Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite
standen ist, worüber alle Leute sehr erstaunt wur-
den und mich als einen höchst berühmten Gelehr-
ten bewundert haben. Nun wurde ich aber so
stolz und hochmüthig, daß es mit mir kaum mehr
zum Aushalten war. Eines Tages befand ich
mich in meinem Laboratorium und experimentirte
gerade darauf los, einen Menschen zu fabriciren,
einen sogenannten homunculus, was schon der
Doctor Theophrastus Paracelsus versucht hatte;
da sprang plötzlich mit einem ungeheuern Knall
die Retorte in Scherben und eine Stimme rief mir --
Casperl.
Was für a Stimm?
Muzl.
Eine mir gänzlich unbekannte Stimme rief mir
zu: "Weh dir, Katzengold! Du bist ein Narr und
"dein frevelhafter Hochmuth soll bestraft werden.
"Du wirst von nun an in der Gestalt des Katers Muzl
"auf Erden herumwandeln müssen und erst wieder
"die menschliche Gestalt erhalten, wenn du den Rie-
"sen Lüpel gefressen hast!" -- Nun schwieg die
Stimme; ich erwachte aus meiner Betäubung und
befand mich als Kater in dieser Mühle. Das ge-
schah schon zu Lebzeiten deines Großvaters. Denke
12
ſtanden iſt, worüber alle Leute ſehr erſtaunt wur-
den und mich als einen höchſt berühmten Gelehr-
ten bewundert haben. Nun wurde ich aber ſo
ſtolz und hochmüthig, daß es mit mir kaum mehr
zum Aushalten war. Eines Tages befand ich
mich in meinem Laboratorium und experimentirte
gerade darauf los, einen Menſchen zu fabriciren,
einen ſogenannten homunculus, was ſchon der
Doctor Theophraſtus Paracelſus verſucht hatte;
da ſprang plötzlich mit einem ungeheuern Knall
die Retorte in Scherben und eine Stimme rief mir —
Casperl.
Was für a Stimm?
Muzl.
Eine mir gänzlich unbekannte Stimme rief mir
zu: „Weh dir, Katzengold! Du biſt ein Narr und
„dein frevelhafter Hochmuth ſoll beſtraft werden.
„Du wirſt von nun an in der Geſtalt des Katers Muzl
„auf Erden herumwandeln müſſen und erſt wieder
„die menſchliche Geſtalt erhalten, wenn du den Rie-
„ſen Lüpel gefreſſen haſt!‟ — Nun ſchwieg die
Stimme; ich erwachte aus meiner Betäubung und
befand mich als Kater in dieſer Mühle. Das ge-
ſchah ſchon zu Lebzeiten deines Großvaters. Denke
12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#KATZENGOLD">
              <p><pb facs="#f0197" n="177"/>
&#x017F;tanden i&#x017F;t, worüber alle Leute &#x017F;ehr er&#x017F;taunt wur-<lb/>
den und mich als einen höch&#x017F;t berühmten Gelehr-<lb/>
ten bewundert haben. Nun wurde ich aber &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tolz und hochmüthig, daß es mit mir kaum mehr<lb/>
zum Aushalten war. Eines Tages befand ich<lb/>
mich in meinem Laboratorium und experimentirte<lb/>
gerade darauf los, einen Men&#x017F;chen zu fabriciren,<lb/>
einen &#x017F;ogenannten <hi rendition="#aq">homunculus,</hi> was &#x017F;chon der<lb/>
Doctor Theophra&#x017F;tus Paracel&#x017F;us ver&#x017F;ucht hatte;<lb/>
da &#x017F;prang plötzlich mit einem ungeheuern Knall<lb/>
die Retorte in Scherben und eine Stimme rief mir &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#CASM">
              <speaker> <hi rendition="#c">Casperl.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Was für a Stimm?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KATZENGOLD">
              <speaker> <hi rendition="#c">Muzl.</hi> </speaker><lb/>
              <p>Eine mir gänzlich unbekannte Stimme rief mir<lb/>
zu: &#x201E;Weh dir, Katzengold! Du bi&#x017F;t ein Narr und<lb/>
&#x201E;dein frevelhafter Hochmuth &#x017F;oll be&#x017F;traft werden.<lb/>
&#x201E;Du wir&#x017F;t von nun an in der Ge&#x017F;talt des Katers Muzl<lb/>
&#x201E;auf Erden herumwandeln mü&#x017F;&#x017F;en und er&#x017F;t wieder<lb/>
&#x201E;die men&#x017F;chliche Ge&#x017F;talt erhalten, wenn du den Rie-<lb/>
&#x201E;&#x017F;en Lüpel gefre&#x017F;&#x017F;en ha&#x017F;t!&#x201F; &#x2014; Nun &#x017F;chwieg die<lb/>
Stimme; ich erwachte aus meiner Betäubung und<lb/>
befand mich als Kater in die&#x017F;er Mühle. Das ge-<lb/>
&#x017F;chah &#x017F;chon zu Lebzeiten deines Großvaters. Denke<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0197] ſtanden iſt, worüber alle Leute ſehr erſtaunt wur- den und mich als einen höchſt berühmten Gelehr- ten bewundert haben. Nun wurde ich aber ſo ſtolz und hochmüthig, daß es mit mir kaum mehr zum Aushalten war. Eines Tages befand ich mich in meinem Laboratorium und experimentirte gerade darauf los, einen Menſchen zu fabriciren, einen ſogenannten homunculus, was ſchon der Doctor Theophraſtus Paracelſus verſucht hatte; da ſprang plötzlich mit einem ungeheuern Knall die Retorte in Scherben und eine Stimme rief mir — Casperl. Was für a Stimm? Muzl. Eine mir gänzlich unbekannte Stimme rief mir zu: „Weh dir, Katzengold! Du biſt ein Narr und „dein frevelhafter Hochmuth ſoll beſtraft werden. „Du wirſt von nun an in der Geſtalt des Katers Muzl „auf Erden herumwandeln müſſen und erſt wieder „die menſchliche Geſtalt erhalten, wenn du den Rie- „ſen Lüpel gefreſſen haſt!‟ — Nun ſchwieg die Stimme; ich erwachte aus meiner Betäubung und befand mich als Kater in dieſer Mühle. Das ge- ſchah ſchon zu Lebzeiten deines Großvaters. Denke 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861/197
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein02_1861/197>, abgerufen am 23.11.2024.