Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

zu tragen, dass es meinen Argumenten gelingen werde, der
Wahrheit den Sieg zu erringen.

Indem ich bemüht gewesen bin, die sensorischen Functio¬
nen des Rückenmarks zu erforschen, musste eine Auseinander¬
setzung mit dem Reflexgesetze nothwendige Vorbedingung sein.
So fand ich auf dem Wege, welcher in den Untersuchungen
eingeschlagen ist, bestimmte Normen für den Act der sogenann¬
ten Reflexion und an ihm einen ersten Führer in das dunkle
Gebiet meiner Forschung. Doch muss ich hier erwähnen, dass
ich keineswegs eine Monographie der Reflexfunction schreiben
wollte und dieselbe nur in solchen Beziehungen abhandelte, in
welchen ich Neues zu geben im Stande war.

Zu gleicher Zeit war es unabweisbar, mich ebenso mit der
Argumentation derjenigen Autoren auseinanderzusetzen, welche
Beweise für die Ausschliesslichkeit des Gehirns als Organ des
Bewusstseins aufstellen wollten, und vorzugsweise einen unter
ihnen nach Gebühr zurecht zu weisen. Der englische praktische
Arzt Marshall Hall, welcher von den Deutschen über Gebühr
bekrönt worden ist, verdient für sein Werk über die Reflex¬
function vollkommen den Ausspruch: Was er Wahres bringt,
ist alt; was nicht alt, ist nicht wahr. Prochaska hat im vo¬
rigen Jahrhundert den bereits von ihm so benannten Reflex¬
prozess sehr gut, viel besser als Hall verstanden, und eine
Reihe von Erscheinungen am Thierorganismus richtig erklärt.
Derselbe Hall, welcher, laut eigener Angabe "24000 Stunden"
Reflexstudien gemacht, welcher nachher die hinteren Wurzeln

zu tragen, dass es meinen Argumenten gelingen werde, der
Wahrheit den Sieg zu erringen.

Indem ich bemüht gewesen bin, die sensorischen Functio¬
nen des Rückenmarks zu erforschen, musste eine Auseinander¬
setzung mit dem Reflexgesetze nothwendige Vorbedingung sein.
So fand ich auf dem Wege, welcher in den Untersuchungen
eingeschlagen ist, bestimmte Normen für den Act der sogenann¬
ten Reflexion und an ihm einen ersten Führer in das dunkle
Gebiet meiner Forschung. Doch muss ich hier erwähnen, dass
ich keineswegs eine Monographie der Reflexfunction schreiben
wollte und dieselbe nur in solchen Beziehungen abhandelte, in
welchen ich Neues zu geben im Stande war.

Zu gleicher Zeit war es unabweisbar, mich ebenso mit der
Argumentation derjenigen Autoren auseinanderzusetzen, welche
Beweise für die Ausschliesslichkeit des Gehirns als Organ des
Bewusstseins aufstellen wollten, und vorzugsweise einen unter
ihnen nach Gebühr zurecht zu weisen. Der englische praktische
Arzt Marshall Hall, welcher von den Deutschen über Gebühr
bekrönt worden ist, verdient für sein Werk über die Reflex¬
function vollkommen den Ausspruch: Was er Wahres bringt,
ist alt; was nicht alt, ist nicht wahr. Prochaska hat im vo¬
rigen Jahrhundert den bereits von ihm so benannten Reflex¬
prozess sehr gut, viel besser als Hall verstanden, und eine
Reihe von Erscheinungen am Thierorganismus richtig erklärt.
Derselbe Hall, welcher, laut eigener Angabe „24000 Stunden“
Reflexstudien gemacht, welcher nachher die hinteren Wurzeln

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="VIII"/>
zu tragen, dass es meinen Argumenten gelingen werde, der<lb/>
Wahrheit den Sieg zu erringen.</p><lb/>
        <p>Indem ich bemüht gewesen bin, die sensorischen Functio¬<lb/>
nen des Rückenmarks zu erforschen, musste eine Auseinander¬<lb/>
setzung mit dem Reflexgesetze nothwendige Vorbedingung sein.<lb/>
So fand ich auf dem Wege, welcher in den Untersuchungen<lb/>
eingeschlagen ist, bestimmte Normen für den Act der sogenann¬<lb/>
ten Reflexion und an ihm einen ersten Führer in das dunkle<lb/>
Gebiet meiner Forschung. Doch muss ich hier erwähnen, dass<lb/>
ich keineswegs eine Monographie der Reflexfunction schreiben<lb/>
wollte und dieselbe nur in solchen Beziehungen abhandelte, in<lb/>
welchen ich Neues zu geben im Stande war.</p><lb/>
        <p>Zu gleicher Zeit war es unabweisbar, mich ebenso mit der<lb/>
Argumentation derjenigen Autoren auseinanderzusetzen, welche<lb/>
Beweise für die Ausschliesslichkeit des Gehirns als Organ des<lb/>
Bewusstseins aufstellen wollten, und vorzugsweise einen unter<lb/>
ihnen nach Gebühr zurecht zu weisen. Der englische praktische<lb/>
Arzt Marshall <hi rendition="#g">Hall</hi>, welcher von den Deutschen über Gebühr<lb/>
bekrönt worden ist, verdient für sein Werk über die Reflex¬<lb/>
function vollkommen den Ausspruch: Was er Wahres bringt,<lb/>
ist alt; was nicht alt, ist nicht wahr. <hi rendition="#g">Prochaska</hi> hat im vo¬<lb/>
rigen Jahrhundert den bereits von ihm so benannten Reflex¬<lb/>
prozess sehr gut, viel besser als <hi rendition="#g">Hall</hi> verstanden, und eine<lb/>
Reihe von Erscheinungen am Thierorganismus richtig erklärt.<lb/>
Derselbe <hi rendition="#g">Hall</hi>, welcher, laut eigener Angabe &#x201E;24000 Stunden&#x201C;<lb/>
Reflexstudien gemacht, welcher nachher die hinteren Wurzeln<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[VIII/0016] zu tragen, dass es meinen Argumenten gelingen werde, der Wahrheit den Sieg zu erringen. Indem ich bemüht gewesen bin, die sensorischen Functio¬ nen des Rückenmarks zu erforschen, musste eine Auseinander¬ setzung mit dem Reflexgesetze nothwendige Vorbedingung sein. So fand ich auf dem Wege, welcher in den Untersuchungen eingeschlagen ist, bestimmte Normen für den Act der sogenann¬ ten Reflexion und an ihm einen ersten Führer in das dunkle Gebiet meiner Forschung. Doch muss ich hier erwähnen, dass ich keineswegs eine Monographie der Reflexfunction schreiben wollte und dieselbe nur in solchen Beziehungen abhandelte, in welchen ich Neues zu geben im Stande war. Zu gleicher Zeit war es unabweisbar, mich ebenso mit der Argumentation derjenigen Autoren auseinanderzusetzen, welche Beweise für die Ausschliesslichkeit des Gehirns als Organ des Bewusstseins aufstellen wollten, und vorzugsweise einen unter ihnen nach Gebühr zurecht zu weisen. Der englische praktische Arzt Marshall Hall, welcher von den Deutschen über Gebühr bekrönt worden ist, verdient für sein Werk über die Reflex¬ function vollkommen den Ausspruch: Was er Wahres bringt, ist alt; was nicht alt, ist nicht wahr. Prochaska hat im vo¬ rigen Jahrhundert den bereits von ihm so benannten Reflex¬ prozess sehr gut, viel besser als Hall verstanden, und eine Reihe von Erscheinungen am Thierorganismus richtig erklärt. Derselbe Hall, welcher, laut eigener Angabe „24000 Stunden“ Reflexstudien gemacht, welcher nachher die hinteren Wurzeln

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/16
Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/16>, abgerufen am 18.04.2024.