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Planck, Karl: Fusslümmelei. Über Stauchballspiel und englische Krankheit. Stuttgart, 1898.

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noch der günstigste Fall angenommen, daß eine Verletzung des Gegners
nicht beabsichtigt wird.

Ein in sich gefestigter Charakter wird nun freilich ohne Einbuße
und Gefahr für sich selber sich dem verhängnisvollen Einfluß eines zu-
nächst ästhetisch betrachtet rohen Spieles aussetzen können. Und darin
liegt auch die Erklärung für die auffällige Thatsache, daß so viele höchst
ehrenwerte Männer sich mit einer Begeisterung und Hingebung, die
einer besseren Sache wert wäre, für das Spiel ins Zeug legen. Nun
soll aber vor allem die noch schwankende, bildsame, für alles Gute, aber
doch wohl mindestens ebenso sehr für alles Böse empfängliche Jugend,
soll nicht nur der gegen Verführung gefestigte Teil, sondern überhaupt
alles Volk an diesem Spiel teilnehmen, soll es zu einer allgemeinen
Volksbelustigung, zu einem volkstümlichen Erholungsmittel werden.
Heutzutage nehmen noch hauptsächlich die "besseren" Kreise des Volkes
daran teil, wie sie sich selber mit Vorliebe nennen. Sie mögen ja gegen
die Versuchungen gewappnet sein, die hinter dem Spiele lauern, sie
mögen den Namen verdienen, den sie sich mit solchem Wohlgefallen selbst
beilegen. Aber gerade wenn sie die "Besseren" sind, spüren sie denn
nicht um so mehr die Verantwortung, die darin liegt, wenn sie ein
Spiel das leicht, das fast notwendig bei derber angelegten Naturen zur
Roheit führt, in alles Volk werfen? Oder wissen sie etwa nicht, daß
der Kreislauf in allen derartigen Dingen von oben nach unten geht,
daß der Chignon, der Reifrock, die Affenstöckl, der Pariser Hintere,
die Schinkelärmel bei den Dienstboten Mode werden, wenn die "Herr-
schaften" ihrer schon wieder überdrüssig geworden sind? Und wollt ihr
mit euren Spielen nicht gerade etwas ins Volk werfen, das für jeden
gleich anziehend, gleich wertvoll, gleich passend ist? Ist das nicht der
Fall, ist das nicht euer Wunsch und klare Absicht, so habe ich die ganze
Bewegung, die auf die Wiedererweckung der Jugend - und Volksspiele
ausgeht, nicht verstanden. Wenn man aber solche Ziele im Auge hat,
so gilt es, doppelt und dreifach vorsichtig zu sein. Wir stehen noch
im Anfang der Erscheinung. Das Spiel ist noch nicht so ein-
gebürgert, obwohl bei der Jugend schon weit mehr, als man
glaubt. Darum sehen wir dorthin, wo man schon mehr Erfahrungen
gesammelt hat.

Die Todesfälle, die durch das Spiel in England allein schon
herbeigeführt worden sind, und zwar zumeist "durch Fußtritte an den
Unterleib, die Magengrube, gegen das Rückgrat oder gegen den Kopf",
zählen allein schon nach Hunderten, wenn nicht nach Tausenden, ganz
abgesehen von den übrigen Verletzungen vorübergehender und bleibender

noch der günstigste Fall angenommen, daß eine Verletzung des Gegners
nicht beabsichtigt wird.

Ein in sich gefestigter Charakter wird nun freilich ohne Einbuße
und Gefahr für sich selber sich dem verhängnisvollen Einfluß eines zu-
nächst ästhetisch betrachtet rohen Spieles aussetzen können. Und darin
liegt auch die Erklärung für die auffällige Thatsache, daß so viele höchst
ehrenwerte Männer sich mit einer Begeisterung und Hingebung, die
einer besseren Sache wert wäre, für das Spiel ins Zeug legen. Nun
soll aber vor allem die noch schwankende, bildsame, für alles Gute, aber
doch wohl mindestens ebenso sehr für alles Böse empfängliche Jugend,
soll nicht nur der gegen Verführung gefestigte Teil, sondern überhaupt
alles Volk an diesem Spiel teilnehmen, soll es zu einer allgemeinen
Volksbelustigung, zu einem volkstümlichen Erholungsmittel werden.
Heutzutage nehmen noch hauptsächlich die „besseren“ Kreise des Volkes
daran teil, wie sie sich selber mit Vorliebe nennen. Sie mögen ja gegen
die Versuchungen gewappnet sein, die hinter dem Spiele lauern, sie
mögen den Namen verdienen, den sie sich mit solchem Wohlgefallen selbst
beilegen. Aber gerade wenn sie die „Besseren“ sind, spüren sie denn
nicht um so mehr die Verantwortung, die darin liegt, wenn sie ein
Spiel das leicht, das fast notwendig bei derber angelegten Naturen zur
Roheit führt, in alles Volk werfen? Oder wissen sie etwa nicht, daß
der Kreislauf in allen derartigen Dingen von oben nach unten geht,
daß der Chignon, der Reifrock, die Affenstöckl, der Pariser Hintere,
die Schinkelärmel bei den Dienstboten Mode werden, wenn die „Herr-
schaften“ ihrer schon wieder überdrüssig geworden sind? Und wollt ihr
mit euren Spielen nicht gerade etwas ins Volk werfen, das für jeden
gleich anziehend, gleich wertvoll, gleich passend ist? Ist das nicht der
Fall, ist das nicht euer Wunsch und klare Absicht, so habe ich die ganze
Bewegung, die auf die Wiedererweckung der Jugend - und Volksspiele
ausgeht, nicht verstanden. Wenn man aber solche Ziele im Auge hat,
so gilt es, doppelt und dreifach vorsichtig zu sein. Wir stehen noch
im Anfang der Erscheinung. Das Spiel ist noch nicht so ein-
gebürgert, obwohl bei der Jugend schon weit mehr, als man
glaubt. Darum sehen wir dorthin, wo man schon mehr Erfahrungen
gesammelt hat.

Die Todesfälle, die durch das Spiel in England allein schon
herbeigeführt worden sind, und zwar zumeist „durch Fußtritte an den
Unterleib, die Magengrube, gegen das Rückgrat oder gegen den Kopf“,
zählen allein schon nach Hunderten, wenn nicht nach Tausenden, ganz
abgesehen von den übrigen Verletzungen vorübergehender und bleibender

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[18/0024] noch der günstigste Fall angenommen, daß eine Verletzung des Gegners nicht beabsichtigt wird. Ein in sich gefestigter Charakter wird nun freilich ohne Einbuße und Gefahr für sich selber sich dem verhängnisvollen Einfluß eines zu- nächst ästhetisch betrachtet rohen Spieles aussetzen können. Und darin liegt auch die Erklärung für die auffällige Thatsache, daß so viele höchst ehrenwerte Männer sich mit einer Begeisterung und Hingebung, die einer besseren Sache wert wäre, für das Spiel ins Zeug legen. Nun soll aber vor allem die noch schwankende, bildsame, für alles Gute, aber doch wohl mindestens ebenso sehr für alles Böse empfängliche Jugend, soll nicht nur der gegen Verführung gefestigte Teil, sondern überhaupt alles Volk an diesem Spiel teilnehmen, soll es zu einer allgemeinen Volksbelustigung, zu einem volkstümlichen Erholungsmittel werden. Heutzutage nehmen noch hauptsächlich die „besseren“ Kreise des Volkes daran teil, wie sie sich selber mit Vorliebe nennen. Sie mögen ja gegen die Versuchungen gewappnet sein, die hinter dem Spiele lauern, sie mögen den Namen verdienen, den sie sich mit solchem Wohlgefallen selbst beilegen. Aber gerade wenn sie die „Besseren“ sind, spüren sie denn nicht um so mehr die Verantwortung, die darin liegt, wenn sie ein Spiel das leicht, das fast notwendig bei derber angelegten Naturen zur Roheit führt, in alles Volk werfen? Oder wissen sie etwa nicht, daß der Kreislauf in allen derartigen Dingen von oben nach unten geht, daß der Chignon, der Reifrock, die Affenstöckl, der Pariser Hintere, die Schinkelärmel bei den Dienstboten Mode werden, wenn die „Herr- schaften“ ihrer schon wieder überdrüssig geworden sind? Und wollt ihr mit euren Spielen nicht gerade etwas ins Volk werfen, das für jeden gleich anziehend, gleich wertvoll, gleich passend ist? Ist das nicht der Fall, ist das nicht euer Wunsch und klare Absicht, so habe ich die ganze Bewegung, die auf die Wiedererweckung der Jugend - und Volksspiele ausgeht, nicht verstanden. Wenn man aber solche Ziele im Auge hat, so gilt es, doppelt und dreifach vorsichtig zu sein. Wir stehen noch im Anfang der Erscheinung. Das Spiel ist noch nicht so ein- gebürgert, obwohl bei der Jugend schon weit mehr, als man glaubt. Darum sehen wir dorthin, wo man schon mehr Erfahrungen gesammelt hat. Die Todesfälle, die durch das Spiel in England allein schon herbeigeführt worden sind, und zwar zumeist „durch Fußtritte an den Unterleib, die Magengrube, gegen das Rückgrat oder gegen den Kopf“, zählen allein schon nach Hunderten, wenn nicht nach Tausenden, ganz abgesehen von den übrigen Verletzungen vorübergehender und bleibender

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Zitationshilfe: Planck, Karl: Fusslümmelei. Über Stauchballspiel und englische Krankheit. Stuttgart, 1898, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_fussluemmelei_1898/24>, abgerufen am 24.11.2024.