Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Religionsmeinung, die jedes Haus für verunreinigt hält, welches von einem Andersgläubigen besucht wird. Diese Meinung erstreckt sich auch auf viele andere Gegenstände. Mir blieb nichts anderes übrig, als diese Nacht in einer offenen Varanda zuzubringen. In demselben Städtchen sah ich eine Scene, die die Gutmüthigkeit des Volkes beweist. Ein Esel, von der Natur oder durch einen Zufall höchst verkrüppelt, schleppte sich mit großer Anstrengung über die Straße, wozu er mehrere Minuten brauchte. Einige Leute, die mit ihren Lastthieren daher kamen, hielten an und warteten mit hingebender Geduld, ohne einen Laut des Unwillens auszustoßen, ohne eine Hand aufzuheben um das Thier zur größeren Eile anzuspornen. Manche der Einwohner kamen aus ihren Häuserchen und warfen ihm Futter zu und jeder Vorübergehende wich ihm sorgfältig aus. -- Mich rührte dieses Zartgefühl ungemein. In einigen der größeren Städte Indiens gibt es sogar Spitäler für alte oder verkrüppelte Thiere, in welchen sie bis an ihr Lebensende verpflegt werden. Ich sah zwei derlei Anstalten und fand wirklich Thiere darinnen, für welche es aber eine größere Wohlthat gewesen wäre, sie durch den Tod von ihren Leiden und Gebrechen zu befreien; der Hindus tödtet jedoch kein Thier. 11. Februar. Heute, am dreizehnten Tage meiner Reise, kam ich in Kottah an. Ich war mit meinem Diener und Fuhrmann, wie überhaupt mit der ganzen Reise sehr zufrieden! Die Eigenthümer der Serai's hatten von mir nicht mehr gefordert als von den Eingebornen, und mir alle Gefälligkeiten Religionsmeinung, die jedes Haus für verunreinigt hält, welches von einem Andersgläubigen besucht wird. Diese Meinung erstreckt sich auch auf viele andere Gegenstände. Mir blieb nichts anderes übrig, als diese Nacht in einer offenen Varanda zuzubringen. In demselben Städtchen sah ich eine Scene, die die Gutmüthigkeit des Volkes beweist. Ein Esel, von der Natur oder durch einen Zufall höchst verkrüppelt, schleppte sich mit großer Anstrengung über die Straße, wozu er mehrere Minuten brauchte. Einige Leute, die mit ihren Lastthieren daher kamen, hielten an und warteten mit hingebender Geduld, ohne einen Laut des Unwillens auszustoßen, ohne eine Hand aufzuheben um das Thier zur größeren Eile anzuspornen. Manche der Einwohner kamen aus ihren Häuserchen und warfen ihm Futter zu und jeder Vorübergehende wich ihm sorgfältig aus. — Mich rührte dieses Zartgefühl ungemein. In einigen der größeren Städte Indiens gibt es sogar Spitäler für alte oder verkrüppelte Thiere, in welchen sie bis an ihr Lebensende verpflegt werden. Ich sah zwei derlei Anstalten und fand wirklich Thiere darinnen, für welche es aber eine größere Wohlthat gewesen wäre, sie durch den Tod von ihren Leiden und Gebrechen zu befreien; der Hindus tödtet jedoch kein Thier. 11. Februar. Heute, am dreizehnten Tage meiner Reise, kam ich in Kottah an. Ich war mit meinem Diener und Fuhrmann, wie überhaupt mit der ganzen Reise sehr zufrieden! Die Eigenthümer der Serai’s hatten von mir nicht mehr gefordert als von den Eingebornen, und mir alle Gefälligkeiten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0026" n="18"/> Religionsmeinung, die jedes Haus für verunreinigt hält, welches von einem Andersgläubigen besucht wird. Diese Meinung erstreckt sich auch auf viele andere Gegenstände.</p> <p>Mir blieb nichts anderes übrig, als diese Nacht in einer offenen Varanda zuzubringen.</p> <p>In demselben Städtchen sah ich eine Scene, die die Gutmüthigkeit des Volkes beweist. Ein Esel, von der Natur oder durch einen Zufall höchst verkrüppelt, schleppte sich mit großer Anstrengung über die Straße, wozu er mehrere Minuten brauchte. Einige Leute, die mit ihren Lastthieren daher kamen, hielten an und warteten mit hingebender Geduld, ohne einen Laut des Unwillens auszustoßen, ohne eine Hand aufzuheben um das Thier zur größeren Eile anzuspornen. Manche der Einwohner kamen aus ihren Häuserchen und warfen ihm Futter zu und jeder Vorübergehende wich ihm sorgfältig aus. — Mich rührte dieses Zartgefühl ungemein.</p> <p>In einigen der größeren Städte Indiens gibt es sogar Spitäler für alte oder verkrüppelte Thiere, in welchen sie bis an ihr Lebensende verpflegt werden. Ich sah zwei derlei Anstalten und fand wirklich Thiere darinnen, für welche es aber eine größere Wohlthat gewesen wäre, sie durch den Tod von ihren Leiden und Gebrechen zu befreien; der Hindus tödtet jedoch kein Thier.</p> <p>11. Februar. Heute, am dreizehnten Tage meiner Reise, kam ich in <hi rendition="#aq">Kottah</hi> an.</p> <p>Ich war mit meinem Diener und Fuhrmann, wie überhaupt mit der ganzen Reise sehr zufrieden! Die Eigenthümer der Serai’s hatten von mir nicht mehr gefordert als von den Eingebornen, und mir alle Gefälligkeiten </p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0026]
Religionsmeinung, die jedes Haus für verunreinigt hält, welches von einem Andersgläubigen besucht wird. Diese Meinung erstreckt sich auch auf viele andere Gegenstände.
Mir blieb nichts anderes übrig, als diese Nacht in einer offenen Varanda zuzubringen.
In demselben Städtchen sah ich eine Scene, die die Gutmüthigkeit des Volkes beweist. Ein Esel, von der Natur oder durch einen Zufall höchst verkrüppelt, schleppte sich mit großer Anstrengung über die Straße, wozu er mehrere Minuten brauchte. Einige Leute, die mit ihren Lastthieren daher kamen, hielten an und warteten mit hingebender Geduld, ohne einen Laut des Unwillens auszustoßen, ohne eine Hand aufzuheben um das Thier zur größeren Eile anzuspornen. Manche der Einwohner kamen aus ihren Häuserchen und warfen ihm Futter zu und jeder Vorübergehende wich ihm sorgfältig aus. — Mich rührte dieses Zartgefühl ungemein.
In einigen der größeren Städte Indiens gibt es sogar Spitäler für alte oder verkrüppelte Thiere, in welchen sie bis an ihr Lebensende verpflegt werden. Ich sah zwei derlei Anstalten und fand wirklich Thiere darinnen, für welche es aber eine größere Wohlthat gewesen wäre, sie durch den Tod von ihren Leiden und Gebrechen zu befreien; der Hindus tödtet jedoch kein Thier.
11. Februar. Heute, am dreizehnten Tage meiner Reise, kam ich in Kottah an.
Ich war mit meinem Diener und Fuhrmann, wie überhaupt mit der ganzen Reise sehr zufrieden! Die Eigenthümer der Serai’s hatten von mir nicht mehr gefordert als von den Eingebornen, und mir alle Gefälligkeiten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |