „Blumen-‟ und
„Minne-Lieder‟, ſeine „Bildertöne‟ und
Anderes dieſer Art; auch eine Oper, „Der
Alchymiſt‟ componirte Pocci, ebenſo viele
Singſpiele; doch iſt davon nichts in die Oeffent-
lichkeit gekommen. Dagegen drang ſein Name in
die weiteſten Kreiſe, als er mit Guido Görres
den „Feſt-Kalender‟ begründete (1835), welcher
drei Jahre lang erſchien und als erſte illuſtrirte
Jugendzeitſchrift unvergeſſen bleibt. Eine ſolche
Verbindung von Wort, Ton und Bild war vorher
unerhört geweſen. Wenn auch die durch Lithographie
vervielfältigte Zeichnung bisweilen in der Form eine
unvollkommene war und unſeren, durch die ſchönſten
Holzſchnitte geradezu verwöhnten Augen Manches
zu wünſchen ließe — ſo eroberte das innere Gefühl
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Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 6. München, 1877, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein06_1877/24>, abgerufen am 22.11.2024.
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