Pfleiderer, Edmund: Kosmopolitismus und Patriotismus. Berlin, 1874.nicht Anerkannte zu werfen und große Männer als Wohlthäter In diesem weiteren Sinn oder bei solcher Geduld, die nicht Selbst für die vielfach wünschenswerthe Wirksamkeit über nicht Anerkannte zu werfen und große Männer als Wohlthäter In dieſem weiteren Sinn oder bei ſolcher Geduld, die nicht Selbſt für die vielfach wünſchenswerthe Wirkſamkeit über <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0038" n="28"/> nicht Anerkannte zu werfen und große Männer als Wohlthäter<lb/> und Zierden ihrer Nation erſcheinen zu laſſen, nachdem ſie durch<lb/> ein kurzes Fegfeuer der Geſchichte hindurchgegangen ſind.</p><lb/> <p>In dieſem weiteren Sinn oder bei ſolcher Geduld, die nicht<lb/> vorzeitig Früchte ſucht, bleibt es doch vom <hi rendition="#g">Wirken unter dem<lb/> eigenen Volke</hi> wahr, daß Gleiches ſtets von weſentlich Gleich¬<lb/> genaturtem am beſten erkannt und ſympathiſch-kongenial gewürdigt<lb/> wird. Ein glänzendes Beiſpiel bietet hiefür Deutſchlands be¬<lb/> gabteſter Kopf, der univerſell gebildete Philoſoph <hi rendition="#g">Leibniz</hi>. In<lb/> trübſter Zeit folgte er trotz glänzender Anerbietungen nicht dem<lb/> Vorgang aller damals bedeutenderen deutſchen Gelehrten, ſich im<lb/> Ausland die Stätte ſeiner Wirkſamkeit zu wählen. Allſeitig wie<lb/> nur je Einer, ſelbſt ein »<hi rendition="#aq">miroir de l'univers</hi>« wie ſeine Monade,<lb/> blieb er doch dem heimiſchen Boden treu, den gerade in ſchlimm¬<lb/> ſter Zeit zu verlaſſen er für „Deſertion und feige Fahnenflucht“<lb/> gehalten hätte, wie er ſie keiner Potenz im wohlgeordneten All<lb/> zugeſtand. Und dieſe Treue, ſo ausſichtslos ſie ſchien, war nicht<lb/> verſchwendet, keine verlorene Mühe, „denn ihre Werke folgen<lb/> ihnen nach“. Sein Volk hat ihn verſtanden und durch die That<lb/> gewürdigt. Jenes der Monade geſtellte Geſetz raſtloſer Aufklärung<lb/> und nie ruhender geiſtiger Strebſamkeit zog immer weitere Kreiſe.<lb/> Der Vater der deutſchen Aufklärung, des geiſtvollen deutſchen acht¬<lb/> zehnten Jahrhunderts darf ſeine unverdroſſene, patriotiſch-treue<lb/> Ausſaat nicht bereuen, ſo dornig und ſteinigt das Ackerfeld auch<lb/> zunächſt ſcheinen mochte!</p><lb/> <p>Selbſt für die vielfach wünſchenswerthe <hi rendition="#g">Wirkſamkeit über<lb/> die Grenze des eigenen Volks hinaus</hi> iſt ein feſter, karakter¬<lb/> voll ſelbſtbewußter Standort eben in deſſen Lebensboden das ge¬<lb/> radezu Erforderliche. Nicht dadurch imponirt man Anderen und<lb/> veranlaßt ſie zu beachtender Aufmerkſamkeit; daß man ſich ihnen<lb/> als Bedientenſeele an den Hals wegwirft und um den Preis<lb/></p> </body> </text> </TEI> [28/0038]
nicht Anerkannte zu werfen und große Männer als Wohlthäter
und Zierden ihrer Nation erſcheinen zu laſſen, nachdem ſie durch
ein kurzes Fegfeuer der Geſchichte hindurchgegangen ſind.
In dieſem weiteren Sinn oder bei ſolcher Geduld, die nicht
vorzeitig Früchte ſucht, bleibt es doch vom Wirken unter dem
eigenen Volke wahr, daß Gleiches ſtets von weſentlich Gleich¬
genaturtem am beſten erkannt und ſympathiſch-kongenial gewürdigt
wird. Ein glänzendes Beiſpiel bietet hiefür Deutſchlands be¬
gabteſter Kopf, der univerſell gebildete Philoſoph Leibniz. In
trübſter Zeit folgte er trotz glänzender Anerbietungen nicht dem
Vorgang aller damals bedeutenderen deutſchen Gelehrten, ſich im
Ausland die Stätte ſeiner Wirkſamkeit zu wählen. Allſeitig wie
nur je Einer, ſelbſt ein »miroir de l'univers« wie ſeine Monade,
blieb er doch dem heimiſchen Boden treu, den gerade in ſchlimm¬
ſter Zeit zu verlaſſen er für „Deſertion und feige Fahnenflucht“
gehalten hätte, wie er ſie keiner Potenz im wohlgeordneten All
zugeſtand. Und dieſe Treue, ſo ausſichtslos ſie ſchien, war nicht
verſchwendet, keine verlorene Mühe, „denn ihre Werke folgen
ihnen nach“. Sein Volk hat ihn verſtanden und durch die That
gewürdigt. Jenes der Monade geſtellte Geſetz raſtloſer Aufklärung
und nie ruhender geiſtiger Strebſamkeit zog immer weitere Kreiſe.
Der Vater der deutſchen Aufklärung, des geiſtvollen deutſchen acht¬
zehnten Jahrhunderts darf ſeine unverdroſſene, patriotiſch-treue
Ausſaat nicht bereuen, ſo dornig und ſteinigt das Ackerfeld auch
zunächſt ſcheinen mochte!
Selbſt für die vielfach wünſchenswerthe Wirkſamkeit über
die Grenze des eigenen Volks hinaus iſt ein feſter, karakter¬
voll ſelbſtbewußter Standort eben in deſſen Lebensboden das ge¬
radezu Erforderliche. Nicht dadurch imponirt man Anderen und
veranlaßt ſie zu beachtender Aufmerkſamkeit; daß man ſich ihnen
als Bedientenſeele an den Hals wegwirft und um den Preis
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |