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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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Vorzug der kriechenden Poesie
alsdann nur gelesen und gelobet, die Ausführung
aber für höchst mager gehalten werden.

§ 16. Doch, damit ich eine Probe gebe,
wie die kriechende Poeten meines gleichen es ma-
chen, wenn wir eine schöne verdeckte Quelle
entdecken,
und daraus verstohlen schöpfen, her-
nach es für eine Ausgeburt unsers eigenen Kop-
fes
ausgeben: So könnte man, in einem Lob-
Liede auf den ehemaligen großen Feld-Herrn Eu-
genium,
eine glückliche Parodie in zwey Zeilen
machen, und dem sinnreichen obigen Verfas-
ser
also nachreimen:

Von dem es in der That auch nach dem
Tode heißt:
Jm Felde lauter Herz, im Staats-Rath
lauter Geist.

Denn mancher Feld-Herr und Staats-Rath
würde nicht wohl zurechte kommen, wenn er
nicht aus denen Lebens-Beschreibungen dieses
unvergeßlichen Helden und großen Staats-Man-
nes annoch ersehen könnte, wie Eugenius im
Felde lauter Herz, und im Staats-Rath lau-
ter Geist
gewesen. Wollte man aber diese schö-
ne Passage auf eine Person, die noch lebte, deu-
ten, und von der man sagen könne, daß sie ein
Heros in sago et toga, ein großer General
und zugleich großer Staats-Minister sey: So
würde ich nicht weit im A B C buchstabiren dür-
fen, um auf denjenigen hohen Namen zu kom-
men, da sich obige Reime sehr natürlich also
parodiren liessen:

Von

Vorzug der kriechenden Poeſie
alsdann nur geleſen und gelobet, die Ausfuͤhrung
aber fuͤr hoͤchſt mager gehalten werden.

§ 16. Doch, damit ich eine Probe gebe,
wie die kriechende Poeten meines gleichen es ma-
chen, wenn wir eine ſchoͤne verdeckte Quelle
entdecken,
und daraus verſtohlen ſchoͤpfen, her-
nach es fuͤr eine Ausgeburt unſers eigenen Kop-
fes
ausgeben: So koͤnnte man, in einem Lob-
Liede auf den ehemaligen großen Feld-Herrn Eu-
genium,
eine gluͤckliche Parodie in zwey Zeilen
machen, und dem ſinnreichen obigen Verfaſ-
ſer
alſo nachreimen:

Von dem es in der That auch nach dem
Tode heißt:
Jm Felde lauter Herz, im Staats-Rath
lauter Geiſt.

Denn mancher Feld-Herr und Staats-Rath
wuͤrde nicht wohl zurechte kommen, wenn er
nicht aus denen Lebens-Beſchreibungen dieſes
unvergeßlichen Helden und großen Staats-Man-
nes annoch erſehen koͤnnte, wie Eugenius im
Felde lauter Herz, und im Staats-Rath lau-
ter Geiſt
geweſen. Wollte man aber dieſe ſchoͤ-
ne Paſſage auf eine Perſon, die noch lebte, deu-
ten, und von der man ſagen koͤnne, daß ſie ein
Heros in ſago et toga, ein großer General
und zugleich großer Staats-Miniſter ſey: So
wuͤrde ich nicht weit im A B C buchſtabiren duͤr-
fen, um auf denjenigen hohen Namen zu kom-
men, da ſich obige Reime ſehr natuͤrlich alſo
parodiren lieſſen:

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[142/0150] Vorzug der kriechenden Poeſie alsdann nur geleſen und gelobet, die Ausfuͤhrung aber fuͤr hoͤchſt mager gehalten werden. § 16. Doch, damit ich eine Probe gebe, wie die kriechende Poeten meines gleichen es ma- chen, wenn wir eine ſchoͤne verdeckte Quelle entdecken, und daraus verſtohlen ſchoͤpfen, her- nach es fuͤr eine Ausgeburt unſers eigenen Kop- fes ausgeben: So koͤnnte man, in einem Lob- Liede auf den ehemaligen großen Feld-Herrn Eu- genium, eine gluͤckliche Parodie in zwey Zeilen machen, und dem ſinnreichen obigen Verfaſ- ſer alſo nachreimen: Von dem es in der That auch nach dem Tode heißt: Jm Felde lauter Herz, im Staats-Rath lauter Geiſt. Denn mancher Feld-Herr und Staats-Rath wuͤrde nicht wohl zurechte kommen, wenn er nicht aus denen Lebens-Beſchreibungen dieſes unvergeßlichen Helden und großen Staats-Man- nes annoch erſehen koͤnnte, wie Eugenius im Felde lauter Herz, und im Staats-Rath lau- ter Geiſt geweſen. Wollte man aber dieſe ſchoͤ- ne Paſſage auf eine Perſon, die noch lebte, deu- ten, und von der man ſagen koͤnne, daß ſie ein Heros in ſago et toga, ein großer General und zugleich großer Staats-Miniſter ſey: So wuͤrde ich nicht weit im A B C buchſtabiren duͤr- fen, um auf denjenigen hohen Namen zu kom- men, da ſich obige Reime ſehr natuͤrlich alſo parodiren lieſſen: Von

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/150>, abgerufen am 03.05.2024.