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Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

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Es ist ferner bekannt, dass der abgeschnittene Schwanz
der Eidechse, selbst ein Stück desselben, fortwährende Bewe¬
gungen macht, indem er sich bald nach der einen, bald nach
der andern Seite wendet. Es geschieht Dies selbst dann, wenn
man den Schwanz an einem Ende frei hält, sodass kein äusse¬
rer Gegenstand die Haut berührt. (G. Valentin, de functio¬
nibus nervorum cerebralium et nervi sympathici libri quattuor.
Bernae et Sangalii Helvetiorum 1839. p. 97.)

Calmeil beobachtete, dass geköpfte Eidechsen sich vom
Bauche auf den Rücken und von diesem wieder auf jenen
wandten, wenn ihnen durch Feuer Schmerzen bereitet wurden.

Calmeil erzählt ferner das interessante Factum, dass eine
über eine brennende Kerze gehaltene geköpfte Kröte, nachdem
sie sich hin- und hergewandt, die sie an einem Vorderfusse
haltende Pinzette zum Stützpunkt nahm, um sich von der
Flamme zu entfernen. (Calmeil, Journal des progres des
sciences et institutions medicales. Tom. XI. 1828.)

Eine andere Beobachtung, welche Marshall Hall beschrie¬
ben und zu erklären gesucht hat, bezieht sich auf die fortwäh¬
renden Bewegungen enthaupteter Schlangen oder blosser Schlan¬
gentheile, welches Dadurch erklärt werden soll, dass durch die
Bewegung selbst immer neue Körpertheilchen und mithin sen¬
sitive Nerven gereizt würden, aus welchem Reize dann Bewe¬
gung resultire. (Marghall Hall, On the reflex-function. p. 641.)

Bei Schildkröten beobachten wir, dass dieselben sich in
ihrem Gehäuse verstecken, wenn man sie mit der Pinzette oder
dem Messer incommodirt. Schildkröten sollen selbst nach der
Decapitation noch herumgekrochen sein, wie einige Autoren
berichten. (Redi, Opuscula. P. III. p. 209.) Redi sagt (a. a.
O. p. 209), er habe den Schädel geöffnet, das Gehirn heraus¬
genommen, die Höhle gereinigt, ita ut nulla vel minima cerebri
pars superesset. Dennoch sollen sie noch längere Zeit herum¬
gekrochen sein. Nasse erinnert nicht ohne Grund an den
warmen florentinischen Himmel, unter welchem die Versuche
angestellt wurden (a. a. O. p. 265).

Es ist ferner bekannt, dass der abgeschnittene Schwanz
der Eidechse, selbst ein Stück desselben, fortwährende Bewe¬
gungen macht, indem er sich bald nach der einen, bald nach
der andern Seite wendet. Es geschieht Dies selbst dann, wenn
man den Schwanz an einem Ende frei hält, sodass kein äusse¬
rer Gegenstand die Haut berührt. (G. Valentin, de functio¬
nibus nervorum cerebralium et nervi sympathici libri quattuor.
Bernae et Sangalii Helvetiorum 1839. p. 97.)

Calmeil beobachtete, dass geköpfte Eidechsen sich vom
Bauche auf den Rücken und von diesem wieder auf jenen
wandten, wenn ihnen durch Feuer Schmerzen bereitet wurden.

Calmeil erzählt ferner das interessante Factum, dass eine
über eine brennende Kerze gehaltene geköpfte Kröte, nachdem
sie sich hin- und hergewandt, die sie an einem Vorderfusse
haltende Pinzette zum Stützpunkt nahm, um sich von der
Flamme zu entfernen. (Calmeil, Journal des progrès des
sciences et institutions médicales. Tom. XI. 1828.)

Eine andere Beobachtung, welche Marshall Hall beschrie¬
ben und zu erklären gesucht hat, bezieht sich auf die fortwäh¬
renden Bewegungen enthaupteter Schlangen oder blosser Schlan¬
gentheile, welches Dadurch erklärt werden soll, dass durch die
Bewegung selbst immer neue Körpertheilchen und mithin sen¬
sitive Nerven gereizt würden, aus welchem Reize dann Bewe¬
gung resultire. (Marghall Hall, On the reflex-function. p. 641.)

Bei Schildkröten beobachten wir, dass dieselben sich in
ihrem Gehäuse verstecken, wenn man sie mit der Pinzette oder
dem Messer incommodirt. Schildkröten sollen selbst nach der
Decapitation noch herumgekrochen sein, wie einige Autoren
berichten. (Redi, Opuscula. P. III. p. 209.) Redi sagt (a. a.
O. p. 209), er habe den Schädel geöffnet, das Gehirn heraus¬
genommen, die Höhle gereinigt, ita ut nulla vel minima cerebri
pars superesset. Dennoch sollen sie noch längere Zeit herum¬
gekrochen sein. Nasse erinnert nicht ohne Grund an den
warmen florentinischen Himmel, unter welchem die Versuche
angestellt wurden (a. a. O. p. 265).

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[23/0045] Es ist ferner bekannt, dass der abgeschnittene Schwanz der Eidechse, selbst ein Stück desselben, fortwährende Bewe¬ gungen macht, indem er sich bald nach der einen, bald nach der andern Seite wendet. Es geschieht Dies selbst dann, wenn man den Schwanz an einem Ende frei hält, sodass kein äusse¬ rer Gegenstand die Haut berührt. (G. Valentin, de functio¬ nibus nervorum cerebralium et nervi sympathici libri quattuor. Bernae et Sangalii Helvetiorum 1839. p. 97.) Calmeil beobachtete, dass geköpfte Eidechsen sich vom Bauche auf den Rücken und von diesem wieder auf jenen wandten, wenn ihnen durch Feuer Schmerzen bereitet wurden. Calmeil erzählt ferner das interessante Factum, dass eine über eine brennende Kerze gehaltene geköpfte Kröte, nachdem sie sich hin- und hergewandt, die sie an einem Vorderfusse haltende Pinzette zum Stützpunkt nahm, um sich von der Flamme zu entfernen. (Calmeil, Journal des progrès des sciences et institutions médicales. Tom. XI. 1828.) Eine andere Beobachtung, welche Marshall Hall beschrie¬ ben und zu erklären gesucht hat, bezieht sich auf die fortwäh¬ renden Bewegungen enthaupteter Schlangen oder blosser Schlan¬ gentheile, welches Dadurch erklärt werden soll, dass durch die Bewegung selbst immer neue Körpertheilchen und mithin sen¬ sitive Nerven gereizt würden, aus welchem Reize dann Bewe¬ gung resultire. (Marghall Hall, On the reflex-function. p. 641.) Bei Schildkröten beobachten wir, dass dieselben sich in ihrem Gehäuse verstecken, wenn man sie mit der Pinzette oder dem Messer incommodirt. Schildkröten sollen selbst nach der Decapitation noch herumgekrochen sein, wie einige Autoren berichten. (Redi, Opuscula. P. III. p. 209.) Redi sagt (a. a. O. p. 209), er habe den Schädel geöffnet, das Gehirn heraus¬ genommen, die Höhle gereinigt, ita ut nulla vel minima cerebri pars superesset. Dennoch sollen sie noch längere Zeit herum¬ gekrochen sein. Nasse erinnert nicht ohne Grund an den warmen florentinischen Himmel, unter welchem die Versuche angestellt wurden (a. a. O. p. 265).

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Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/45>, abgerufen am 29.03.2024.