Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.
Nach dem Fallknecht schickte Jener, daß er weg den Ochsen bringe, Und begegnet an des Knechtes Finger seinem Eheringe. Zwar er schweigt: doch kann er seine Wuth nur kurze Zeit verschließen. Kennt ihr Eifersucht? Was wollt' er machen, als das Weib erschießen? Er erschießt es auch, begräbt es heimlich, aller Welt ver- borgen, Und vermählt mit einer andern Gattin sich am andern Morgen. Diese ward ihm aber wirklich ungetreu, sie war umrungen Von Bewerbern, und ersah sich einen allerliebsten Jungen Zur Gesellschaft. Dieser wollte seiner Liebsten was verehren, Und er fing ein Elstermännchen, dem er wollte sprechen lehren. Dieß gelang, es sprach, worauf er's seiner Herzenskön'gin sendet; Aber ach! Es war der Vogel, welcher einst den Ring ent- wendet. Leider konnt' er jetzo sprechen! Er berichtet unbefangen Dem Anaximander Alles, wie es mit dem Ring ergangen, Dieser fühlt sich, wie begreiflich, ganz von Reu' und Leid zerrissen, Malt sich das Schaffot poetisch, faselt von Gewissensbissen, Klagt sich selbst an, wird gerichtet auf demselben Rabensteine, Und es rädert auch derselbe Henkersknecht ihm Arm' und Beine! Auch das Weib, das ungetreue, starb an Champignons ver- giftet, Und die Elster fiel in Wahnsinn, weil sie all dieß angestiftet.
Nach dem Fallknecht ſchickte Jener, daß er weg den Ochſen bringe, Und begegnet an des Knechtes Finger ſeinem Eheringe. Zwar er ſchweigt: doch kann er ſeine Wuth nur kurze Zeit verſchließen. Kennt ihr Eiferſucht? Was wollt' er machen, als das Weib erſchießen? Er erſchießt es auch, begraͤbt es heimlich, aller Welt ver- borgen, Und vermaͤhlt mit einer andern Gattin ſich am andern Morgen. Dieſe ward ihm aber wirklich ungetreu, ſie war umrungen Von Bewerbern, und erſah ſich einen allerliebſten Jungen Zur Geſellſchaft. Dieſer wollte ſeiner Liebſten was verehren, Und er fing ein Elſtermaͤnnchen, dem er wollte ſprechen lehren. Dieß gelang, es ſprach, worauf er's ſeiner Herzenskoͤn'gin ſendet; Aber ach! Es war der Vogel, welcher einſt den Ring ent- wendet. Leider konnt' er jetzo ſprechen! Er berichtet unbefangen Dem Anaximander Alles, wie es mit dem Ring ergangen, Dieſer fuͤhlt ſich, wie begreiflich, ganz von Reu' und Leid zerriſſen, Malt ſich das Schaffot poetiſch, faſelt von Gewiſſensbiſſen, Klagt ſich ſelbſt an, wird gerichtet auf demſelben Rabenſteine, Und es raͤdert auch derſelbe Henkersknecht ihm Arm' und Beine! Auch das Weib, das ungetreue, ſtarb an Champignons ver- giftet, Und die Elſter fiel in Wahnſinn, weil ſie all dieß angeſtiftet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#DAM"> <p><pb facs="#f0050" n="44"/> Nach dem Fallknecht ſchickte Jener, daß er weg den Ochſen<lb/> bringe,<lb/> Und begegnet an des Knechtes Finger ſeinem Eheringe.<lb/> Zwar er ſchweigt: doch kann er ſeine Wuth nur kurze Zeit<lb/> verſchließen.<lb/> Kennt ihr Eiferſucht? Was wollt' er machen, als das Weib<lb/> erſchießen?<lb/> Er erſchießt es auch, begraͤbt es heimlich, aller Welt ver-<lb/> borgen,<lb/> Und vermaͤhlt mit einer andern Gattin ſich am andern<lb/> Morgen.<lb/> Dieſe ward ihm aber wirklich ungetreu, ſie war umrungen<lb/> Von Bewerbern, und erſah ſich einen allerliebſten Jungen<lb/> Zur Geſellſchaft. Dieſer wollte ſeiner Liebſten was verehren,<lb/> Und er fing ein Elſtermaͤnnchen, dem er wollte ſprechen<lb/> lehren.<lb/> Dieß gelang, es ſprach, worauf er's ſeiner Herzenskoͤn'gin<lb/> ſendet;<lb/> Aber ach! Es war der Vogel, welcher einſt den Ring ent-<lb/> wendet.<lb/> Leider konnt' er jetzo ſprechen! Er berichtet unbefangen<lb/> Dem Anaximander Alles, wie es mit dem Ring ergangen,<lb/> Dieſer fuͤhlt ſich, wie begreiflich, ganz von Reu' und Leid<lb/> zerriſſen,<lb/> Malt ſich das Schaffot poetiſch, faſelt von Gewiſſensbiſſen,<lb/> Klagt ſich ſelbſt an, wird gerichtet auf demſelben Rabenſteine,<lb/> Und es raͤdert auch derſelbe Henkersknecht ihm Arm' und<lb/> Beine!<lb/> Auch das Weib, das ungetreue, ſtarb an Champignons ver-<lb/> giftet,<lb/> Und die Elſter fiel in Wahnſinn, weil ſie all dieß angeſtiftet.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0050]
Nach dem Fallknecht ſchickte Jener, daß er weg den Ochſen
bringe,
Und begegnet an des Knechtes Finger ſeinem Eheringe.
Zwar er ſchweigt: doch kann er ſeine Wuth nur kurze Zeit
verſchließen.
Kennt ihr Eiferſucht? Was wollt' er machen, als das Weib
erſchießen?
Er erſchießt es auch, begraͤbt es heimlich, aller Welt ver-
borgen,
Und vermaͤhlt mit einer andern Gattin ſich am andern
Morgen.
Dieſe ward ihm aber wirklich ungetreu, ſie war umrungen
Von Bewerbern, und erſah ſich einen allerliebſten Jungen
Zur Geſellſchaft. Dieſer wollte ſeiner Liebſten was verehren,
Und er fing ein Elſtermaͤnnchen, dem er wollte ſprechen
lehren.
Dieß gelang, es ſprach, worauf er's ſeiner Herzenskoͤn'gin
ſendet;
Aber ach! Es war der Vogel, welcher einſt den Ring ent-
wendet.
Leider konnt' er jetzo ſprechen! Er berichtet unbefangen
Dem Anaximander Alles, wie es mit dem Ring ergangen,
Dieſer fuͤhlt ſich, wie begreiflich, ganz von Reu' und Leid
zerriſſen,
Malt ſich das Schaffot poetiſch, faſelt von Gewiſſensbiſſen,
Klagt ſich ſelbſt an, wird gerichtet auf demſelben Rabenſteine,
Und es raͤdert auch derſelbe Henkersknecht ihm Arm' und
Beine!
Auch das Weib, das ungetreue, ſtarb an Champignons ver-
giftet,
Und die Elſter fiel in Wahnſinn, weil ſie all dieß angeſtiftet.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |