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Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

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zelnheiten einrichten kann. Gruppenweise zusammengeordnet
finden wir combinirte Bewegungen, die zur Abwehr von Schäd¬
lichkeiten dienen sollen, und bei denen eben deswegen die
Tendenz zur Bewegung, durch den Reiz veranlasst, so heftig
auftritt, dass in den meisten Fällen die Seele sie nicht einmal
durch eine willkürliche Gegenbewegung hemmen kann, z. B.
Husten, Niesen. Wie wenig die Seele an der zweckmässigen
Einrichtung Antheil hat, sieht man Daraus, dass sie dieselbe
oft nicht begreift, nachdem sie da ist, noch viel weniger aber
sie erfinden würde. Man frage Jemand, wie er es anfangen
werde, um einen fremden Körper aus der Luftröhre zu entfer¬
nen? Er wird wahrscheinlich eher auf Tracheotomie rathen,
als auf Husten. Daraus und aus der Unwillkürlichkeit des Ein¬
tretens können wir schliessen, dass auch diese Bewegungen
völlig vorgearbeitete Effecte mechanischer Bedingungen sind,
mit denen die Natur, misstrauisch gegen den Erfindungsgeist
der Seele, den Körper ausstattete. Wie schlecht würde es in
der That um unsere Gesundheit stehen, sollte die Ueberlegung
sie vertheidigen und nicht der Mechanismus"! (Siehe Lotze
in Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. Artikel: Instinkt.
p. 195 und 196.)

Derartige seichte "Argumentationen" verwirren nur, fördern
aber nicht die Erkenntniss. Weil das Husten ein unwillkürlicher,
zweckmässiger Mechanismus ist, soll auch die Bewegung Ent¬
haupteter unwillkürlich sein, weil sie zweckmässig ist. Das
hiesse: Weil eine Zweckmässigkeit von dem Willen unabhängig
war, ist alle Zweckmässigkeit von diesem unabhängig. Sodann
ist es höchst sonderbar, warum man den Mechanismus in den
motorischen Apparaten sucht und nicht ebenso in dem Bewusst¬
sein. Wie aber alles Leben in der Natur, als Ausfluss bestimm¬
ter Ursachen, bestimmte Gestaltung fordert, -- diese Pflanze
solche Blätter und Blüthen, jene andere treibt, so liegt es in
dem Leben des Bewusstseins begründet, dass auch es in be¬
stimmter Weise sich offenbart und Gestalt und Form annimmt,
weil das Gesetz es so bedingt.

zelnheiten einrichten kann. Gruppenweise zusammengeordnet
finden wir combinirte Bewegungen, die zur Abwehr von Schäd¬
lichkeiten dienen sollen, und bei denen eben deswegen die
Tendenz zur Bewegung, durch den Reiz veranlasst, so heftig
auftritt, dass in den meisten Fällen die Seele sie nicht einmal
durch eine willkürliche Gegenbewegung hemmen kann, z. B.
Husten, Niesen. Wie wenig die Seele an der zweckmässigen
Einrichtung Antheil hat, sieht man Daraus, dass sie dieselbe
oft nicht begreift, nachdem sie da ist, noch viel weniger aber
sie erfinden würde. Man frage Jemand, wie er es anfangen
werde, um einen fremden Körper aus der Luftröhre zu entfer¬
nen? Er wird wahrscheinlich eher auf Tracheotomie rathen,
als auf Husten. Daraus und aus der Unwillkürlichkeit des Ein¬
tretens können wir schliessen, dass auch diese Bewegungen
völlig vorgearbeitete Effecte mechanischer Bedingungen sind,
mit denen die Natur, misstrauisch gegen den Erfindungsgeist
der Seele, den Körper ausstattete. Wie schlecht würde es in
der That um unsere Gesundheit stehen, sollte die Ueberlegung
sie vertheidigen und nicht der Mechanismus“! (Siehe Lotze
in Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. Artikel: Instinkt.
p. 195 und 196.)

Derartige seichte „Argumentationen“ verwirren nur, fördern
aber nicht die Erkenntniss. Weil das Husten ein unwillkürlicher,
zweckmässiger Mechanismus ist, soll auch die Bewegung Ent¬
haupteter unwillkürlich sein, weil sie zweckmässig ist. Das
hiesse: Weil eine Zweckmässigkeit von dem Willen unabhängig
war, ist alle Zweckmässigkeit von diesem unabhängig. Sodann
ist es höchst sonderbar, warum man den Mechanismus in den
motorischen Apparaten sucht und nicht ebenso in dem Bewusst¬
sein. Wie aber alles Leben in der Natur, als Ausfluss bestimm¬
ter Ursachen, bestimmte Gestaltung fordert, — diese Pflanze
solche Blätter und Blüthen, jene andere treibt, so liegt es in
dem Leben des Bewusstseins begründet, dass auch es in be¬
stimmter Weise sich offenbart und Gestalt und Form annimmt,
weil das Gesetz es so bedingt.

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[121/0143] zelnheiten einrichten kann. Gruppenweise zusammengeordnet finden wir combinirte Bewegungen, die zur Abwehr von Schäd¬ lichkeiten dienen sollen, und bei denen eben deswegen die Tendenz zur Bewegung, durch den Reiz veranlasst, so heftig auftritt, dass in den meisten Fällen die Seele sie nicht einmal durch eine willkürliche Gegenbewegung hemmen kann, z. B. Husten, Niesen. Wie wenig die Seele an der zweckmässigen Einrichtung Antheil hat, sieht man Daraus, dass sie dieselbe oft nicht begreift, nachdem sie da ist, noch viel weniger aber sie erfinden würde. Man frage Jemand, wie er es anfangen werde, um einen fremden Körper aus der Luftröhre zu entfer¬ nen? Er wird wahrscheinlich eher auf Tracheotomie rathen, als auf Husten. Daraus und aus der Unwillkürlichkeit des Ein¬ tretens können wir schliessen, dass auch diese Bewegungen völlig vorgearbeitete Effecte mechanischer Bedingungen sind, mit denen die Natur, misstrauisch gegen den Erfindungsgeist der Seele, den Körper ausstattete. Wie schlecht würde es in der That um unsere Gesundheit stehen, sollte die Ueberlegung sie vertheidigen und nicht der Mechanismus“! (Siehe Lotze in Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. Artikel: Instinkt. p. 195 und 196.) Derartige seichte „Argumentationen“ verwirren nur, fördern aber nicht die Erkenntniss. Weil das Husten ein unwillkürlicher, zweckmässiger Mechanismus ist, soll auch die Bewegung Ent¬ haupteter unwillkürlich sein, weil sie zweckmässig ist. Das hiesse: Weil eine Zweckmässigkeit von dem Willen unabhängig war, ist alle Zweckmässigkeit von diesem unabhängig. Sodann ist es höchst sonderbar, warum man den Mechanismus in den motorischen Apparaten sucht und nicht ebenso in dem Bewusst¬ sein. Wie aber alles Leben in der Natur, als Ausfluss bestimm¬ ter Ursachen, bestimmte Gestaltung fordert, — diese Pflanze solche Blätter und Blüthen, jene andere treibt, so liegt es in dem Leben des Bewusstseins begründet, dass auch es in be¬ stimmter Weise sich offenbart und Gestalt und Form annimmt, weil das Gesetz es so bedingt.

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Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/143>, abgerufen am 24.11.2024.