Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

finsteren Höhlen ebenso wenig etwas nützte, als ihm ein
schlechtes schadete, waren diejenigen Individuen im Vor-
theil, bei denen die Augen zu Gunsten anderer Sinnes-
organe schlechter angelegt waren. Denn diese anderen
Sinnesorgane, Gehör, Geruch, Geschmack und Gefühl, waren
jetzt für das Fortkommen allein ausschlaggebend.

Die Verschlechterung einer Eigenschaft durch Pan-
mixie ist also offenbar, sobald es sich, wie gewöhnlich,
um absteigendes Variiren der Art handelt, und erklärt,
wesshalb wir so manche Organe, die bei unseren Vor-
fahren in der Organismenreihe gut ausgebildet waren,
überhaupt nicht mehr oder nur noch in verkümmertem
Zustand besitzen.

Die Panmixie kommt in zweierlei Arten vor. Zuerst
in Bezug auf Regulationen, die unnöthig werden, weil
andere, neu aufgetretene stärkere Variationen sie über-
flüssig machen, und dann in Bezug auf Regulationen, die
unnöthig werden, weil die Umgebungs-Einflüsse einfacher
geworden sind.

Im ersten Fall bewirkt die Panmixie nur für einen
Theil des Organismus eine Rückbildung, die jedoch
Hand in Hand geht mit einer Gesammtverstärkung der
Constitutionskraft. Diese Art Panmixie findet statt bei den
vielen Regulationen, die das sich verbessernde Gehirn
überflüssig macht, hindert also nicht die Vervollkommnung
überhaupt. Im zweiten Fall bewirkt die Panmixie -- immer
das gewöhnliche absteigende Variiren der Art vorausgesetzt
-- einen thatsächlichen Rückgang in der Organisation, ein
Zurücksinken von der erreichten Stufe der Vollkommen-
heit, wenn auch zugleich die gute Anpassung an einen
einfacheren Umgebungskreis aufrecht erhalten wird.

Dieser zweite Fall sich erheblich vereinfachender Um-
gebung, der Grundbedingung einer Vereinfachung der
Structur, spielte bei der Entwickelung des Menschen bis
in den Beginn unserer Zeitrechnung hinein jedenfalls keine

finsteren Höhlen ebenso wenig etwas nützte, als ihm ein
schlechtes schadete, waren diejenigen Individuen im Vor-
theil, bei denen die Augen zu Gunsten anderer Sinnes-
organe schlechter angelegt waren. Denn diese anderen
Sinnesorgane, Gehör, Geruch, Geschmack und Gefühl, waren
jetzt für das Fortkommen allein ausschlaggebend.

Die Verschlechterung einer Eigenschaft durch Pan-
mixie ist also offenbar, sobald es sich, wie gewöhnlich,
um absteigendes Variiren der Art handelt, und erklärt,
wesshalb wir so manche Organe, die bei unseren Vor-
fahren in der Organismenreihe gut ausgebildet waren,
überhaupt nicht mehr oder nur noch in verkümmertem
Zustand besitzen.

Die Panmixie kommt in zweierlei Arten vor. Zuerst
in Bezug auf Regulationen, die unnöthig werden, weil
andere, neu aufgetretene stärkere Variationen sie über-
flüssig machen, und dann in Bezug auf Regulationen, die
unnöthig werden, weil die Umgebungs-Einflüsse einfacher
geworden sind.

Im ersten Fall bewirkt die Panmixie nur für einen
Theil des Organismus eine Rückbildung, die jedoch
Hand in Hand geht mit einer Gesammtverstärkung der
Constitutionskraft. Diese Art Panmixie findet statt bei den
vielen Regulationen, die das sich verbessernde Gehirn
überflüssig macht, hindert also nicht die Vervollkommnung
überhaupt. Im zweiten Fall bewirkt die Panmixie — immer
das gewöhnliche absteigende Variiren der Art vorausgesetzt
— einen thatsächlichen Rückgang in der Organisation, ein
Zurücksinken von der erreichten Stufe der Vollkommen-
heit, wenn auch zugleich die gute Anpassung an einen
einfacheren Umgebungskreis aufrecht erhalten wird.

Dieser zweite Fall sich erheblich vereinfachender Um-
gebung, der Grundbedingung einer Vereinfachung der
Structur, spielte bei der Entwickelung des Menschen bis
in den Beginn unserer Zeitrechnung hinein jedenfalls keine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0124" n="104"/>
finsteren Höhlen ebenso wenig etwas nützte, als ihm ein<lb/>
schlechtes schadete, waren diejenigen Individuen im Vor-<lb/>
theil, bei denen die Augen zu Gunsten anderer Sinnes-<lb/>
organe schlechter angelegt waren. Denn diese anderen<lb/>
Sinnesorgane, Gehör, Geruch, Geschmack und Gefühl, waren<lb/>
jetzt für das Fortkommen allein ausschlaggebend.</p><lb/>
          <p>Die Verschlechterung einer Eigenschaft durch Pan-<lb/>
mixie ist also offenbar, sobald es sich, wie gewöhnlich,<lb/>
um absteigendes Variiren der Art handelt, und erklärt,<lb/>
wesshalb wir so manche Organe, die bei unseren Vor-<lb/>
fahren in der Organismenreihe gut ausgebildet waren,<lb/>
überhaupt nicht mehr oder nur noch in verkümmertem<lb/>
Zustand besitzen.</p><lb/>
          <p>Die Panmixie kommt in zweierlei Arten vor. Zuerst<lb/>
in Bezug auf Regulationen, die unnöthig werden, weil<lb/>
andere, neu aufgetretene stärkere Variationen sie über-<lb/>
flüssig machen, und dann in Bezug auf Regulationen, die<lb/>
unnöthig werden, weil die Umgebungs-Einflüsse einfacher<lb/>
geworden sind.</p><lb/>
          <p>Im ersten Fall bewirkt die Panmixie nur für einen<lb/>
Theil des Organismus eine Rückbildung, die jedoch<lb/>
Hand in Hand geht mit einer Gesammtverstärkung der<lb/>
Constitutionskraft. Diese Art Panmixie findet statt bei den<lb/>
vielen Regulationen, die das sich verbessernde Gehirn<lb/>
überflüssig macht, hindert also nicht die Vervollkommnung<lb/>
überhaupt. Im zweiten Fall bewirkt die Panmixie &#x2014; immer<lb/>
das gewöhnliche absteigende Variiren der Art vorausgesetzt<lb/>
&#x2014; einen thatsächlichen Rückgang in der Organisation, ein<lb/>
Zurücksinken von der erreichten Stufe der Vollkommen-<lb/>
heit, wenn auch zugleich die gute Anpassung an einen<lb/>
einfacheren Umgebungskreis aufrecht erhalten wird.</p><lb/>
          <p>Dieser zweite Fall sich erheblich vereinfachender Um-<lb/>
gebung, der Grundbedingung einer Vereinfachung der<lb/>
Structur, spielte bei der Entwickelung des Menschen bis<lb/>
in den Beginn unserer Zeitrechnung hinein jedenfalls keine<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0124] finsteren Höhlen ebenso wenig etwas nützte, als ihm ein schlechtes schadete, waren diejenigen Individuen im Vor- theil, bei denen die Augen zu Gunsten anderer Sinnes- organe schlechter angelegt waren. Denn diese anderen Sinnesorgane, Gehör, Geruch, Geschmack und Gefühl, waren jetzt für das Fortkommen allein ausschlaggebend. Die Verschlechterung einer Eigenschaft durch Pan- mixie ist also offenbar, sobald es sich, wie gewöhnlich, um absteigendes Variiren der Art handelt, und erklärt, wesshalb wir so manche Organe, die bei unseren Vor- fahren in der Organismenreihe gut ausgebildet waren, überhaupt nicht mehr oder nur noch in verkümmertem Zustand besitzen. Die Panmixie kommt in zweierlei Arten vor. Zuerst in Bezug auf Regulationen, die unnöthig werden, weil andere, neu aufgetretene stärkere Variationen sie über- flüssig machen, und dann in Bezug auf Regulationen, die unnöthig werden, weil die Umgebungs-Einflüsse einfacher geworden sind. Im ersten Fall bewirkt die Panmixie nur für einen Theil des Organismus eine Rückbildung, die jedoch Hand in Hand geht mit einer Gesammtverstärkung der Constitutionskraft. Diese Art Panmixie findet statt bei den vielen Regulationen, die das sich verbessernde Gehirn überflüssig macht, hindert also nicht die Vervollkommnung überhaupt. Im zweiten Fall bewirkt die Panmixie — immer das gewöhnliche absteigende Variiren der Art vorausgesetzt — einen thatsächlichen Rückgang in der Organisation, ein Zurücksinken von der erreichten Stufe der Vollkommen- heit, wenn auch zugleich die gute Anpassung an einen einfacheren Umgebungskreis aufrecht erhalten wird. Dieser zweite Fall sich erheblich vereinfachender Um- gebung, der Grundbedingung einer Vereinfachung der Structur, spielte bei der Entwickelung des Menschen bis in den Beginn unserer Zeitrechnung hinein jedenfalls keine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/124
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/124>, abgerufen am 18.05.2024.