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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Grundthatsachen und Definitionen.
Weise. Man kann z. B. eine isothermische Curve aufzeichnen,
indem man für eine beliebige constant gehaltene Temperatur th
je zwei zusammengehörige Werthe von v und p als Abscisse
und Ordinate eines Punktes in einer Ebene auffasst. Die Schaar
aller Isothermen liefert ein vollständiges Bild der Zustands-
gleichung. Je mehr nun sich das Verhalten des betrachteten
Gases dem idealen nähert, um so enger schliessen sich die
Isothermen an die gleichseitigen Hyperbeln an, welche die
Coordinatenaxen zu Asymptoten haben. Denn für ein ideales
Gas ist die Gleichung einer Isotherme: p v = const. Die Ab-
weichung von der Form dieser Hyperbel gibt also zugleich ein
Maass für die Abweichung von dem idealen Gaszustand.

§ 23. Augenscheinlicher noch werden diese Abweichungen,
wenn man die Isotherme in der Art zeichnet, dass nicht p,
sondern das Produkt p v als Ordinate, und als Abscisse etwa
p erscheint. Für ein ideales Gas sind dann die Isothermen
offenbar gerade, der Abscissenachse parallele Linien. Für die
wirklichen Gase zeigt nun eine solche Linie ein allerdings flach
verlaufendes Minimum, dessen Lage und Betrag natürlich von
der Temperatur und von der Natur des Gases abhängt. Für
kleinere Drucke (links vom Minimum) nimmt also das Volumen
mit steigendem Druck schneller, für höhere Drucke (rechts vom
Minimum) nimmt es mit steigendem Druck langsamer ab als bei
idealen Gasen. Im Minimum selber ist die Compressibilität
gerade die eines idealen Gases. Beim Wasserstoff liegt das
Minimum sehr weit links, und konnte bisher nur bei sehr tiefen
Temperaturen nachgewiesen werden.

§ 24. Die erste auch für den flüssigen Zustand brauchbare
analytische Formulirung der verallgemeinerten Zustandsgleichung
rührt her von van der Waals, der zugleich auch eine physika-
lische Erklärung für die Abweichungen vom idealen Gaszustand,
vom Standpunkt der kinetischen Gastheorie aus, gegeben hat. Da
wir uns hier von den Voraussetzungen der kinetischen Theorie frei
halten wollen, haben wir es nur mit der van der Waals'schen Formel
selber, als einem angenäherten Ausdruck der Thatsachen, zu thun.
Sie lautet:
[Formel 1] wobei R, a und b Constante sind, die von der Natur der Substanz
abhängen. Für grosse v geht die Gleichung in der That in die

Grundthatsachen und Definitionen.
Weise. Man kann z. B. eine isothermische Curve aufzeichnen,
indem man für eine beliebige constant gehaltene Temperatur ϑ
je zwei zusammengehörige Werthe von v und p als Abscisse
und Ordinate eines Punktes in einer Ebene auffasst. Die Schaar
aller Isothermen liefert ein vollständiges Bild der Zustands-
gleichung. Je mehr nun sich das Verhalten des betrachteten
Gases dem idealen nähert, um so enger schliessen sich die
Isothermen an die gleichseitigen Hyperbeln an, welche die
Coordinatenaxen zu Asymptoten haben. Denn für ein ideales
Gas ist die Gleichung einer Isotherme: p v = const. Die Ab-
weichung von der Form dieser Hyperbel gibt also zugleich ein
Maass für die Abweichung von dem idealen Gaszustand.

§ 23. Augenscheinlicher noch werden diese Abweichungen,
wenn man die Isotherme in der Art zeichnet, dass nicht p,
sondern das Produkt p v als Ordinate, und als Abscisse etwa
p erscheint. Für ein ideales Gas sind dann die Isothermen
offenbar gerade, der Abscissenachse parallele Linien. Für die
wirklichen Gase zeigt nun eine solche Linie ein allerdings flach
verlaufendes Minimum, dessen Lage und Betrag natürlich von
der Temperatur und von der Natur des Gases abhängt. Für
kleinere Drucke (links vom Minimum) nimmt also das Volumen
mit steigendem Druck schneller, für höhere Drucke (rechts vom
Minimum) nimmt es mit steigendem Druck langsamer ab als bei
idealen Gasen. Im Minimum selber ist die Compressibilität
gerade die eines idealen Gases. Beim Wasserstoff liegt das
Minimum sehr weit links, und konnte bisher nur bei sehr tiefen
Temperaturen nachgewiesen werden.

§ 24. Die erste auch für den flüssigen Zustand brauchbare
analytische Formulirung der verallgemeinerten Zustandsgleichung
rührt her von van der Waals, der zugleich auch eine physika-
lische Erklärung für die Abweichungen vom idealen Gaszustand,
vom Standpunkt der kinetischen Gastheorie aus, gegeben hat. Da
wir uns hier von den Voraussetzungen der kinetischen Theorie frei
halten wollen, haben wir es nur mit der van der Waals’schen Formel
selber, als einem angenäherten Ausdruck der Thatsachen, zu thun.
Sie lautet:
[Formel 1] wobei R, a und b Constante sind, die von der Natur der Substanz
abhängen. Für grosse v geht die Gleichung in der That in die

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[12/0028] Grundthatsachen und Definitionen. Weise. Man kann z. B. eine isothermische Curve aufzeichnen, indem man für eine beliebige constant gehaltene Temperatur ϑ je zwei zusammengehörige Werthe von v und p als Abscisse und Ordinate eines Punktes in einer Ebene auffasst. Die Schaar aller Isothermen liefert ein vollständiges Bild der Zustands- gleichung. Je mehr nun sich das Verhalten des betrachteten Gases dem idealen nähert, um so enger schliessen sich die Isothermen an die gleichseitigen Hyperbeln an, welche die Coordinatenaxen zu Asymptoten haben. Denn für ein ideales Gas ist die Gleichung einer Isotherme: p v = const. Die Ab- weichung von der Form dieser Hyperbel gibt also zugleich ein Maass für die Abweichung von dem idealen Gaszustand. § 23. Augenscheinlicher noch werden diese Abweichungen, wenn man die Isotherme in der Art zeichnet, dass nicht p, sondern das Produkt p v als Ordinate, und als Abscisse etwa p erscheint. Für ein ideales Gas sind dann die Isothermen offenbar gerade, der Abscissenachse parallele Linien. Für die wirklichen Gase zeigt nun eine solche Linie ein allerdings flach verlaufendes Minimum, dessen Lage und Betrag natürlich von der Temperatur und von der Natur des Gases abhängt. Für kleinere Drucke (links vom Minimum) nimmt also das Volumen mit steigendem Druck schneller, für höhere Drucke (rechts vom Minimum) nimmt es mit steigendem Druck langsamer ab als bei idealen Gasen. Im Minimum selber ist die Compressibilität gerade die eines idealen Gases. Beim Wasserstoff liegt das Minimum sehr weit links, und konnte bisher nur bei sehr tiefen Temperaturen nachgewiesen werden. § 24. Die erste auch für den flüssigen Zustand brauchbare analytische Formulirung der verallgemeinerten Zustandsgleichung rührt her von van der Waals, der zugleich auch eine physika- lische Erklärung für die Abweichungen vom idealen Gaszustand, vom Standpunkt der kinetischen Gastheorie aus, gegeben hat. Da wir uns hier von den Voraussetzungen der kinetischen Theorie frei halten wollen, haben wir es nur mit der van der Waals’schen Formel selber, als einem angenäherten Ausdruck der Thatsachen, zu thun. Sie lautet: [FORMEL] wobei R, a und b Constante sind, die von der Natur der Substanz abhängen. Für grosse v geht die Gleichung in der That in die

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/28>, abgerufen am 27.04.2024.