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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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Bei den Bauern der Beauce, die Le Bon maass,
war das Verhältniss noch ungünstiger, die Kopfumfänge
schwankten im Grossen und Ganzen zwischen 54 und 56 cm.
Die Wissenschaftler könnten also nach obiger Tabelle den
Anspruch erheben, dass sie als Stand das grösste Geistes-
organ besitzen, dann folgen die Bürger, dann der Adel,
schliesslich die Bedienten und die Landbauern.

Diese mageren Angaben -- bessere habe ich nicht
auftreiben können -- geben natürlich ganz und gar nicht
einen festen Anhalt für eine niedrigere Organisations-Stufe
der Armen. Meine Beobachtungen, die während der Aus-
übung der ärztlichen Praxis zum grössten Theil schätzungs-
weise gemacht wurden, und deren exacter Theil zu einer
Veröffentlichung noch zu geringfügig ist, haben mich aller-
dings auch zu der Annahme gebracht, dass die Wohl-
habenden im Grossen und Ganzen wohl etwas grössere
Köpfe haben. Allein solche und ähnliche Schätzungen
trügen zu sehr; genügend umfangreiches beweisendes
Material ist nicht vorhanden.

Bär *) spricht sich ganz im Allgemeinen dahin aus:
"Erscheinungen degenerativer Natur finden sich bei Indivi-
duen aller Classen der menschlichen Gesellschaft, häufiger
aber in den niederen Schichten der Bevölkerung als Stigma
der Inferiorität ihrer Organisation".

Blaschko gesteht zu: "Es wäre thöricht, läugnen zu
wollen, dass oft ein gutes Theil angeborener höherer
geistiger Leistungsfähigkeit vorhanden ist (nämlich bei den
oberen Classen) und äusserlich sichtbar zu Tage tritt, wenn
das auch noch nicht in feste anthropologische und anato-
mische Formeln zu fassen ist". **)

*) Bär, A. Der Verbrecher in anthropologischer Beziehung.
Leipzig 1893. S. 155.
**) Blaschko, A. Natürliche Auslese und Klassentheilung.
Neue Zeit, Stuttgart 1894/95. XIII. Jahrg. 1. Bd. S. 620.

Bei den Bauern der Beauce, die Le Bon maass,
war das Verhältniss noch ungünstiger, die Kopfumfänge
schwankten im Grossen und Ganzen zwischen 54 und 56 cm.
Die Wissenschaftler könnten also nach obiger Tabelle den
Anspruch erheben, dass sie als Stand das grösste Geistes-
organ besitzen, dann folgen die Bürger, dann der Adel,
schliesslich die Bedienten und die Landbauern.

Diese mageren Angaben — bessere habe ich nicht
auftreiben können — geben natürlich ganz und gar nicht
einen festen Anhalt für eine niedrigere Organisations-Stufe
der Armen. Meine Beobachtungen, die während der Aus-
übung der ärztlichen Praxis zum grössten Theil schätzungs-
weise gemacht wurden, und deren exacter Theil zu einer
Veröffentlichung noch zu geringfügig ist, haben mich aller-
dings auch zu der Annahme gebracht, dass die Wohl-
habenden im Grossen und Ganzen wohl etwas grössere
Köpfe haben. Allein solche und ähnliche Schätzungen
trügen zu sehr; genügend umfangreiches beweisendes
Material ist nicht vorhanden.

Bär *) spricht sich ganz im Allgemeinen dahin aus:
„Erscheinungen degenerativer Natur finden sich bei Indivi-
duen aller Classen der menschlichen Gesellschaft, häufiger
aber in den niederen Schichten der Bevölkerung als Stigma
der Inferiorität ihrer Organisation“.

Blaschko gesteht zu: „Es wäre thöricht, läugnen zu
wollen, dass oft ein gutes Theil angeborener höherer
geistiger Leistungsfähigkeit vorhanden ist (nämlich bei den
oberen Classen) und äusserlich sichtbar zu Tage tritt, wenn
das auch noch nicht in feste anthropologische und anato-
mische Formeln zu fassen ist“. **)

*) Bär, A. Der Verbrecher in anthropologischer Beziehung.
Leipzig 1893. S. 155.
**) Blaschko, A. Natürliche Auslese und Klassentheilung.
Neue Zeit, Stuttgart 1894/95. XIII. Jahrg. 1. Bd. S. 620.
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[175/0195] Bei den Bauern der Beauce, die Le Bon maass, war das Verhältniss noch ungünstiger, die Kopfumfänge schwankten im Grossen und Ganzen zwischen 54 und 56 cm. Die Wissenschaftler könnten also nach obiger Tabelle den Anspruch erheben, dass sie als Stand das grösste Geistes- organ besitzen, dann folgen die Bürger, dann der Adel, schliesslich die Bedienten und die Landbauern. Diese mageren Angaben — bessere habe ich nicht auftreiben können — geben natürlich ganz und gar nicht einen festen Anhalt für eine niedrigere Organisations-Stufe der Armen. Meine Beobachtungen, die während der Aus- übung der ärztlichen Praxis zum grössten Theil schätzungs- weise gemacht wurden, und deren exacter Theil zu einer Veröffentlichung noch zu geringfügig ist, haben mich aller- dings auch zu der Annahme gebracht, dass die Wohl- habenden im Grossen und Ganzen wohl etwas grössere Köpfe haben. Allein solche und ähnliche Schätzungen trügen zu sehr; genügend umfangreiches beweisendes Material ist nicht vorhanden. Bär *) spricht sich ganz im Allgemeinen dahin aus: „Erscheinungen degenerativer Natur finden sich bei Indivi- duen aller Classen der menschlichen Gesellschaft, häufiger aber in den niederen Schichten der Bevölkerung als Stigma der Inferiorität ihrer Organisation“. Blaschko gesteht zu: „Es wäre thöricht, läugnen zu wollen, dass oft ein gutes Theil angeborener höherer geistiger Leistungsfähigkeit vorhanden ist (nämlich bei den oberen Classen) und äusserlich sichtbar zu Tage tritt, wenn das auch noch nicht in feste anthropologische und anato- mische Formeln zu fassen ist“. **) *) Bär, A. Der Verbrecher in anthropologischer Beziehung. Leipzig 1893. S. 155. **) Blaschko, A. Natürliche Auslese und Klassentheilung. Neue Zeit, Stuttgart 1894/95. XIII. Jahrg. 1. Bd. S. 620.

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/195>, abgerufen am 18.05.2024.