Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859. (Röslein guckt zur halbgeöffneten Thüre herein.) Die Alte (singt fort.) Jhr Mägdlein lernt das Spinnen gut; Die Spindel sticht, da fließet Blut. Jhr lieben schönen Jungfräulein, Das Spinnen will gelernt auch sein. Die Welt dreht sich im Schwindel Wie in der Hand die Spindel. Röslein (eintretend.) Ei wie schön du singst? Alte. Wer ist da? Ein lieb Jungfräulein! Wie kömmst du herauf in mein einsames Loch? Röslein. Jch bin dem Schnurren deiner Spindel gefolgt. Alte. Das freut mich, denn ich habe schon viele Jahre kein menschlich Wesen geseh'n. Röslein. Wie kömmt das, gutes Weib? Alte. Jch bin ein altes Hofmeubel, das längst aus den Gemächern entfernt wurde. Röslein Du bist ja ein menschlich Wesen. (Röslein guckt zur halbgeöffneten Thüre herein.) Die Alte (ſingt fort.) Jhr Mägdlein lernt das Spinnen gut; Die Spindel ſticht, da fließet Blut. Jhr lieben ſchönen Jungfräulein, Das Spinnen will gelernt auch ſein. Die Welt dreht ſich im Schwindel Wie in der Hand die Spindel. Röslein (eintretend.) Ei wie ſchön du ſingſt? Alte. Wer iſt da? Ein lieb Jungfräulein! Wie kömmſt du herauf in mein einſames Loch? Röslein. Jch bin dem Schnurren deiner Spindel gefolgt. Alte. Das freut mich, denn ich habe ſchon viele Jahre kein menſchlich Weſen geſeh’n. Röslein. Wie kömmt das, gutes Weib? Alte. Jch bin ein altes Hofmeubel, das längſt aus den Gemächern entfernt wurde. Röslein Du biſt ja ein menſchlich Weſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#ALT"> <pb facs="#f0258" n="252"/> <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">Röslein</hi> guckt zur halbgeöffneten Thüre herein.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#ALT"> <speaker>Die Alte</speaker> <stage>(ſingt fort.)</stage><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Jhr Mägdlein lernt das Spinnen gut;</l><lb/> <l>Die Spindel ſticht, da fließet Blut.</l><lb/> <l>Jhr lieben ſchönen Jungfräulein,</l><lb/> <l>Das Spinnen will gelernt auch ſein.</l><lb/> <l>Die Welt dreht ſich im Schwindel</l><lb/> <l>Wie in der Hand die Spindel.</l> </lg> </lg> </sp><lb/> <sp who="#RÖS"> <speaker>Röslein</speaker> <stage>(eintretend.)</stage><lb/> <p>Ei wie ſchön du ſingſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#ALT"> <speaker> <hi rendition="#c">Alte.</hi> </speaker><lb/> <p>Wer iſt da? Ein lieb Jungfräulein! Wie kömmſt<lb/> du herauf in mein einſames Loch?</p> </sp><lb/> <sp who="#RÖS"> <speaker> <hi rendition="#c">Röslein.</hi> </speaker><lb/> <p>Jch bin dem Schnurren deiner Spindel gefolgt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ALT"> <speaker> <hi rendition="#c">Alte.</hi> </speaker><lb/> <p>Das freut mich, denn ich habe ſchon viele Jahre<lb/> kein menſchlich Weſen geſeh’n.</p> </sp><lb/> <sp who="#RÖS"> <speaker> <hi rendition="#c">Röslein.</hi> </speaker><lb/> <p>Wie kömmt das, gutes Weib?</p> </sp><lb/> <sp who="#ALT"> <speaker> <hi rendition="#c">Alte.</hi> </speaker><lb/> <p>Jch bin ein altes Hofmeubel, das längſt aus<lb/> den Gemächern entfernt wurde.</p> </sp><lb/> <sp who="#RÖS"> <speaker> <hi rendition="#c">Röslein</hi> </speaker><lb/> <p>Du biſt ja ein menſchlich Weſen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [252/0258]
(Röslein guckt zur halbgeöffneten Thüre herein.)
Die Alte (ſingt fort.)
Jhr Mägdlein lernt das Spinnen gut;
Die Spindel ſticht, da fließet Blut.
Jhr lieben ſchönen Jungfräulein,
Das Spinnen will gelernt auch ſein.
Die Welt dreht ſich im Schwindel
Wie in der Hand die Spindel.
Röslein (eintretend.)
Ei wie ſchön du ſingſt?
Alte.
Wer iſt da? Ein lieb Jungfräulein! Wie kömmſt
du herauf in mein einſames Loch?
Röslein.
Jch bin dem Schnurren deiner Spindel gefolgt.
Alte.
Das freut mich, denn ich habe ſchon viele Jahre
kein menſchlich Weſen geſeh’n.
Röslein.
Wie kömmt das, gutes Weib?
Alte.
Jch bin ein altes Hofmeubel, das längſt aus
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Du biſt ja ein menſchlich Weſen.
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