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Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Hinter dem Hause Scholastika's erhebt sich ein steiler, waldiger Berg, der Unutz. Er liefert zwar den Bauern nur wenig Holz, die breite Fläche, die sich über seinen Hochrücken hinzieht, ist dürr und wasserarm, spärliche Seggenbüschel auf kalkigem Grunde gewähren Schafen und Rossen ein dürftiges Futter; dessenungeachtet hat er in neuester Zeit eine gewisse Berühmtheit erlangt. Sein Gipfel, den auch Damen in zwei bis drei Stunden ohne Gefahr ersteigen, gewährt eine Aussicht, noch viel großartiger, als die von der hohen Salve, indem man die Gletscher der Centralalpen, das schroffe Kalkgebirge, welches sie einfaßt, und das bayerische Flachland, so weit das Auge trägt, überschauen kann. Wohl die wenigsten der zahlreichen Bummler, welche eigentlich nur hinaufsteigen, um sagen zu können, sie seien droben gewesen, werfen von der scharfen Kante, mit der gegen Ost die Hochebene abbricht, einen Blick in den Abgrund, der sich gegen Steinberg niedersenkt. Die steile Lehne ist nur stellenweise von Zundern überwachsen, erst weiter unten be-

Hinter dem Hause Scholastika's erhebt sich ein steiler, waldiger Berg, der Unutz. Er liefert zwar den Bauern nur wenig Holz, die breite Fläche, die sich über seinen Hochrücken hinzieht, ist dürr und wasserarm, spärliche Seggenbüschel auf kalkigem Grunde gewähren Schafen und Rossen ein dürftiges Futter; dessenungeachtet hat er in neuester Zeit eine gewisse Berühmtheit erlangt. Sein Gipfel, den auch Damen in zwei bis drei Stunden ohne Gefahr ersteigen, gewährt eine Aussicht, noch viel großartiger, als die von der hohen Salve, indem man die Gletscher der Centralalpen, das schroffe Kalkgebirge, welches sie einfaßt, und das bayerische Flachland, so weit das Auge trägt, überschauen kann. Wohl die wenigsten der zahlreichen Bummler, welche eigentlich nur hinaufsteigen, um sagen zu können, sie seien droben gewesen, werfen von der scharfen Kante, mit der gegen Ost die Hochebene abbricht, einen Blick in den Abgrund, der sich gegen Steinberg niedersenkt. Die steile Lehne ist nur stellenweise von Zundern überwachsen, erst weiter unten be-

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[0007] Hinter dem Hause Scholastika's erhebt sich ein steiler, waldiger Berg, der Unutz. Er liefert zwar den Bauern nur wenig Holz, die breite Fläche, die sich über seinen Hochrücken hinzieht, ist dürr und wasserarm, spärliche Seggenbüschel auf kalkigem Grunde gewähren Schafen und Rossen ein dürftiges Futter; dessenungeachtet hat er in neuester Zeit eine gewisse Berühmtheit erlangt. Sein Gipfel, den auch Damen in zwei bis drei Stunden ohne Gefahr ersteigen, gewährt eine Aussicht, noch viel großartiger, als die von der hohen Salve, indem man die Gletscher der Centralalpen, das schroffe Kalkgebirge, welches sie einfaßt, und das bayerische Flachland, so weit das Auge trägt, überschauen kann. Wohl die wenigsten der zahlreichen Bummler, welche eigentlich nur hinaufsteigen, um sagen zu können, sie seien droben gewesen, werfen von der scharfen Kante, mit der gegen Ost die Hochebene abbricht, einen Blick in den Abgrund, der sich gegen Steinberg niedersenkt. Die steile Lehne ist nur stellenweise von Zundern überwachsen, erst weiter unten be-

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Zitationshilfe: Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/7>, abgerufen am 19.04.2024.