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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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Zwey hundert Maximen
denn in eben den Umständen nicht möglich ist,
daß sie anders agiren sollte: So wird doch durch
vorherstehende Grund-Begriffe von der göttli-
chen
Enantiometrie, die in den Geschöpfen zu
ersehen, nichts an den eingeführten Begriffen
von Verbrechen und Strafen benommen. Denn
wenn gleich der, so etwas verbricht, in solchen
Gemüths-Umständen gestanden, die das Ueber-
gewichte
gegeben haben: So dienet doch seine
Abstrafung entweder zu seiner eigenen Besserung,
oder aber andern zur Nachhelfung, daß sie einen
desto tiefern Eindruck bekommen, welcher sonst
nachgeblieben wäre, wenn nicht so ein Beyspiel
abgestrafter Verbrechen ihnen vorgekommen
wäre. Will man aber die Sache in einen ho-
hen Begriff
fassen: So sind alle am Leben ge-
strafte Verbrecher eigentlich Schlacht-Opfer
der höchsten Gewalt
über den lebendigen Odem;
und eben der Mensch, der itzo als ein Uebelthä-
ter abgestrafet wird, würde solche That unter-
lassen haben, wenn seine Seele sich in einem
andern Cörper befunden hätte. Diese Vor-
bestimmung
aber der Ordnung, darinn jeder
Mensch auf die Schaubühne der Welt kommt,
oder wieder abtritt, dependirt lediglich von der
freyen Vorsehung Gottes. Die Comödien
und Tragödien, die Gott bey Regierung der
Welt verhänget, haben einen schwereren Auf-
lösungs-Knoten,
als unsere Schauspiele; aber
es hänget alles im Ganzen fürtrefflich an ein-
ander.
CL.
Zwey hundert Maximen
denn in eben den Umſtaͤnden nicht moͤglich iſt,
daß ſie anders agiren ſollte: So wird doch durch
vorherſtehende Grund-Begriffe von der goͤttli-
chen
Enantiometrie, die in den Geſchoͤpfen zu
erſehen, nichts an den eingefuͤhrten Begriffen
von Verbrechen und Strafen benommen. Denn
wenn gleich der, ſo etwas verbricht, in ſolchen
Gemuͤths-Umſtaͤnden geſtanden, die das Ueber-
gewichte
gegeben haben: So dienet doch ſeine
Abſtrafung entweder zu ſeiner eigenen Beſſerung,
oder aber andern zur Nachhelfung, daß ſie einen
deſto tiefern Eindruck bekommen, welcher ſonſt
nachgeblieben waͤre, wenn nicht ſo ein Beyſpiel
abgeſtrafter Verbrechen ihnen vorgekommen
waͤre. Will man aber die Sache in einen ho-
hen Begriff
faſſen: So ſind alle am Leben ge-
ſtrafte Verbrecher eigentlich Schlacht-Opfer
der hoͤchſten Gewalt
uͤber den lebendigen Odem;
und eben der Menſch, der itzo als ein Uebelthaͤ-
ter abgeſtrafet wird, wuͤrde ſolche That unter-
laſſen haben, wenn ſeine Seele ſich in einem
andern Coͤrper befunden haͤtte. Dieſe Vor-
beſtimmung
aber der Ordnung, darinn jeder
Menſch auf die Schaubuͤhne der Welt kommt,
oder wieder abtritt, dependirt lediglich von der
freyen Vorſehung Gottes. Die Comoͤdien
und Tragoͤdien, die Gott bey Regierung der
Welt verhaͤnget, haben einen ſchwereren Auf-
loͤſungs-Knoten,
als unſere Schauſpiele; aber
es haͤnget alles im Ganzen fuͤrtrefflich an ein-
ander.
CL.
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[232/0240] Zwey hundert Maximen denn in eben den Umſtaͤnden nicht moͤglich iſt, daß ſie anders agiren ſollte: So wird doch durch vorherſtehende Grund-Begriffe von der goͤttli- chen Enantiometrie, die in den Geſchoͤpfen zu erſehen, nichts an den eingefuͤhrten Begriffen von Verbrechen und Strafen benommen. Denn wenn gleich der, ſo etwas verbricht, in ſolchen Gemuͤths-Umſtaͤnden geſtanden, die das Ueber- gewichte gegeben haben: So dienet doch ſeine Abſtrafung entweder zu ſeiner eigenen Beſſerung, oder aber andern zur Nachhelfung, daß ſie einen deſto tiefern Eindruck bekommen, welcher ſonſt nachgeblieben waͤre, wenn nicht ſo ein Beyſpiel abgeſtrafter Verbrechen ihnen vorgekommen waͤre. Will man aber die Sache in einen ho- hen Begriff faſſen: So ſind alle am Leben ge- ſtrafte Verbrecher eigentlich Schlacht-Opfer der hoͤchſten Gewalt uͤber den lebendigen Odem; und eben der Menſch, der itzo als ein Uebelthaͤ- ter abgeſtrafet wird, wuͤrde ſolche That unter- laſſen haben, wenn ſeine Seele ſich in einem andern Coͤrper befunden haͤtte. Dieſe Vor- beſtimmung aber der Ordnung, darinn jeder Menſch auf die Schaubuͤhne der Welt kommt, oder wieder abtritt, dependirt lediglich von der freyen Vorſehung Gottes. Die Comoͤdien und Tragoͤdien, die Gott bey Regierung der Welt verhaͤnget, haben einen ſchwereren Auf- loͤſungs-Knoten, als unſere Schauſpiele; aber es haͤnget alles im Ganzen fuͤrtrefflich an ein- ander. CL.

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/240>, abgerufen am 25.11.2024.