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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Temperatur.
kann hier nur bis zu einem gewissen Grade beseitigt werden,
nämlich durch die Benutzung der Erfahrung, dass die verschie-
denen Gase, besonders die schwer condensirbaren, wie Wasser-
stoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenoxyd, als thermometrische
Substanzen innerhalb eines beträchtlichen Temperaturbereichs
eine fast vollkommene, für die meisten Messungen genügende
Uebereinstimmung in den Temperaturangaben liefern. Ja noch
mehr: auch die absolute Grösse der Ausdehnung ist bei allen
diesen Gasen insofern die nämliche, als gleiche Volumina der-
selben sich bei gleichzeitiger Erwärmung immer um gleichviel
ausdehnen, constanten äusseren Druck vorausgesetzt. Der Be-
trag dieser Ausdehnung ist für eine Erwärmung von 0° auf 1°
etwa der 273te Theil des Volumens. Da nun endlich auch der
Einfluss des äusseren Druckes auf das Volumen eines dieser
Gase durch ein sehr einfaches Gesetz dargestellt wird, so ist
der Schluss gestattet, dass diese Regelmässigkeiten auf einer
besonders einfachen Constitution dieser Substanzen beruhen, und
dass es daher rationell ist, die von ihnen angegebene gemeinschaft-
liche Temperatur als Temperatur schlechthin zu definiren. Es
müssen also die Angaben aller anderen Thermometer auf das Gas-
thermometer (speziell Wasserstoffthermometer) reducirt werden.

§ 5. Bei Genauigkeitsanforderungen, für welche die Ueber-
einstimmung in den Angaben der verschiedenen Gasthermometer
nicht genügt, bleibt die Willkühr in der Definition der Temperatur
bestehen, da kein Grund vorliegt, ein bestimmtes Gas vor den
anderen zu bevorzugen. Eine von den Eigenschaften einzelner
Körper vollkommen unabhängige Definition der Temperatur,
gültig für alle Wärme- und Kältegrade, wird erst möglich auf
Grund des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie (siehe unten
§ 160 ff.). Bis dahin wird daher nur von solchen Temperaturen
die Rede sein, welche durch das Gasthermometer mit hin-
reichender Schärfe definirt sind.

§ 6. Wir beschäftigen uns im Folgenden vorwiegend mit
homogenen isotropen Körpern von beliebiger Form, die im Innern
gleichmässige Temperatur und Dichte besitzen und einem gleich-
mässigen überall senkrecht auf ihre Oberfläche wirkenden Druck
unterworfen sind, folglich auch den nämlichen Druck nach Aussen
hin ausüben. Von Oberflächenerscheinungen sehen wir dabei
ab. Der Zustand eines solchen Körpers ist bestimmt durch

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Temperatur.
kann hier nur bis zu einem gewissen Grade beseitigt werden,
nämlich durch die Benutzung der Erfahrung, dass die verschie-
denen Gase, besonders die schwer condensirbaren, wie Wasser-
stoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenoxyd, als thermometrische
Substanzen innerhalb eines beträchtlichen Temperaturbereichs
eine fast vollkommene, für die meisten Messungen genügende
Uebereinstimmung in den Temperaturangaben liefern. Ja noch
mehr: auch die absolute Grösse der Ausdehnung ist bei allen
diesen Gasen insofern die nämliche, als gleiche Volumina der-
selben sich bei gleichzeitiger Erwärmung immer um gleichviel
ausdehnen, constanten äusseren Druck vorausgesetzt. Der Be-
trag dieser Ausdehnung ist für eine Erwärmung von 0° auf 1°
etwa der 273te Theil des Volumens. Da nun endlich auch der
Einfluss des äusseren Druckes auf das Volumen eines dieser
Gase durch ein sehr einfaches Gesetz dargestellt wird, so ist
der Schluss gestattet, dass diese Regelmässigkeiten auf einer
besonders einfachen Constitution dieser Substanzen beruhen, und
dass es daher rationell ist, die von ihnen angegebene gemeinschaft-
liche Temperatur als Temperatur schlechthin zu definiren. Es
müssen also die Angaben aller anderen Thermometer auf das Gas-
thermometer (speziell Wasserstoffthermometer) reducirt werden.

§ 5. Bei Genauigkeitsanforderungen, für welche die Ueber-
einstimmung in den Angaben der verschiedenen Gasthermometer
nicht genügt, bleibt die Willkühr in der Definition der Temperatur
bestehen, da kein Grund vorliegt, ein bestimmtes Gas vor den
anderen zu bevorzugen. Eine von den Eigenschaften einzelner
Körper vollkommen unabhängige Definition der Temperatur,
gültig für alle Wärme- und Kältegrade, wird erst möglich auf
Grund des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie (siehe unten
§ 160 ff.). Bis dahin wird daher nur von solchen Temperaturen
die Rede sein, welche durch das Gasthermometer mit hin-
reichender Schärfe definirt sind.

§ 6. Wir beschäftigen uns im Folgenden vorwiegend mit
homogenen isotropen Körpern von beliebiger Form, die im Innern
gleichmässige Temperatur und Dichte besitzen und einem gleich-
mässigen überall senkrecht auf ihre Oberfläche wirkenden Druck
unterworfen sind, folglich auch den nämlichen Druck nach Aussen
hin ausüben. Von Oberflächenerscheinungen sehen wir dabei
ab. Der Zustand eines solchen Körpers ist bestimmt durch

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[3/0019] Temperatur. kann hier nur bis zu einem gewissen Grade beseitigt werden, nämlich durch die Benutzung der Erfahrung, dass die verschie- denen Gase, besonders die schwer condensirbaren, wie Wasser- stoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenoxyd, als thermometrische Substanzen innerhalb eines beträchtlichen Temperaturbereichs eine fast vollkommene, für die meisten Messungen genügende Uebereinstimmung in den Temperaturangaben liefern. Ja noch mehr: auch die absolute Grösse der Ausdehnung ist bei allen diesen Gasen insofern die nämliche, als gleiche Volumina der- selben sich bei gleichzeitiger Erwärmung immer um gleichviel ausdehnen, constanten äusseren Druck vorausgesetzt. Der Be- trag dieser Ausdehnung ist für eine Erwärmung von 0° auf 1° etwa der 273te Theil des Volumens. Da nun endlich auch der Einfluss des äusseren Druckes auf das Volumen eines dieser Gase durch ein sehr einfaches Gesetz dargestellt wird, so ist der Schluss gestattet, dass diese Regelmässigkeiten auf einer besonders einfachen Constitution dieser Substanzen beruhen, und dass es daher rationell ist, die von ihnen angegebene gemeinschaft- liche Temperatur als Temperatur schlechthin zu definiren. Es müssen also die Angaben aller anderen Thermometer auf das Gas- thermometer (speziell Wasserstoffthermometer) reducirt werden. § 5. Bei Genauigkeitsanforderungen, für welche die Ueber- einstimmung in den Angaben der verschiedenen Gasthermometer nicht genügt, bleibt die Willkühr in der Definition der Temperatur bestehen, da kein Grund vorliegt, ein bestimmtes Gas vor den anderen zu bevorzugen. Eine von den Eigenschaften einzelner Körper vollkommen unabhängige Definition der Temperatur, gültig für alle Wärme- und Kältegrade, wird erst möglich auf Grund des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie (siehe unten § 160 ff.). Bis dahin wird daher nur von solchen Temperaturen die Rede sein, welche durch das Gasthermometer mit hin- reichender Schärfe definirt sind. § 6. Wir beschäftigen uns im Folgenden vorwiegend mit homogenen isotropen Körpern von beliebiger Form, die im Innern gleichmässige Temperatur und Dichte besitzen und einem gleich- mässigen überall senkrecht auf ihre Oberfläche wirkenden Druck unterworfen sind, folglich auch den nämlichen Druck nach Aussen hin ausüben. Von Oberflächenerscheinungen sehen wir dabei ab. Der Zustand eines solchen Körpers ist bestimmt durch 1*

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/19>, abgerufen am 27.04.2024.