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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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Vererbung günstig waren. Daraus folgt, dass in dieser
neuen Generation schon eine etwas vollkommenere Or-
ganisation nöthig war, um der Gesammtheit eine Nähr-
stelle abzuringen, als in der vorigen. So konnte der So-
cialkampf ohne sonstige Verschärfung der Extraleinflüsse
für eine Vervollkommnung hervorragend mitwirken, ein
Moment, das auch für die bessere Anpassung an die Ex-
traleinflüsse deshalb von Bedeutung war, weil im allge-
meinen die Sieger im Socialkampf durch ihre besseren
Gehirne zugleich eine gute Waffe für den Extralkampf
besassen. Hierin liegt ein Grund, warum der Social-
kampf auch von Wichtigkeit ist für die einfache Vermehrung
einer Rasse, die sich ja um so mehr ausbreitet, je besser
sich ihre Individuen der Umgebung anpassen.

Selbst die vereinfachten Extraleinflüsse bewirken aber
noch lange keine Gesammtvereinfachung aller selectorischen
Factoren, da die selectorischen Socialwirkungen ganz vor-
wiegend der Auslese die Richtung geben. Nur bei einer
Milderung dieses Socialkampfes, z. B. durch eine sehr
geringe Geburtenziffer (Frankreich), kann überhaupt von
einer wesentlichen Gesammt-Vereinfachung der äusseren
Wirkungen gesprochen werden.

Nach den bisherigen Ausführungen sind demnach für
den Menschen vollkommnere und stärkere Variante identisch,
wenigstens für den Begriff, den wir im Anfang des Capitels
mit dem Worte Vervollkommnung verbunden haben.

Aber erschöpft dieser Begriff auch alles das, was man
sich gewöhnlich unter dem Wort vorstellt?

Lassen wir einmal verschiedene einzelne Eigenschaften
Revue passiren, die einen Menschen vollkommener er-
scheinen lassen als einen anderen, und die auf den ersten
Blick nichts mit der Stärke oder Schwäche des Individuums
im Kampf um's Dasein zu thun haben. Intelligenz, kräftige,
gewandte Musculatur, gute Verdauung, Widerstandskraft
gegen Witterungs-Einflüsse und Ähnliches sind Eigenschaften,

Vererbung günstig waren. Daraus folgt, dass in dieser
neuen Generation schon eine etwas vollkommenere Or-
ganisation nöthig war, um der Gesammtheit eine Nähr-
stelle abzuringen, als in der vorigen. So konnte der So-
cialkampf ohne sonstige Verschärfung der Extraleinflüsse
für eine Vervollkommnung hervorragend mitwirken, ein
Moment, das auch für die bessere Anpassung an die Ex-
traleinflüsse deshalb von Bedeutung war, weil im allge-
meinen die Sieger im Socialkampf durch ihre besseren
Gehirne zugleich eine gute Waffe für den Extralkampf
besassen. Hierin liegt ein Grund, warum der Social-
kampf auch von Wichtigkeit ist für die einfache Vermehrung
einer Rasse, die sich ja um so mehr ausbreitet, je besser
sich ihre Individuen der Umgebung anpassen.

Selbst die vereinfachten Extraleinflüsse bewirken aber
noch lange keine Gesammtvereinfachung aller selectorischen
Factoren, da die selectorischen Socialwirkungen ganz vor-
wiegend der Auslese die Richtung geben. Nur bei einer
Milderung dieses Socialkampfes, z. B. durch eine sehr
geringe Geburtenziffer (Frankreich), kann überhaupt von
einer wesentlichen Gesammt-Vereinfachung der äusseren
Wirkungen gesprochen werden.

Nach den bisherigen Ausführungen sind demnach für
den Menschen vollkommnere und stärkere Variante identisch,
wenigstens für den Begriff, den wir im Anfang des Capitels
mit dem Worte Vervollkommnung verbunden haben.

Aber erschöpft dieser Begriff auch alles das, was man
sich gewöhnlich unter dem Wort vorstellt?

Lassen wir einmal verschiedene einzelne Eigenschaften
Revue passiren, die einen Menschen vollkommener er-
scheinen lassen als einen anderen, und die auf den ersten
Blick nichts mit der Stärke oder Schwäche des Individuums
im Kampf um’s Dasein zu thun haben. Intelligenz, kräftige,
gewandte Musculatur, gute Verdauung, Widerstandskraft
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[106/0126] Vererbung günstig waren. Daraus folgt, dass in dieser neuen Generation schon eine etwas vollkommenere Or- ganisation nöthig war, um der Gesammtheit eine Nähr- stelle abzuringen, als in der vorigen. So konnte der So- cialkampf ohne sonstige Verschärfung der Extraleinflüsse für eine Vervollkommnung hervorragend mitwirken, ein Moment, das auch für die bessere Anpassung an die Ex- traleinflüsse deshalb von Bedeutung war, weil im allge- meinen die Sieger im Socialkampf durch ihre besseren Gehirne zugleich eine gute Waffe für den Extralkampf besassen. Hierin liegt ein Grund, warum der Social- kampf auch von Wichtigkeit ist für die einfache Vermehrung einer Rasse, die sich ja um so mehr ausbreitet, je besser sich ihre Individuen der Umgebung anpassen. Selbst die vereinfachten Extraleinflüsse bewirken aber noch lange keine Gesammtvereinfachung aller selectorischen Factoren, da die selectorischen Socialwirkungen ganz vor- wiegend der Auslese die Richtung geben. Nur bei einer Milderung dieses Socialkampfes, z. B. durch eine sehr geringe Geburtenziffer (Frankreich), kann überhaupt von einer wesentlichen Gesammt-Vereinfachung der äusseren Wirkungen gesprochen werden. Nach den bisherigen Ausführungen sind demnach für den Menschen vollkommnere und stärkere Variante identisch, wenigstens für den Begriff, den wir im Anfang des Capitels mit dem Worte Vervollkommnung verbunden haben. Aber erschöpft dieser Begriff auch alles das, was man sich gewöhnlich unter dem Wort vorstellt? Lassen wir einmal verschiedene einzelne Eigenschaften Revue passiren, die einen Menschen vollkommener er- scheinen lassen als einen anderen, und die auf den ersten Blick nichts mit der Stärke oder Schwäche des Individuums im Kampf um’s Dasein zu thun haben. Intelligenz, kräftige, gewandte Musculatur, gute Verdauung, Widerstandskraft gegen Witterungs-Einflüsse und Ähnliches sind Eigenschaften,

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/126>, abgerufen am 22.11.2024.