Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.mit der kriechenden Poesie. wird bald einen Satz in die Höhe thun, undohne Discretion den andern anpacken, wo er kann. Endlich hat man auf der Jagd wol eher gesehen, daß, wenn ein Jagd-Hund an einen wilden Eber gekommen, und sich nicht inacht genommen, dieser ihm die Pfoten vorm Bauche weggehauen, daß er hernach nolens volens auf der Erde kriechen müssen. Dies nennen wir die verhauene und verschossene Poeten. Denn mancher kriechende Poete verliert so bald seine Kraft, daß er nachher zu keiner Hetze wei- ter taugt. Er hat sich mit einmal verschossen; seine Kraft ist weg. Oder es hat ihn ein ande- rer Fleischer-Hund so herumgezauset, daß er sei- nen poetischen Schwanz, ich will sagen, seinen Dichter-Kiel, zwischen die Beine nimmt und Versen-Geld giebet. Zur Zeit der Anfechtung fallen sie abe! § 11. Ein poetischer Jgel ist gewiß auch heiten; D
mit der kriechenden Poeſie. wird bald einen Satz in die Hoͤhe thun, undohne Discretion den andern anpacken, wo er kann. Endlich hat man auf der Jagd wol eher geſehen, daß, wenn ein Jagd-Hund an einen wilden Eber gekommen, und ſich nicht inacht genommen, dieſer ihm die Pfoten vorm Bauche weggehauen, daß er hernach nolens volens auf der Erde kriechen muͤſſen. Dies nennen wir die verhauene und verſchoſſene Poeten. Denn mancher kriechende Poete verliert ſo bald ſeine Kraft, daß er nachher zu keiner Hetze wei- ter taugt. Er hat ſich mit einmal verſchoſſen; ſeine Kraft iſt weg. Oder es hat ihn ein ande- rer Fleiſcher-Hund ſo herumgezauſet, daß er ſei- nen poetiſchen Schwanz, ich will ſagen, ſeinen Dichter-Kiel, zwiſchen die Beine nimmt und Verſen-Geld giebet. Zur Zeit der Anfechtung fallen ſie abe! § 11. Ein poetiſcher Jgel iſt gewiß auch heiten; D
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mit der kriechenden Poeſie.
wird bald einen Satz in die Hoͤhe thun, und
ohne Discretion den andern anpacken, wo er
kann. Endlich hat man auf der Jagd wol eher
geſehen, daß, wenn ein Jagd-Hund an einen
wilden Eber gekommen, und ſich nicht inacht
genommen, dieſer ihm die Pfoten vorm Bauche
weggehauen, daß er hernach nolens volens
auf der Erde kriechen muͤſſen. Dies nennen
wir die verhauene und verſchoſſene Poeten.
Denn mancher kriechende Poete verliert ſo bald
ſeine Kraft, daß er nachher zu keiner Hetze wei-
ter taugt. Er hat ſich mit einmal verſchoſſen;
ſeine Kraft iſt weg. Oder es hat ihn ein ande-
rer Fleiſcher-Hund ſo herumgezauſet, daß er ſei-
nen poetiſchen Schwanz, ich will ſagen, ſeinen
Dichter-Kiel, zwiſchen die Beine nimmt und
Verſen-Geld giebet. Zur Zeit der Anfechtung
fallen ſie abe!
§ 11. Ein poetiſcher Jgel iſt gewiß auch
eine artliche Gattung kriechender Poeten. Der
Jgel iſt um und um mit Stacheln umgeben;
das ſind ſeine natuͤrliche Waffen. Er druckt
ſich auf die Erde, und wenn er ſich einmal her-
umdrehet, verwundet er den, ſo ihm zu nahe
kommt. Die Jgel-Poeten ſtechen aͤrger um
ſich herum, als die Stachel-Schweine. Sie
wagen ſich nicht unter die großen Bullenbeiſſer,
und halten nichts von ganzen Gedichten. Aber
in Geſellſchaften, wenn etwa, bey Auftragung
eines Hechtes Leber-Reime in der Reihe her-
umgehen, oder bey Ausbringung der Geſund-
heiten;
D
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