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Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

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Nur am Menschen können die Reflexgesetze erforscht wer¬
den. Hier ist eine Kontrole des Willens möglich und deshalb
auch gewiss, ob eine bestimmte Bewegung, welche auf die Er¬
regung bestimmter Empfindungsnerven folgt, gewollt ist oder
nur den Ablauf eines Reflexmechanismus darstellt. Ich liess
mich also die Mühe nicht verdriessen, eine reiche Zahl von Re¬
flex-Neurosen aus der englischen, französischen und deutschen Li¬
teratur zusammen zu suchen. Ich stellte sie zusammen, verglich
sie sorgfältig, und reichlich fand ich meine Mühe belohnt. Der
bisher formlos erschienene Reflex, welcher sein Wesen stets
hinter der willkürlichen Bewegung versteckt hatte, zeigte nun¬
mehr seine Grenzen und Gestze. Unbekümmert um seinen pa¬
thologischen Namen, ob einfacher Krampf, Convulsion, Epilepsie,
Trismus, Tetanus u. s. w., überall und unter den mannigfaltig¬
sten Modificationen offenbart er als Grundphänomen unabän¬
derlich dieselben Gesetze, dieselben Normen.

I. Das Gesetz der gleichseitigen Leitung für einseitige Reflexe.

Wenn dem Reize, welcher einen peripherischen
Empfindungsnerven trifft
, Muskelbewegungen auf
nur
einer Körperhälfte als Reflexe folgen, so befin¬
den sich dieselben ohne Ausnahme und unter allen
Umständen auf derjenigen Körperhälfte
, welcher
auch der gereizte Empfindungsnerv angehört
. Für
die Wahrheit dieses Gesetzes bürgt die grosse Zahl der sämmt¬
lichen Fälle in denen sich kein Moment findet, was den gering¬
sten Zweifel rege machen könnte. Hier sehen wir dasselbe
unter den verschiedenartigsten Modificationen unverändert auf¬
treten. Mag der Reflex diejenigen Motoren erregen, deren
Rückenmarkswurzeln mit den Wurzeln der gereizten Empfin¬
dungsnerven in gleichem Niveau liegen, er bleibt auf dersel¬
ben
Seite, wenn er überhaupt dem Reize als einseitiger Reflex
antwortet. -- Mögen aber auch die in gleichem Niveau gelege¬
nen Motoren unberührt bleiben und weit entfernte erregt wer¬

Nur am Menschen können die Reflexgesetze erforscht wer¬
den. Hier ist eine Kontrole des Willens möglich und deshalb
auch gewiss, ob eine bestimmte Bewegung, welche auf die Er¬
regung bestimmter Empfindungsnerven folgt, gewollt ist oder
nur den Ablauf eines Reflexmechanismus darstellt. Ich liess
mich also die Mühe nicht verdriessen, eine reiche Zahl von Re¬
flex-Neurosen aus der englischen, französischen und deutschen Li¬
teratur zusammen zu suchen. Ich stellte sie zusammen, verglich
sie sorgfältig, und reichlich fand ich meine Mühe belohnt. Der
bisher formlos erschienene Reflex, welcher sein Wesen stets
hinter der willkürlichen Bewegung versteckt hatte, zeigte nun¬
mehr seine Grenzen und Gestze. Unbekümmert um seinen pa¬
thologischen Namen, ob einfacher Krampf, Convulsion, Epilepsie,
Trismus, Tetanus u. s. w., überall und unter den mannigfaltig¬
sten Modificationen offenbart er als Grundphänomen unabän¬
derlich dieselben Gesetze, dieselben Normen.

I. Das Gesetz der gleichseitigen Leitung für einseitige Reflexe.

Wenn dem Reize, welcher einen peripherischen
Empfindungsnerven trifft
, Muskelbewegungen auf
nur
einer Körperhälfte als Reflexe folgen, so befin¬
den sich dieselben ohne Ausnahme und unter allen
Umständen auf derjenigen Körperhälfte
, welcher
auch der gereizte Empfindungsnerv angehört
. Für
die Wahrheit dieses Gesetzes bürgt die grosse Zahl der sämmt¬
lichen Fälle in denen sich kein Moment findet, was den gering¬
sten Zweifel rege machen könnte. Hier sehen wir dasselbe
unter den verschiedenartigsten Modificationen unverändert auf¬
treten. Mag der Reflex diejenigen Motoren erregen, deren
Rückenmarkswurzeln mit den Wurzeln der gereizten Empfin¬
dungsnerven in gleichem Niveau liegen, er bleibt auf dersel¬
ben
Seite, wenn er überhaupt dem Reize als einseitiger Reflex
antwortet. — Mögen aber auch die in gleichem Niveau gelege¬
nen Motoren unberührt bleiben und weit entfernte erregt wer¬

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[68/0090] Nur am Menschen können die Reflexgesetze erforscht wer¬ den. Hier ist eine Kontrole des Willens möglich und deshalb auch gewiss, ob eine bestimmte Bewegung, welche auf die Er¬ regung bestimmter Empfindungsnerven folgt, gewollt ist oder nur den Ablauf eines Reflexmechanismus darstellt. Ich liess mich also die Mühe nicht verdriessen, eine reiche Zahl von Re¬ flex-Neurosen aus der englischen, französischen und deutschen Li¬ teratur zusammen zu suchen. Ich stellte sie zusammen, verglich sie sorgfältig, und reichlich fand ich meine Mühe belohnt. Der bisher formlos erschienene Reflex, welcher sein Wesen stets hinter der willkürlichen Bewegung versteckt hatte, zeigte nun¬ mehr seine Grenzen und Gestze. Unbekümmert um seinen pa¬ thologischen Namen, ob einfacher Krampf, Convulsion, Epilepsie, Trismus, Tetanus u. s. w., überall und unter den mannigfaltig¬ sten Modificationen offenbart er als Grundphänomen unabän¬ derlich dieselben Gesetze, dieselben Normen. I. Das Gesetz der gleichseitigen Leitung für einseitige Reflexe. Wenn dem Reize, welcher einen peripherischen Empfindungsnerven trifft, Muskelbewegungen auf nur einer Körperhälfte als Reflexe folgen, so befin¬ den sich dieselben ohne Ausnahme und unter allen Umständen auf derjenigen Körperhälfte, welcher auch der gereizte Empfindungsnerv angehört. Für die Wahrheit dieses Gesetzes bürgt die grosse Zahl der sämmt¬ lichen Fälle in denen sich kein Moment findet, was den gering¬ sten Zweifel rege machen könnte. Hier sehen wir dasselbe unter den verschiedenartigsten Modificationen unverändert auf¬ treten. Mag der Reflex diejenigen Motoren erregen, deren Rückenmarkswurzeln mit den Wurzeln der gereizten Empfin¬ dungsnerven in gleichem Niveau liegen, er bleibt auf dersel¬ ben Seite, wenn er überhaupt dem Reize als einseitiger Reflex antwortet. — Mögen aber auch die in gleichem Niveau gelege¬ nen Motoren unberührt bleiben und weit entfernte erregt wer¬

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Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/90>, abgerufen am 22.11.2024.