Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.und -- was allem die Krone aufsetzte -- ich sagte, den Plan gehabt zu haben, von hier über den Kaukasus nach Moskau und Petersburg zu gehen; diesen kurze Reise im russischem Gebiete habe mich aber davon vollkommen abgebracht, und ich wolle nun den kürzesten Weg nehmen, um sobald als möglich über die Gränze zu kommen. Hätte ich als Mann so gesprochen, wäre mir vielleicht ein zeitweiliger Aufenthalt in Sibirien angewiesen worden. Herr v. Lille empfing mich doch wenigstens jedesmal mit Höflichkeit, wenn ich in Angelegenheiten meines Passes kam; der Gouverneur aber hatte nicht einmal die Rücksicht für mich, sich Zeit zu nehmen, meinen Paß zu unterschreiben; erst bestellte er mich von einem Tage zum andern, dann beliebte es dem hohen Herrn, zwei Tage auf dem Lande zuzubringen. Als er zurückkam, war gerade Sonntag an dem so große Arbeit unmöglich vorgenommen werden konnte, und so bekam ich meinen Paß erst am sechsten Tage. So erging es mir, die ich mit Briefen an die hohen Häupter versehen war -- - wie mag es erst armen Leuten ergehen! -- Ich hörte auch, daß man diese oft zwei bis drei Wochen herumzöge. Der Statthalter, Fürst Woronzow, war leider gerade nicht in Tiflis. Ich bedauerte seine Abwesenheit um so mehr, als ich ihn allgemein als einen sehr gebildeten, gerechten und äußerst menschenfreundlichen Mann schildern hörte. Weit angenehmer als diese Gänge zum russischen Gouverneur war mir der Besuch bei dem persischen Prinzen und — was allem die Krone aufsetzte — ich sagte, den Plan gehabt zu haben, von hier über den Kaukasus nach Moskau und Petersburg zu gehen; diesen kurze Reise im russischem Gebiete habe mich aber davon vollkommen abgebracht, und ich wolle nun den kürzesten Weg nehmen, um sobald als möglich über die Gränze zu kommen. Hätte ich als Mann so gesprochen, wäre mir vielleicht ein zeitweiliger Aufenthalt in Sibirien angewiesen worden. Herr v. Lille empfing mich doch wenigstens jedesmal mit Höflichkeit, wenn ich in Angelegenheiten meines Passes kam; der Gouverneur aber hatte nicht einmal die Rücksicht für mich, sich Zeit zu nehmen, meinen Paß zu unterschreiben; erst bestellte er mich von einem Tage zum andern, dann beliebte es dem hohen Herrn, zwei Tage auf dem Lande zuzubringen. Als er zurückkam, war gerade Sonntag an dem so große Arbeit unmöglich vorgenommen werden konnte, und so bekam ich meinen Paß erst am sechsten Tage. So erging es mir, die ich mit Briefen an die hohen Häupter versehen war — - wie mag es erst armen Leuten ergehen! — Ich hörte auch, daß man diese oft zwei bis drei Wochen herumzöge. Der Statthalter, Fürst Woronzow, war leider gerade nicht in Tiflis. Ich bedauerte seine Abwesenheit um so mehr, als ich ihn allgemein als einen sehr gebildeten, gerechten und äußerst menschenfreundlichen Mann schildern hörte. Weit angenehmer als diese Gänge zum russischen Gouverneur war mir der Besuch bei dem persischen Prinzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0273" n="265"/> und — was allem die Krone aufsetzte — ich sagte, den Plan gehabt zu haben, von hier über den Kaukasus nach Moskau und Petersburg zu gehen; diesen kurze Reise im russischem Gebiete habe mich aber davon vollkommen abgebracht, und ich wolle nun den kürzesten Weg nehmen, um sobald als möglich über die Gränze zu kommen.</p> <p>Hätte ich als Mann so gesprochen, wäre mir vielleicht ein zeitweiliger Aufenthalt in Sibirien angewiesen worden.</p> <p>Herr v. Lille empfing mich doch wenigstens jedesmal mit Höflichkeit, wenn ich in Angelegenheiten meines Passes kam; der Gouverneur aber hatte nicht einmal die Rücksicht für mich, sich Zeit zu nehmen, meinen Paß zu unterschreiben; erst bestellte er mich von einem Tage zum andern, dann beliebte es dem hohen Herrn, zwei Tage auf dem Lande zuzubringen. Als er zurückkam, war gerade Sonntag an dem so große Arbeit unmöglich vorgenommen werden konnte, und so bekam ich meinen Paß erst am sechsten Tage.</p> <p>So erging es mir, die ich mit Briefen an die hohen Häupter versehen war — - wie mag es erst armen Leuten ergehen! — Ich hörte auch, daß man diese oft zwei bis drei Wochen herumzöge.</p> <p>Der Statthalter, Fürst Woronzow, war leider gerade nicht in <hi rendition="#aq">Tiflis</hi>. Ich bedauerte seine Abwesenheit um so mehr, als ich ihn allgemein als einen sehr gebildeten, gerechten und äußerst menschenfreundlichen Mann schildern hörte.</p> <p>Weit angenehmer als diese Gänge zum russischen Gouverneur war mir der Besuch bei dem persischen Prinzen </p> </div> </body> </text> </TEI> [265/0273]
und — was allem die Krone aufsetzte — ich sagte, den Plan gehabt zu haben, von hier über den Kaukasus nach Moskau und Petersburg zu gehen; diesen kurze Reise im russischem Gebiete habe mich aber davon vollkommen abgebracht, und ich wolle nun den kürzesten Weg nehmen, um sobald als möglich über die Gränze zu kommen.
Hätte ich als Mann so gesprochen, wäre mir vielleicht ein zeitweiliger Aufenthalt in Sibirien angewiesen worden.
Herr v. Lille empfing mich doch wenigstens jedesmal mit Höflichkeit, wenn ich in Angelegenheiten meines Passes kam; der Gouverneur aber hatte nicht einmal die Rücksicht für mich, sich Zeit zu nehmen, meinen Paß zu unterschreiben; erst bestellte er mich von einem Tage zum andern, dann beliebte es dem hohen Herrn, zwei Tage auf dem Lande zuzubringen. Als er zurückkam, war gerade Sonntag an dem so große Arbeit unmöglich vorgenommen werden konnte, und so bekam ich meinen Paß erst am sechsten Tage.
So erging es mir, die ich mit Briefen an die hohen Häupter versehen war — - wie mag es erst armen Leuten ergehen! — Ich hörte auch, daß man diese oft zwei bis drei Wochen herumzöge.
Der Statthalter, Fürst Woronzow, war leider gerade nicht in Tiflis. Ich bedauerte seine Abwesenheit um so mehr, als ich ihn allgemein als einen sehr gebildeten, gerechten und äußerst menschenfreundlichen Mann schildern hörte.
Weit angenehmer als diese Gänge zum russischen Gouverneur war mir der Besuch bei dem persischen Prinzen
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/273>, abgerufen am 16.07.2024. |