Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

schwächsten übrigbleiben. Ist das aber der Fall, so muss
man zu dem Schlusse gelangen, dass die gesammte Be-
völkerung Englands einer fortschreitenden Verschlechterung
unterliegt. Denn in den Städten ist die Sterblichkeit stärker
als auf dem Lande." In England betrug 1881 die städtische
Bevölkerung 60 % der gesammten.

Ein Bericht Lagneau's in der Pariser medizinischen
Akademie constatirt (Bulletin medical, Juli 1890: "In Frank-
reich rechnet man 1888 21,9 Todesfälle auf 1000 Ein-
wohner überhaupt, 20,8 auf 1000 Landbewohner und 24,5
auf 1000 Einwohner des Departement de la Seine (Paris
und Umgebung) ..... Die Sterblichkeit der Einwohner
der grossen Städte, insbesondere von Paris, wenn man die-
jenige der auf's Land geschickten Säuglinge hinzurechnet,
würde mehr oder minder prompt das Erlöschen der
städtischen Bevölkerung herbeiführen, wenn sie nicht unauf-
hörlich durch eine Einwanderung von Provinzialen und
Fremden erneuert würde. Diese Erneuerung ist während
jeder Generation von ca. 33 Jahren so umfangreich, dass
in Paris bei der Zählung von 1886 von 1000 Einwohnern
nur 331 in Paris geboren, dagegen 669, also mehr als zwei
Drittel, eingewandert waren."

In den sogenannten Registrations-Staaten der amerika-
nischen Union, in denen die Sterbefälle in ziemlich zuver-
lässiger Weise registrirt werden, betrug die Sterblichkeit in
der Gesammtheit der Städte 23,58 %0, in der der länd-
lichen Gemeinden nur 15,5 %0; sie war also in den Städten
um die Hälfte grösser. *)

Für Berlin können wir den wirklichen Sterblichkeits-
verhältnissen, die durch das starke Einwandern der kräftigsten
Altersclassen noch viel günstiger scheinen, als sie in Wahr-
heit sind, bedeutend näher kommen, wenn wir die von
Böckh wissenschaftlich berechnete corrigirte, d h. die aus

*) Compendium of the 11 Census. Part II. Washington 1894. S. 4.

schwächsten übrigbleiben. Ist das aber der Fall, so muss
man zu dem Schlusse gelangen, dass die gesammte Be-
völkerung Englands einer fortschreitenden Verschlechterung
unterliegt. Denn in den Städten ist die Sterblichkeit stärker
als auf dem Lande.“ In England betrug 1881 die städtische
Bevölkerung 60 % der gesammten.

Ein Bericht Lagneau’s in der Pariser medizinischen
Akademie constatirt (Bulletin médical, Juli 1890: „In Frank-
reich rechnet man 1888 21,9 Todesfälle auf 1000 Ein-
wohner überhaupt, 20,8 auf 1000 Landbewohner und 24,5
auf 1000 Einwohner des Département de la Seine (Paris
und Umgebung) ..... Die Sterblichkeit der Einwohner
der grossen Städte, insbesondere von Paris, wenn man die-
jenige der auf’s Land geschickten Säuglinge hinzurechnet,
würde mehr oder minder prompt das Erlöschen der
städtischen Bevölkerung herbeiführen, wenn sie nicht unauf-
hörlich durch eine Einwanderung von Provinzialen und
Fremden erneuert würde. Diese Erneuerung ist während
jeder Generation von ca. 33 Jahren so umfangreich, dass
in Paris bei der Zählung von 1886 von 1000 Einwohnern
nur 331 in Paris geboren, dagegen 669, also mehr als zwei
Drittel, eingewandert waren.“

In den sogenannten Registrations-Staaten der amerika-
nischen Union, in denen die Sterbefälle in ziemlich zuver-
lässiger Weise registrirt werden, betrug die Sterblichkeit in
der Gesammtheit der Städte 23,58 ‰, in der der länd-
lichen Gemeinden nur 15,5 ‰; sie war also in den Städten
um die Hälfte grösser. *)

Für Berlin können wir den wirklichen Sterblichkeits-
verhältnissen, die durch das starke Einwandern der kräftigsten
Altersclassen noch viel günstiger scheinen, als sie in Wahr-
heit sind, bedeutend näher kommen, wenn wir die von
Böckh wissenschaftlich berechnete corrigirte, d h. die aus

*) Compendium of the 11 Census. Part II. Washington 1894. S. 4.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="184"/>
schwächsten übrigbleiben. Ist das aber der Fall, so muss<lb/>
man zu dem Schlusse gelangen, dass die gesammte Be-<lb/>
völkerung Englands einer fortschreitenden Verschlechterung<lb/>
unterliegt. Denn in den Städten ist die Sterblichkeit stärker<lb/>
als auf dem Lande.&#x201C; In England betrug 1881 die städtische<lb/>
Bevölkerung 60 % der gesammten.</p><lb/>
          <p>Ein Bericht <hi rendition="#g">Lagneau</hi>&#x2019;s in der Pariser medizinischen<lb/>
Akademie constatirt (Bulletin médical, Juli 1890: &#x201E;In Frank-<lb/>
reich rechnet man 1888 21,9 Todesfälle auf 1000 Ein-<lb/>
wohner überhaupt, 20,8 auf 1000 Landbewohner und 24,5<lb/>
auf 1000 Einwohner des Département de la Seine (Paris<lb/>
und Umgebung) ..... Die Sterblichkeit der Einwohner<lb/>
der grossen Städte, insbesondere von Paris, wenn man die-<lb/>
jenige der auf&#x2019;s Land geschickten Säuglinge hinzurechnet,<lb/>
würde mehr oder minder prompt das Erlöschen der<lb/>
städtischen Bevölkerung herbeiführen, wenn sie nicht unauf-<lb/>
hörlich durch eine Einwanderung von Provinzialen und<lb/>
Fremden erneuert würde. Diese Erneuerung ist während<lb/>
jeder Generation von ca. 33 Jahren so umfangreich, dass<lb/>
in Paris bei der Zählung von 1886 von 1000 Einwohnern<lb/>
nur 331 in Paris geboren, dagegen 669, also mehr als zwei<lb/>
Drittel, eingewandert waren.&#x201C;</p><lb/>
          <p>In den sogenannten Registrations-Staaten der amerika-<lb/>
nischen Union, in denen die Sterbefälle in ziemlich zuver-<lb/>
lässiger Weise registrirt werden, betrug die Sterblichkeit in<lb/>
der Gesammtheit der Städte 23,58 &#x2030;, in der der länd-<lb/>
lichen Gemeinden nur 15,5 &#x2030;; sie war also in den Städten<lb/>
um die Hälfte grösser. <note place="foot" n="*)">Compendium of the 11 Census. Part II. Washington 1894. S. 4.</note></p><lb/>
          <p>Für Berlin können wir den wirklichen Sterblichkeits-<lb/>
verhältnissen, die durch das starke Einwandern der kräftigsten<lb/>
Altersclassen noch viel günstiger scheinen, als sie in Wahr-<lb/>
heit sind, bedeutend näher kommen, wenn wir die von<lb/><hi rendition="#g">Böckh</hi> wissenschaftlich berechnete corrigirte, d h. die aus<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0204] schwächsten übrigbleiben. Ist das aber der Fall, so muss man zu dem Schlusse gelangen, dass die gesammte Be- völkerung Englands einer fortschreitenden Verschlechterung unterliegt. Denn in den Städten ist die Sterblichkeit stärker als auf dem Lande.“ In England betrug 1881 die städtische Bevölkerung 60 % der gesammten. Ein Bericht Lagneau’s in der Pariser medizinischen Akademie constatirt (Bulletin médical, Juli 1890: „In Frank- reich rechnet man 1888 21,9 Todesfälle auf 1000 Ein- wohner überhaupt, 20,8 auf 1000 Landbewohner und 24,5 auf 1000 Einwohner des Département de la Seine (Paris und Umgebung) ..... Die Sterblichkeit der Einwohner der grossen Städte, insbesondere von Paris, wenn man die- jenige der auf’s Land geschickten Säuglinge hinzurechnet, würde mehr oder minder prompt das Erlöschen der städtischen Bevölkerung herbeiführen, wenn sie nicht unauf- hörlich durch eine Einwanderung von Provinzialen und Fremden erneuert würde. Diese Erneuerung ist während jeder Generation von ca. 33 Jahren so umfangreich, dass in Paris bei der Zählung von 1886 von 1000 Einwohnern nur 331 in Paris geboren, dagegen 669, also mehr als zwei Drittel, eingewandert waren.“ In den sogenannten Registrations-Staaten der amerika- nischen Union, in denen die Sterbefälle in ziemlich zuver- lässiger Weise registrirt werden, betrug die Sterblichkeit in der Gesammtheit der Städte 23,58 ‰, in der der länd- lichen Gemeinden nur 15,5 ‰; sie war also in den Städten um die Hälfte grösser. *) Für Berlin können wir den wirklichen Sterblichkeits- verhältnissen, die durch das starke Einwandern der kräftigsten Altersclassen noch viel günstiger scheinen, als sie in Wahr- heit sind, bedeutend näher kommen, wenn wir die von Böckh wissenschaftlich berechnete corrigirte, d h. die aus *) Compendium of the 11 Census. Part II. Washington 1894. S. 4.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/204
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/204>, abgerufen am 18.05.2024.