Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

unendliche Ausnutzbarkeit des Bodens oder auf das Herab-
gehen der physiologischen Fruchtbarkeit durch die er-
langte Behäbigkeit, eine Annahme, die durchaus unsicher
ist, und die, wie der Zoologe Ziegler richtig bemerkt,
aus biologischen Gründen für die nächsten Jahrhunderte
nicht gemacht werden dürfte.

Die Frage der künstlichen Beschränkung hat übrigens
längst aufgehört, eine rein theoretische zu sein. Ganze
Völker, wie die Franzosen und Yankees haben, wie wir ja
schon wissen, practisch das Zwei-, richtiger das Dreikinder-
System eingeführt, veranlasst einestheils durch die oekono-
mischen Vortheile für die Familie, anderntheils durch die
Abneigung der Frauen gegen die Mühsale wiederholter
Geburten. Andere Völker folgen langsam nach, so dass
möglicherweise manche socialistische Gemeinwesen nicht vor
die Frage gestellt würden, wie man die Bevölkerung be-
schränkt, sondern vor die schwierigere Frage, wie man das
Abnehmen der Bevölkerung verhindert.

Die Forderung der angepassten Summen kann auf die
Dauer nur durch eine Verringerung des natürlich möglichen
Nachwuchses erfüllt werden, sei es dass diese auf dem
demokratischen Wege des Neo-Malthusianismus, oder irgend
einem aristokratischen der künstlichen Zuchtwahl zu Stande
kommt. Wir werden zum Schluss genauer auf diese Wege
zurückkommen.

Die zweite Forderung, die des gleichen Nutzrechtes,
ist eine, deren Durchführung auf zwei Weisen möglich
erscheint. Bei beiden jedoch ist das Gemein-Eigenthum
der Gesellschaft an den Productionsmitteln (Grund und
Boden, Capital) nöthig, um die Aufrechterhaltung des gleichen
Anrechts Aller auch für den Nachwuchs zu garantiren.
Entweder die Productionsmittel werden, so gut es geht, in
so viele annähernd gleichwerthige Theile getheilt, wie Mit-
glieder der Gesellschaft da sind, also ähnlich wie in Sparta
und der alten deutschen Markgenossenschaft. Oder die

unendliche Ausnutzbarkeit des Bodens oder auf das Herab-
gehen der physiologischen Fruchtbarkeit durch die er-
langte Behäbigkeit, eine Annahme, die durchaus unsicher
ist, und die, wie der Zoologe Ziegler richtig bemerkt,
aus biologischen Gründen für die nächsten Jahrhunderte
nicht gemacht werden dürfte.

Die Frage der künstlichen Beschränkung hat übrigens
längst aufgehört, eine rein theoretische zu sein. Ganze
Völker, wie die Franzosen und Yankees haben, wie wir ja
schon wissen, practisch das Zwei-, richtiger das Dreikinder-
System eingeführt, veranlasst einestheils durch die oekono-
mischen Vortheile für die Familie, anderntheils durch die
Abneigung der Frauen gegen die Mühsale wiederholter
Geburten. Andere Völker folgen langsam nach, so dass
möglicherweise manche socialistische Gemeinwesen nicht vor
die Frage gestellt würden, wie man die Bevölkerung be-
schränkt, sondern vor die schwierigere Frage, wie man das
Abnehmen der Bevölkerung verhindert.

Die Forderung der angepassten Summen kann auf die
Dauer nur durch eine Verringerung des natürlich möglichen
Nachwuchses erfüllt werden, sei es dass diese auf dem
demokratischen Wege des Neo-Malthusianismus, oder irgend
einem aristokratischen der künstlichen Zuchtwahl zu Stande
kommt. Wir werden zum Schluss genauer auf diese Wege
zurückkommen.

Die zweite Forderung, die des gleichen Nutzrechtes,
ist eine, deren Durchführung auf zwei Weisen möglich
erscheint. Bei beiden jedoch ist das Gemein-Eigenthum
der Gesellschaft an den Productionsmitteln (Grund und
Boden, Capital) nöthig, um die Aufrechterhaltung des gleichen
Anrechts Aller auch für den Nachwuchs zu garantiren.
Entweder die Productionsmittel werden, so gut es geht, in
so viele annähernd gleichwerthige Theile getheilt, wie Mit-
glieder der Gesellschaft da sind, also ähnlich wie in Sparta
und der alten deutschen Markgenossenschaft. Oder die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0225" n="205"/>
unendliche Ausnutzbarkeit des Bodens oder auf das Herab-<lb/>
gehen der physiologischen Fruchtbarkeit durch die er-<lb/>
langte Behäbigkeit, eine Annahme, die durchaus unsicher<lb/>
ist, und die, wie der Zoologe <hi rendition="#g">Ziegler</hi> richtig bemerkt,<lb/>
aus biologischen Gründen für die nächsten Jahrhunderte<lb/>
nicht gemacht werden dürfte.</p><lb/>
          <p>Die Frage der künstlichen Beschränkung hat übrigens<lb/>
längst aufgehört, eine rein theoretische zu sein. Ganze<lb/>
Völker, wie die Franzosen und Yankees haben, wie wir ja<lb/>
schon wissen, practisch das Zwei-, richtiger das Dreikinder-<lb/>
System eingeführt, veranlasst einestheils durch die oekono-<lb/>
mischen Vortheile für die Familie, anderntheils durch die<lb/>
Abneigung der Frauen gegen die Mühsale wiederholter<lb/>
Geburten. Andere Völker folgen langsam nach, so dass<lb/>
möglicherweise manche socialistische Gemeinwesen nicht vor<lb/>
die Frage gestellt würden, wie man die Bevölkerung be-<lb/>
schränkt, sondern vor die schwierigere Frage, wie man das<lb/>
Abnehmen der Bevölkerung verhindert.</p><lb/>
          <p>Die Forderung der angepassten Summen kann auf die<lb/>
Dauer nur durch eine Verringerung des natürlich möglichen<lb/>
Nachwuchses erfüllt werden, sei es dass diese auf dem<lb/>
demokratischen Wege des Neo-Malthusianismus, oder irgend<lb/>
einem aristokratischen der künstlichen Zuchtwahl zu Stande<lb/>
kommt. Wir werden zum Schluss genauer auf diese Wege<lb/>
zurückkommen.</p><lb/>
          <p>Die zweite Forderung, die des gleichen Nutzrechtes,<lb/>
ist eine, deren Durchführung auf zwei Weisen möglich<lb/>
erscheint. Bei beiden jedoch ist das Gemein-Eigenthum<lb/>
der Gesellschaft an den Productionsmitteln (Grund und<lb/>
Boden, Capital) nöthig, um die Aufrechterhaltung des gleichen<lb/>
Anrechts Aller auch für den Nachwuchs zu garantiren.<lb/>
Entweder die Productionsmittel werden, so gut es geht, in<lb/>
so viele annähernd gleichwerthige Theile getheilt, wie Mit-<lb/>
glieder der Gesellschaft da sind, also ähnlich wie in Sparta<lb/>
und der alten deutschen Markgenossenschaft. Oder die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0225] unendliche Ausnutzbarkeit des Bodens oder auf das Herab- gehen der physiologischen Fruchtbarkeit durch die er- langte Behäbigkeit, eine Annahme, die durchaus unsicher ist, und die, wie der Zoologe Ziegler richtig bemerkt, aus biologischen Gründen für die nächsten Jahrhunderte nicht gemacht werden dürfte. Die Frage der künstlichen Beschränkung hat übrigens längst aufgehört, eine rein theoretische zu sein. Ganze Völker, wie die Franzosen und Yankees haben, wie wir ja schon wissen, practisch das Zwei-, richtiger das Dreikinder- System eingeführt, veranlasst einestheils durch die oekono- mischen Vortheile für die Familie, anderntheils durch die Abneigung der Frauen gegen die Mühsale wiederholter Geburten. Andere Völker folgen langsam nach, so dass möglicherweise manche socialistische Gemeinwesen nicht vor die Frage gestellt würden, wie man die Bevölkerung be- schränkt, sondern vor die schwierigere Frage, wie man das Abnehmen der Bevölkerung verhindert. Die Forderung der angepassten Summen kann auf die Dauer nur durch eine Verringerung des natürlich möglichen Nachwuchses erfüllt werden, sei es dass diese auf dem demokratischen Wege des Neo-Malthusianismus, oder irgend einem aristokratischen der künstlichen Zuchtwahl zu Stande kommt. Wir werden zum Schluss genauer auf diese Wege zurückkommen. Die zweite Forderung, die des gleichen Nutzrechtes, ist eine, deren Durchführung auf zwei Weisen möglich erscheint. Bei beiden jedoch ist das Gemein-Eigenthum der Gesellschaft an den Productionsmitteln (Grund und Boden, Capital) nöthig, um die Aufrechterhaltung des gleichen Anrechts Aller auch für den Nachwuchs zu garantiren. Entweder die Productionsmittel werden, so gut es geht, in so viele annähernd gleichwerthige Theile getheilt, wie Mit- glieder der Gesellschaft da sind, also ähnlich wie in Sparta und der alten deutschen Markgenossenschaft. Oder die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/225
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/225>, abgerufen am 25.11.2024.